Wimbledon 2013, London |
zurück zur Übersicht Last updated: 30.01.2023 |
Sensationsviertel - Nadal-Darcis, Federer-Stakhovsky, Wawrinka, Hewitt, Brown, Melzer, Janowicz |
Bereits die Auslosung hatte für Aufsehen gesorgt. Gemäss der im Jahr 2002 zwischen dem All England Lawn Tennis Club und der ATP vereinbarten Berechnungsformel für die Setzliste wurde Nadal auf Rang fünf hinter dem besserklassierten Ferrer gesetzt. Der an drei gesetzte Federer und Nadal wurden in das selbe Tableauviertel gelost. Der an zwei gesetzte Murray befand sich in der selben Tableauhälfte. Auf der Gegenseite stand "nur" Djokovic von den gemeinhin als Top 4 betitelten Protagonisten.
Doch bereits am ersten Turniertag relativierte sich die Aufregung um die Auslosung. Sie wurde durch die neue Aufregung abgelöst, dass Nadal zum ersten Mal in seiner Karriere an einem Grand Slam-Turnier in der ersten Runde gescheitert war. In den 34 Teilnahmen zuvor war ihm das nie passiert. Neben Nadal scheiterte am Starttag mit Wawrinka auch der am dritthöchsten gesetzte Spieler des Tableauviertels an Altmeister Hewitt, dem Champion von 2002.
Der Montag sorgte zwar für Aufsehen, aber der jetzt schon historische Schockertag war der Mittwoch der ersten Turnierwoche! Nach neun Jahren und 36 Grand Slam-Viertelfinalteilnahmen in Folge riss diese Serie von Titelverteidiger Federer in der zweiten Runde gegen Stakhovsky. Sportliche Niederlagen mussten auch die an zwei gesetzte Sharapova sowie Wawrinka-Bezwinger Hewitt einziehen. Darüber hinaus musste das Turnier am Mittwoch sieben verletzungsbedingte Aufgaben in den Einzelkonkurrenzen hinnehmen. Das ist ein neuer Negativrekord. Die illustre Liste der Verletzten beinhaltet unter anderem Azarenka (Setzliste 2), Tsonga (6,), Cilic (10) und Isner (18), die allesamt aufgrund von Knieverletzungen vor oder während des Matches passen mussten. Bereits nach zwei Runden war das stärkste Tableauviertel um Federer und Nadal zum nominell "schwächsten" Viertel geworden und die gesamte Tableauhälfte stand für Murray offen wie ein Scheunentor.
Steve Darcis
(ATP 135)
-
Rafael Nadal
(ATP 5)
7:6 7:6 6:4
Mir Gefiel die Körpersprache von Darcis. Es
schien als benötige der Belgier für sein Spiel viel Kraft, um beim Aufschlag und
aus dem Spiel heraus aggressiv auf die Bälle zu gehen. Dennoch wurde er nicht
müde oder unkonzentriert. Der 29-jährige machte auf mich auf wie auf Bild 9 den
Eindruck als wolle er sagen: „Nun gut, da sind wir also. Ich bin in einer guten
Position, aber lass’ uns einfach mal weiterspielen und schauen was passiert und
ich werde weiter Vollgas geben.“ Einzig bei 6:5 im ersten Satz, als Darcis nicht
ausservieren konnte und beim 5:6 im zweiten Satz, als Nadal nicht ausservieren
konnte, gaben sich beide eine Blösse. Darcis schaffte es unter den Augen seines
Landsmanns
Olivier Rochus
(Bild 16)
relativ unaufgeregt bis zum meistbeachteten Erfolg seiner Karriere. Einen bitteren
Moment erlebte Darcis als er am Mittwoch als einer von sieben Verletzten absagen
musste. Er konnte wegen einer Schulterverletzung gar nicht erst antreten.
Für Nadal war diese Niederlage ein dunkler Moment seiner Karriere. Die
schwärzesten Momente seiner Karriere sind sicherlich seine langwierigen
Verletzungen. Im dritten Satz der Partie gegen Darcis war eine erneute
Beeinträchtigung durch Knieprobleme zu erkennen. Erst
im letzten Jahr war er in der
zweiten Runde von Wimbledon für den Schock des Turniers verantwortlich, als ihn
Rosol in fünf Sätzen bezwingen konnte. Danach fiel der 27-jährige Spanier über
ein halbes Jahr lang aus. In diesem Jahr scheiterte er bereits in der ersten
Runde und in nur drei Sätzen. Die Bedenken für die bis zum Saisonende
bevorstehende Hartplatzsaison sind nicht wegzureden.
Roger Federer
(ATP 3)
Genau neun Jahre lang war der 31-jährige Schweizer
immer mindestens im Viertelfinal jedes Grand Slam-Turniers gestanden. Doch gegen
den Serve- und Volleyspieler Stakhovsky ging Federer schon in der zweiten
Runde als Verlierer vom Platz. Ehegattin Mirka war bereits ganz in schwarz gekleidet zum Match erschienen.
Nicht gefallen hat mir als ein frustrierter Federer im vierten Satz einen Ball
voll auf den am Netz stehenden Stakhovsky abgezogen hatte. Dieser konnte sich
gerade noch ducken und der Ball flog knapp am Kopf vorbei ins Aus. Alle waren
etwas geschockt ab dieser Aktion und dank keinerlei Verfehlungen Federers in
seinen bisherigen Jahren in Wimbledon wurde er vom Publikum dafür nicht
ausgebuht.
Durch diese Niederlage fiel Federer zum ersten
Mal seit dem 23. Juni 2003 wieder auf den fünften Rang in der Weltrangliste
zurück. Der 23. Juni 2003 war die letzte Ausgabe der Weltrangliste vor Federers
erstem Grand Slam-Titelgewinn in Wimbledon gewesen. Dass der Basler für seine
Verhältnisse wieder so weit unten steht, untermauert die bisher sehr durchzogene
Saison, deren Höhepunkte bis dato der Halbfinaleinzug bei den Australian Open,
das Finale in Rom sowie der
Titelgewinn in Halle sind.
Jürgen Melzer
(ATP 37)
-
Sergiy Stakhovsky
(ATP 116)
6:2 2:6 7:5 6:3
Wie so viele der anderen Überraschungssieger
während dieses Turnier musste sich auch Stakhovsky gleich im nächsten Match aus
dem Turnier verabschieden. Gegen Melzer ging der 26-jährige Ukrainer trotz des
Erfolgs über Federer als leichter Aussenseiter in die Partie. Wenn man die
Trainer bei solchen grossen Erfolgen jeweils lobt, dann muss man sie an anderer
Stelle auch kritisieren. Stakhovsky wird vom Youzhny-Mentor Boris Sobkin (Bild
10) betreut. Der hätte die Erfahrung um Stakhovsky zu sagen, dass er sich auf das
nächste Match konzentrieren muss und am spielfreien Tag kein Interview mit der
BBC im Garten seines gemieteten Hauses zu machen. Uns soll es recht sein, da wir
nun wissen dass er in diesem Haus auf Bild 1 nur wenige hundert Meter von der
Anlage entfernt logierte, in dem deutlich erkennbar auch einige Spanier
einquartiert waren. So gestand er im Interview (copyright: wimbledon.com) nach
seiner Niederlage dann
auch folgendes ein:
“I think I just played stupid,”
said Stakhovsky. “It would be I think the exact word of showing how I should not
play Jurgen, and I should have realized that somewhere in the end of the second
set. I should mix up. I should never play the same shot against Jurgen. He was
returning much better today than Roger.
Für Melzer war der Schlüssel, dass ihm im dritten Satz das Rebreak gelang und er
kurz darauf mit 2:1-Sätzen vorlegen konnte. Dies vor den Augen seiner Ehefrau
Iveta Benesova,
seinem Trainer
Alexander Waske
und Konditionstrainer Christian Rauscher (alle auf Bild 12). Zwei Wochen nach
Wimbledon hat sich Melzer von seinem Trainerduo getrennt. Von der Ehefrau nicht.
Eine aufsehenerregende Einlage bot der Physiotherapeut bei
der Behandlung Stakhovskys (Bild 7), der sich den Fuss vertreten hatte. Zwar wusste
der gute Mann genau was er tat, aber es schien nicht so, als ob er grosse Rücksicht
auf seinen Patienten nehmen würde. Recht rüde schlug er Stakhovsky
auf die Ferse mit der Frage, ob das weh tut. Das Zusammenzucken des Ukrainers
zeigte jedem, dass es weh tat! Er brachte fachmännisch den Verband an und wuschelte
dem Ukrainer zum Abschluss noch etwas über
den Kopf.
Lleyton Hewitt
(ATP 70)
-
Stanislas Wawrinka
(ATP 10)
6:4 7:5 6:3
Der Lausanner ist nach viereinhalb Jahren zurück in
den Top 10 der Weltrangliste und hat in der Vorwoche mit dem Final in
's-Hertogenbosch erstmals in seiner Karriere einige Matches auf Rasen gewinnen
können. Doch so gut seine Form auch sein mag: Rasen ist Wawrinkas schlechteste
Unterlage und er trifft gleich in der ersten Runde auf den Wimbledonsieger von
2002. Verletzungsbedingt hat Hewitt während den Jahren viele Auszeiten und
konzentriert sich mit seinen 32 Jahren auf die grossen Turniere. Dort hat er in
den frühen Runden das Potential um grosse Namen scheitern zu lassen. Mit
Fortdauer des Turniers schwindet dann aber die Gefahr, die er ausstrahlt.
Knackpunkt in dieser Partie war sicherlich der zweite Satz, den der Australier
aus Adelaide ebenfalls gewinnen konnte. Er ist wohl derjenige Spieler, den wir
in den Strassen von Wimbledon am meisten zu Gesicht bekommen. Hewitt mit Frau
und Kindern und Coach Tony Roche sehen wir mindestens einmal pro Jahr. Allseits
beliebt sind auch die australischen Fans, die Fanatics, die Jahr für Jahr nach
Wimbledon pilgern (Bilder 14 und 15). Wawrinka
konzentrierte sich nach dem verlorenen zweiten Satz für kurze Zeit nicht mehr
auf seinen Spielplan und verlor dadurch gleich sein erstes Aufschlagspiel im
dritten Satz relativ kampflos.
Dustin Brown
(ATP 189)
-
Lleyton Hewitt
(ATP 70)
6:4 6:4 6:7 6:2
Der Mittwoch wurde zum
Sightseeing und Fernsehtag, da
wir ohne Eintrittskarten da standen. So sahen wir die Niederlagen von Federer,
Sharapova und Hewitt sowie den neuen Rekord von sieben Aufgaben an einem Tag am
TV.
Gar nicht erst antreten konnten Pennetta-Azarenka (Knie), De Schepper-Cilic
(Knie), Kvitova-Shvedova (Arm) und Kubot-Darcis (Schulter). Während des Matches
aufgeben mussten Gulbis-Tsonga (Knie), Mannarino-Isner (Knie) und
Janowicz-Stepanek (Oberschenkel). Für Hewitt-Bezwinger Brown war anschliessend
bei seiner ersten dritten Runde an einem Grand Slam-Turnier Endstadion.
Sergiy Stakhovsky
(ATP 116)
-
Rogerio Dutra Silva
(ATP 100)
6:4 6:0 6:4
Bei seinem Erstrundenauftritt auf Court 9 war
Stakhovsky noch alles andere als ein gefragter Mann.
Jürgen Melzer
(ATP 37)
-
Fabio Fognini
(ATP 30)
6:7 7:5 6:3 6:2
Melzer spielt mit Leistenbruch! Von einer Operation nach Wimbledon sieht er nun
nach ersten gegenteiligen Aussagen aber ab, da dies während der Saison wenig
Sinn mache. Die aktuellen Resultate geben ihm recht. Im Auftaktspiel gegen den
gesetzten Fognini war er allerdings nur als leichter Favorit zu werten. Denn der
Italiener spielt momentan sehr inspiriert. Ein Halbfinal in Monte Carlo und eine
starke Leistung bei der Dreisatzniederlage in der dritten Runde der French Open
gegen Nadal waren seine letzten Ausrufezeichen. In den beiden Wochen nach
Wimbledon gewann der 26-jährige aus San Remo die Turniere von Stuttgart und
Hamburg. Neben all diesen Erfolgen auf Sand war die Aufgabe auf Rasen aber eine
schwierige für den Italiener. Er gewann zwar den ersten Satz und führte im
zweiten Durchgang mit einem Break als wir das Match verliessen. Er verlor danach
aber in vier Sätzen. Seine Rückhand setzte Fognini manchmal ins Netz, wenn er
denn Ball ohne Druck zugespielt bekam. Der Absprung des Balls ist auf Rasen
geringer und da er den Ball nur reinschieben wollte, brachte er nicht genügend
Druck hinter den Schlag.
Jerzy Janowicz
(ATP 22)
-
Jürgen Melzer
(ATP 37)
3:6 7:6 6:4 4:6 6:4
Nach dem Favoritensterben bis zur zweiten
Runde (siehe Tableau unten) waren Janowicz und Melzer die heissesten Kandidaten,
um sich in diesem Tableauviertel durchsetzen zu können. Ein erster Höhepunkt war
bereits die Begrüssung zwischen Janowicz und Stuhlschiedsrichter El Jennati
(Bild 1). Der Pole und der
Österreicher trafen in der vierten Runde aufeinander und bekämpften sich über
fünf Sätze. Der Sieger hatte gute Chancen, um anschliessend bis ins Halbfinale
vorzustossen. Das sollte dem erst 22-jährigen aus Lodz auch gelingen. In seinen
erst fünf Grand Slam-Auftritten bot Janowicz mit der ersten Runde an den US Open
2012, den dritten Runden in Wimbledon 2012, den Australian Open 2013 und den
French Open 2013 sowie dem Halbfinal in Wimbledon 2013 sehr starke Leistungen.
Jürgen Melzer/James
Blake (ATP Doppel 34/83)
-
John Peers/Jamie
Murray
(ATP Doppel 56/64)
3:6 6:3 6:4 3:6 14:12
Dass Melzer nach seinem Viersatzsieg am
Freitag gegen Stakhovsky am Samstag einen Marathon im Doppel hinlegte, war
sicherlich nicht geplant. Immerhin gewann er zusammen mit Blake mit 14:12 im
fünften Satz und konnte so die positiven Emotionen des Sieges mitnehmen. Eine
Entlastung brachte ihm der spielfreie Sonntag in Wimbledon.
Herren Einzel | |||||
1. Runde | 2. Runde | 3. Runde | 4. Runde | Viertelfinal | Halbfinal |
Steve Darcis - Rafael Nadal (5) 7:6 7:6 6:4 |
Lukasz Kubot - Steve Darcis w.o. |
Lukasz Kubot - Benoit Paire (25) 6:1 6:3 6:4 |
Lukasz
Kubot - Adrian Mannarino 4:6 6:3 3:6 6:3 6:4 |
Jerzy
Janowicz (24) - Lukasz Kubot 7:5 6:4 6:4 |
Andy
Murray (2) - Jerzy Janowicz (24) 6:7 6:4 6:4 6:3 |
John
Isner (18) - Evgeny Donskoy 6:1 7:6 7:6 |
Adrian
Mannarino - John Isner (18) 1:1 ret. |
Adrian
Mannarino - Dustin Brown (Q) 6:4 6:2 7:5 |
|||
Dustin
Brown (Q) - Guillermo Garcia-Lopez 6:3 6:3 6:3 |
Dustin
Brown (Q) - Lleyton Hewitt 6:4 6:4 6:7 6:2 |
||||
Lleyton
Hewitt - Stanislas Wawrinka (11) 6:4 7:5 6:3 |
|||||
Jerzy
Janowicz (24) - Kyle Edmund (W) 6:2 6:2 6:4 |
Jerzy
Janowicz (24) - Radek Stepanek 6:2 5:3 ret. |
Jerzy
Janowicz (24) - Nicolas Almagro (15) 7:6 6:3 6:4 |
Jerzy
Janowicz (24) - Jürgen Melzer 3:6 7:6 6:4 4:6 6:4 |
||
Jürgen
Melzer - Fabio Fognini (30) 6:7 7:5 6:3 6:2 |
Jürgen
Melzer - Julian Reister 3:6 7:6 7:6 6:2 |
Jürgen
Melzer - Sergiy Stakhovsky 6:2 2:6 7:5 6:3 |
|||
Sergiy
Stakhovsky - Rogerio Dutra Silva 6:4 6:0 6:4 |
Sergiy
Stakhovsky - Roger Federer (3) 6:7 7:6 7:5 7:6 |
||||
Roger Federer (3) - Victor Hanescu 6:3 6:2 6:0 |
Herren Doppel | |||
1. Runde | 2. Runde | 3. Runde | Viertelfinal |
Melzer/Blake - J. Murray/Peers 3:6 6:3 6:4 3:6 14:12 |
Melzer/Blake - Llodra/Mahut (13) 6:4 6:0 6:1 |
Melzer/Blake - Farah/Cabal 6:2 6:4 6:3 |
Melo/Dodig
(12) - Melzer/Blake 3:6 6:4 6:1 3:6 6:3 |