Porsche Tennis Grand Prix 2017, Stuttgart |
zurück zur Hauptseite Last updated: 30.01.2023 |
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27. April 2017 |
In den letzten vier Jahren hatte ich das Turnier jeweils am Freitag oder Samstag
besucht. In diesem Jahr entschied ich mich für den Donnerstag. Das Programm
fokussiert sich damit nicht komplett auf die hochkarätigen Spiele, sondern es bleibt
ein wenig mehr Zeit um links und rechts zu schauen. Die grossen Duelle der
bestklassierten Spielerinnen bleiben dafür aus. Die zweite Runde ist eher noch
die Phase der Turnierüberraschungen und wo ich mich als Zuschauer etwas mehr
"ausleben" kann.
Der Cut der 21 direkt ins Hauptfeld aufgenommen Spielerinnen lag mit Rang 36 im
guten Mittel der letzten Austragungen. Ausser der Weltranglistenersten Serena
Williams (schwanger, ohnehin nie in Stuttgart) und der zehntplatzierten Keys
(kein Fokus auf einer frühzeitigen Anreise nach Europa) waren alle Top
10-Spielerinnen gemeldet. Cibulkova zog kurzfristig mit einer Handverletzung
zurück. Ein grosses Thema war die Rückkehr Sharapovas nach ihrer Dopingsperre
dank einer Wild Card des Veranstalters. In den letzten sieben Jahren hat
entweder eine Deutsche (Görges, Kerber 2x, Siegemund) oder Sharapova (3x) das
Turnier gewonnen.
Auch 2017 gewann Stuttgart den WTA Award als bestes Turnier der
Premier-Kategorie. Von 2005 bis 2013 hiess der Sieger entweder Stuttgart (5x)
oder Indian Wells (4x). Seit 2014 gibt es neue Kategorien und so gewann Indian
Wells die letzten vier Jahre durchwegs den WTA Award für das beste "Premier
Mandatory"-Turnier und Stuttgart die letzten vier Jahre durchwegs den WTA Award
für das beste "Premier"-Turnier.
Laura Siegemund
(WTA
49) -
Svetlana Kuznetsova (WTA
9) 6:4
6:3
Das Märchen von Stuttgart führte Siegemund im letzten Jahr
als 28-jährige Qualifikantin ins Endspiel und zum Durchbruch auf der WTA Tour.
In diesem Jahr vollendete die 29-jährige mit einer Wild Card die
Erfolgsgeschichte bei ihrem Heimturnier und holte sich den Porsche! In fünf
Matches kämpfte sie während 11 Stunden und 12 Minuten und ihr Energietank war
nicht leer zu kriegen.
Zwischen Peking im September 2016 und Biel im April 2017 hatte in zehn Turnieren auf Hartplatz gerade mal ein Matchgewinn
resultiert. Doch zurück auf
ihrer Lieblingsunterlage Sand sind ihre Stoppbälle und ihr variables Spiel
wieder effizienter einsetzbar. In Charleston stiess sie auf der grünen Asche mit
vier Siegen bereits ins Halbfinale vor. In Stuttgart nun der zweite
Turniererfolg nach Bastad im letzten Jahr. Es ist der grösste Turniererfolg den die
Stuttgarterin persönlich erreichen kann ausser an einem Grand Slam-Turnier zu
gewinnen. In ihrer Karriere hat sie bislang
acht Top 10-Spielerinnen bezwingen können. 6 davon im letzten und in diesem Jahr
in Stuttgart! Ein Grand Slam-Turnier hat sie übrigens auch bereits gewonnen: Im
Mixed Doppel an den US Open 2016. Mit ihren Partner
Mate Pavic
hatte sie damals übrigens nur durch grossen Zufall und in letzter Minute
zusammengefunden. Die beiden hatten sich zuvor gar nicht gekannt.
Da die Turniere in diesem Jahr alle eine Kalenderwoche später stattfinden, waren
im Ranking von Siegemund die Punkte vom Endspiel des Vorjahres bereits
herausgefallen. Deshalb hatte sie zwölf Plätze verloren. Mit dem Turniersieg klettert sie
nun aber wieder um neunzehn Ränge auf Position 30.
Gegen Kuznetsova fand ich einige Anfeuerungsrufe von Siegemund unangebracht.
Nämlich dann wenn sich ihre Gegnerin einen ordentlichen Fehler geleistet hat und
die Deutsche ein lautstarkes "come on" von sich gab. In diesem Match ist mir
auch aufgefallen, dass beide Spielerinnen nach der bisherigen Saison in den
Destinationen Australien und Nordamerika richtig schön braungebrannt in die
Halle nach Baden-Württemberg kamen.
Kristina
Mladenovic
(WTA
19) -
Angelique Kerber (WTA
2) 6:2
7:5
Das Selbstvertrauen ist weg bei der Weltranglistenzweiten. Mit dem
Finalspiel an den WTA Finals hatte sie das letzte Jahr noch toll beendet. Ein
Jahr in dem sie ihre ersten beiden Grand Slam-Titel in Melbourne und New York
feiern konnte, Olympiasilber
gewann und im Finale von Wimbledon stand. Doch in diesem Jahr ist ihr bester
Matchgewinn derjenige gegen die Nummer 25 der Welt Suarez Navarro. Gegen eine
Top 10-Spielerin konnte sie in diesem Jahr nicht einmal antreten. Ihre Bilanz
gegen Spielerinnen auf den Rängen 11-40 steht in diesem Jahr nach der Niederlage
gegen Mladenovic bei miserablen zwei Siegen gegenüber zehn Niederlagen. Einziger
Hoffnungsschimmer: Gegen eine Spielerin ausserhalb der Top 40 hat sie in diesem
Jahr nie verloren.
Mladenovic bearbeitete Kerber auf deren ungeliebten
Rückhand. Beim
Zwischenstand von 6:2 3:0 sah es ganz düster aus für die 29-jährige Deutsche mit
polnischen Wurzeln, die auch in Polen wohnhaft ist. Mit der Unterstützung des Publikums und der bevorstehenden
Niederlage vor Augen konnte sie sich steigern. Allerdings nicht auf das Niveau,
das sie sich vorstellt. Sie blieb zu fehlerhaft.
Mladenovic hat sich mittlerweile in die Top 20 gespielt. Ich hatte sie vor
dreieinhalb Jahren in die Top 10
in fünf Jahren getippt, die Erfolgsaussichten dieser Einschätzung
mittlerweile aber ad acta gelegt. Doch die Französin hat nun eine gewisse
Beständigkeit in ihrem riskanten Spiel gefunden und mental war sie schon immer
eine für die grossen Gelegenheiten. Ihr Vater Dragan war übrigens Mitglied der
jugoslawischen Handball-Nationalmannschaft, welche 1984 in Los Angeles
Olympiagold gewann. Ihre Mutter Dzenita spielte Volleyball in der jugoslawischen
Nationalmannschaft. Sie übernahm in dieser Woche das Coaching, wenn ihre Tochter
bei einem Seitenwechsel danach verlangte.
Maria Sharapova (WTA
-) -
Ekaterina
Makarova
(WTA
43) 7:5 6:1
Ich bin von meiner Überzeugung her dagegen, dass Sharapova nach Ablauf ihrer
Dopingsperre wegen dem Herz-/Kreislaufmittel Meldonium eine Wild Card zu
Turnieren erhält. Ich verstehe aber die Turnierdirektoren, wenn sie dies tun.
Mit Porsche agiert in Stuttgart sogar einer von Sharapovas persönlichen Sponsoren
als Hauptsponsor. Da sie auch während der Sperre den Vertrag aufrecht
hielten, ist die Einladung mit einer Wild Card schon fast selbstverständlich.
Weil Sharapova keine WTA Ranglistenpunkte mehr besitzt, hätte sie nicht einmal in der
Qualifikation antreten können ohne Wild Card. Sie müsste wohl bei 15'000$ oder
maximal 25'000$ ITF-Turnieren beginnen. Und die 15-monatige Sperre ist ja
schliesslich abgesessen.
Ab dem ersten Ball drosch Sharapova auf die Bälle und platzierte diese mit einer
traumhaften Präzision. Von daher scheint mir der Fall klar: Wo sonst soll
Sharapova spielen, wenn nicht an den besten Damenturnieren der Welt? Dort gehört
sie von der Leistung her hin. Es war ihre zweite Partie in Stuttgart. Die zweite
Partie nach über einem Jahr Pause. Von Startschwierigkeiten war nichts zu sehen
bei der 30-jährigen Russin aus Florida. Vor allem ihre Defensivleistung fand ich
überraschend stark.
Bei der Diskussion um Doping wünschte ich mir eine Offenlegung der
Ausnahmebewilligungen, welche Sportler erhalten um auf der Dopingliste stehende
Mittel einsetzen zu dürfen. Transparenz muss sein. Da kann mir keiner mit Datenschutz
kommen.
Karolina Pliskova
(WTA
3) -
Coco Vandeweghe
(WTA 23) 7:6 6:4
Es ist die faszinierende Mischung zwischen tollen Hebeln und
Schwerfälligkeit, die das Zuschauen bei Pliskova zu einer Achterbahnfahrt macht.
Die US Open-Finalistin ist bereits auf Weltranglistenposition drei geklettert.
Vor ihr stehen nur noch eine Schwangere (Williams) und Eine, die momentan nichts
trifft (Kerber). Dennoch muss man die 25-jährige Pliskova immer noch als
Rohdiamant bezeichnen.
Das Match gegen Vandeweghe war bis zum 6:5 im ersten Satz eine Fehlerorgie
beiderseits. Die US-Amerikanerin hatte sich bereits am Vortag gegen Ostapenko
mit 7:6 7:6 durchgesetzt und sich auf ihren Aufschlag verlassen müssen, der ihr
neun Asse einbrachte. Die 25-jährige New Yorkerin Vandeweghe ist für mich noch
zu flatterhaft. Gegen aussen gibt sie sich sehr cool, gegen innen ist sie aber
noch nicht gefestigt genug. Mit erfolgreichen Basketballern und einer Miss
America im Stammbaum ist es eine Herausforderung seine eigenen Fussstapfen zu
hinterlassen. Positiv fand ich dass die beiden Spielerinnen untereinander knappe
Bälle nachfragten und bestätigten. Ausgehend von Vandeweghe taten sie dies. Es
braucht doch nicht immer den Schiedsrichter um Entscheidungen zu treffen und
gemeinhin nehmen Spieler/innen Schiedsrichterfehler zu ihren Gunsten in Kauf
ohne etwas zu sagen.
Auch im heutigen Spiel boten die Aufschläge die einfachsten Punktegewinne bei
beiden Spielerinnen. Zwölf bei Vandeweghe und sieben bei Pliskova. Die Tschechin
hält übrigens den Rekord für die meisten Asse in einer Saison mit 530 im Jahr
2016 sowie den Rekord für die meisten Asse in einem Spiel mit 31 an den
Australian Open 2016 bei der Niederlage gegen Puig. Bei 6:5 rief Pliskova ihren
Trainer auf den Platz und der schaffte es irgendwie sie zu aktivieren und sie
bewegte sich danach viel besser, strahlte mehr Präsenz aus und senkte ihre
Fehlerquote.
Anastasija Sevastova
(WTA
26) -
Johanna Konta
(WTA 7) 6:3
7:5
Beide Spielerinnen zeigen das beste Tennis ihrer Karriere und sind auch
entsprechend klassiert. Dennoch entscheiden wir uns nach drei Games zu einer
Pause und schauten danach beim Doppel auf Court 1 vorbei.
Andrea
Hlavackova/Samantha Stosur
(WTA Doppel 9/114) -
Alicja
Rosolska/Simona Halep
(WTA Doppel 40/134) 6:4
6:4
Hlavackova ist eine höher dotierte Doppelspielerin als Rosolska es ist. Stosur
und Halep verfügen beide über sehr gute Grundschläge dank ihrem Einzelspiel.
Stosur bringt als 24-fache Turniersiegerin im Doppel aber viel mehr Doppelkönnen
mit als die Rumänin. Halep war vermutlich vor allem auf der Suche nach
Spielpraxis auf Sand und hat sich daher auch gerne in der Doppelkonkurrenz
eingeschrieben. Mit 166cm bei Rosolska und 168cm bei Halep verfügen beide auch
nicht über die grösste Platzabdeckung. Es sprach auf dem Papier also vieles für
die Grand Slam-Siegerinnen Hlavackova und Stosur. Vor allem der langsame
Aufschlag von Rosolska war es, den die polnisch/rumänische Paarung mit Rosolska
an der Grundlinie und Halep am Netz vorne nicht verteidigen konnte. In
umgekehrter Aufstellung bei Aufschlag Halep und Rosolska am Netz räumte die
31-jährige Warschauerin vorne toll auf.
Jelena Ostapenko
(WTA 50)
Im Einzel ist die 19-jährige Lettin über die Qualifikation gekommen und
scheiterte in der ersten Runde des Hauptfeldes an Vandeweghe. Im Doppel hat sie
in diesem Jahr ihren ersten Titel auf der WTA Tour feiern können. Nämlich in St.
Petersburg an der Seite von Rosolska. Zusammen mit Atawo folgte in Stuttgart
nun Turniersieg Nummer 2.
Einzel | ||||
1. Runde | 2. Runde | Viertelfinal | Halbfinal | Final |
Angelique Kerber (1)
- bye . |
Kristina Mladenovic - Angelique Kerber (1) 6:2 7:5 |
Kristina Mladenovic - Carla Suarez Navarro 6:3 6:2 |
Kristina Mladenovic - Maria Sharapova (W) 3:6 7:5 6:4 |
Laura Siegemund (W) - Kristina Mladenovic 6:1 2:6 7:6 |
Kristina Mladenovic - Mirjana Lucic-Baroni 6:4 6:2 |
||||
Maria Sharapova (W) - Roberta Vinci 7:5 6:3 |
Maria Sharapova (W) - Ekaterina Makarova 7:5 6:1 |
Maria Sharapova (W) - Anett Kontaveit (Q) 6:3 6:4 |
||
Ekaterina Makarova - Agnieszka Radwanska (7) 6:2 6:4 |
||||
Johanna Konta (6, W) - Naomi Osaka (Q) 7:6 3:6 6:1 |
Anastasija Sevastova - Johanna Konta (6, W) 6:3 7:5 |
Simona
Halep (4)
- Anastasija Sevastova 6:3 6:1 |
Laura Siegemund (W) - Simona Halep (4) 6:4 7:5 |
|
Anastasija Sevastova - Samantha Stosur 6:1 4:6 6:3 |
||||
Svetlana Kuznetsova (8) - Kiki Bertens 6:3 5:7 6:3 |
Laura Siegemund (W) - Svetlana Kuznetsova (8) 6:4 6:3 |
Laura Siegemund (W) - Karolina Pliskova (2) 7:6 5:7 6:3 |
||
Laura Siegemund (W) - Shuai Zhang 6:2 7:6 |
||||
Coco Vandeweghe - Jelena Ostapenko (Q) 7:6 7:6 |
Karolina Pliskova (2) - Coco Vandeweghe 7:6 6:4 |
|||
Karolina Pliskova (2)
- bye . |
Doppel | |||
1. Runde | Viertelfinale | Halbfinale | Final |
Atawo/Ostapenko (3) - Knoll/Schuurs 6:2 6:2 |
Atawo/Ostapenko (3) - Broady/Smith 7:5 6:4 |
Atawo/Ostapenko (3) - Hlavackova/Stosur 7:5 2:6 10-8 |
Atawo/Ostapenko (3) - Spears/Srebotnik (1) 6:4 6:4 |
Hlavackova/Stosur - Jurak/Lucic-Baroni 7:5 6:1 |
Hlavackova/Stosur - Rosolska/Halep 6:4 6:4 |
||
Rosolska/Halep - Klepac/Martinez Sanchez (2) 6:0 2:6 10-8 |