Rabble-GrandSlam-Reise nach Melbourne 2005

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Patty Schnyder - French Open 2004: wie man eine Partie abschenkt
Patty Schnyder - She'll be coming round the mountains... Switzerland

 

Ich habe mir nicht so viele Patty Schnyder-Matches angesehen. Oft hat es vom Spielplan her nicht gepasst, ich habe aber auch meine Prioritäten anders gesetzt. Ich meine, Patty Schnyder kann man jedes Jahr an der Swisscom Challenge in Kloten an mehreren Tagen abends als Hauptmatch sehen. Und da hat sie mich letztes Jahr gegen Magdalena Maleeva wirklich enttäuscht. Die Schweizerin hat zwar in drei Sätzen gewonnen, aber das war ein richtig langweiliges und schlechtes Spiel. Grauenhaft. Ausserdem hatte sich Patty Schnyder letztes Jahr in der zweiten Runde in Roland Garros bei der Niederlage gegen Shiobu Asagoe auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Wegen diesem Spiel hatten wir damals den Zweitrunden-Sieg von Myriam Casanova gegen Vento-Kabchi verpasst. Prioritäten falsch gesetzt.

In Australien scheint aber einiges anders zu sein. Hier fühlt sich die 26-jährige wohl und das Selbstvertrauen stimmt. In der Vorbereitung gab es (wie immer) gute Resultate in Down Under. Mit dem Turniersieg an der Gold Coast im Gepäck kam sie nach Melbourne. Letztes Jahr stand sie hier bei den Australian Open überraschenderweise im Halbfinale. Dazu braucht es auch immer etwas Losglück. Aber auch in diesem Jahr lief es in Sachen Tableau nicht so schlecht für die Baselbieterin.
Es scheint so, als ob sie in der aktuellen Form an ihre bisher beste Saison 1998 anknüpfen kann. Dank fünf Turniersiegen stiess Schnyder damals bis auf Position 8 in der Weltrangliste vor. Der Grundstein ist gelegt.

 

Patty Schnyder

1. Runde:   Patty Schnyder (12) - Yuliana Fedak   6:1 6:1

Da muss man erst ans andere Ende der Welt reisen um ein Autogramm der schweizerischen Nummer 1 bei den Damen zu erhalten... ;-)

Bild 1 zeigt Patty Schnyder beim Einschlagen vor ihrem Erstrundenmatch gegen die Weltranglisten-76ste. Ihr Ehemann betätigte sich etwas als Balljunge und Pausenclown. Die Stimmung war gut auf dem Trainingsplatz. Jedem das seine, aber ich denke ihr tut das gut.  Ich hatte ihr noch kurz "viel Glück" gewünscht für die Partie.

Glück hatte Schnyder aber alles andere als nötig gegen die 21-jährige Fedak. Es wurde ein souveräner Startsieg für die Schweizerin. Die Partie war kurzfristig in die Margaret Court Arena verlegt worden. Bis ich das mitbekommen hatte, war es sie leider auch schon fast wieder vorbei. Als ich kam, machte Patty Schnyder gerade noch die letzten zwei Games klar und zog damit in die zweite Runde ein.

Dort musste sie gegen das holländische Talent Michaella Krajicek über drei Sätze gehen.
Auch in der nächsten Partie gegen Golovin-Bezwingerin Abigail Spears war es keine glanzvolle Vorstellung von Schnyder. Diesmal reichte es aber in zwei Sätzen.

 

4. Runde:   Patty Schnyder (12) - Elena Dementieva (6)   6:7 7:6 6:2
(Mehr Infos und Bilder zu dieser Partie gibt es im Bericht zu
Elena Dementieva.)

Ein wegweisendes Spiel, vielleicht für die ganze kommende Saison von Patty Schnyder. Sie zeigte ihr Kämpferherz und konnte einen wichtigen Sieg erringen, in dem sie das Match nach schier unaufholbarem Rückstand noch drehte.

Ich verfolgte die Partie zu Beginn mit gemischten Gefühlen. Hier hätte es auch Hantuchova-Schnyder heissen können... Patty Schnyder als Schweizerin müsste meine Favoritin sein, allerdings hatte sich mich letztes Jahr in Paris und Kloten enttäuscht. Auf Elena Dementieva hingegen hatte ich noch meine Wette auf den Turniersieg laufen. Ich denke, dass die Russin reif für einen Grand Slam-Titel ist. Und je besser Dementieva in diesem Match aussieht, desto höher ist auch Hantuchova's Leistung im Match zuvor zu werten.

62 Minuten dauerte der erste Satz. Er wurde im Tie-Break entschieden, in dem die 23-jährige aus Moskau mit 8:6 das bessere Ende für sich behielt. Vom Gewinn des ersten Satzes angestachelt zog Dementieva im zweiten Satz mit 4:0 weg. Sie zeigte ungewohnt viele Emotionen, wollte dieses Partie unbedingt schnell nach Hause bringen. Und bald zeigte sich auch warum. Doch Patty Schnyder biss sich zum Erstaunen aller fest und kam nochmals heran. Jetzt musste sich die Russin wegen Blasen an ihrem linken Fuss behandeln lassen. Nach 63 Minuten glich Patty Schnyder dank dem 7:4 im Tie-Break zum Satzausgleich aus.
"Trikotwechsel" gab es nach dem zweiten Satz bei Elena Dementieva. Unfairerweise blieb sie beinahe zehn Minuten in der Kabine, bevor sie wieder zurück kam. Unfair? - In dem Moment schon, als ihre Gegnerin da warten musste. Tags darauf gestand die WTA den Spielerinnen aufgrund der Hitze aber eine Pause von 10 Minuten vor dem entscheidenden dritten Satz zu. Es war wirklich brennend heiss. Wegen dieser Aktion stellte ich mich nun aber wieder auf die Seite der 26-jährigen Schweizerin. Und es war klar, warum Dementieva diese lange Pause genommen hatte: Ihre Kräfte waren am Ende. 2h 43min gegen Hantuchova und die jetzige Partie gegen Schnyder dauerte insgesamt nur drei Minuten weniger. Bisher hatte Dementieva ihren Wackelschlag, den Service, im Griff gehabt. 2 Doppelfehler (in 6 Aufschlagspielen plus Tie-Break) im ersten Satz, 3 (in 6 Aufschlagspielen plus Tie-Break) im zweiten. Das ist für die 180cm grosse Russin eine guter Wert. Im entscheidenden Satz gab es 5 Doppelfehler in 4 Aufschlagsspielen. Zu viel. Die topfitte Schnyder hingegen blieb nach dem Gewinn des zweiten Satzes oben auf und sicherte sich den wichtigen Sieg gegen die Nummer 6 der Welt. 43 Winner gegenüber 55 unforced Errors für die Schweizerin. Unter diesem Bedingungen ist das ein starker Wert. Dementieva's 46 zu 61 stehen dem in Nichts nach.

 

Viertelfinale:   Patty Schnyder (12) - Nathalie Dechy (19)   7:5 1:6 5:7
(Mehr Infos und Bilder zu dieser Partie gibt es im Bericht zu Nathalie Dec
hy.)

Die vier australischen Patty Schyder-Fans im passenden Outfit (Bild 3) waren eine Show für sich. Unentwegt gab es Anfeuerungsrufe, sogar Liedblätter hatten sie mit dabei, damit jeder mitsingen konnte. Da gab es auch so wundervolle Klischee-Songs wie "she'll be coming round the mountains... Switzerland" zu hören. Ein Dutzend Schweizer Fans gesellten sich dazu. Es war eine grossartige Stimmung.

Aber eigentlich war es eine riesige Sauerei, was die Organisatoren sich hier geleistet haben. Als einziges der Viertelfinalspiele der Männer und Damen wurde Schnyder-Dechy nicht in der Rod Laver Arena ausgetragen. Statt dessen gab es dort am Australia Day Doppel mit australischer Beteiligung zu sehen. Skandalös. Hätte die Partie Dementieva-Myskina geheissen, wäre diese niemals in die Margaret Court Arena angesetzt worden. Für uns als Schweizer Fans war es gut. So konnten wir uns auf den unnummerierten Plätzen formieren.
Allerdings fand zeitgleich der Knaller Davenport-Molik in der Rod Laver Arena statt. Zuerst war ich dort, liess das hochklassige Match dann aber nach drei Games wegen meiner Schweizer Seele sauen und ging auf den Aussenplatz raus.

Es war eine regelrechte Hitzeschlacht. 59 Minuten dauerte alleine der erste Satz, in dem Schnyder die besseren Karten besass. Keine einzige Breakchance für Dechy, hingegen 9 an der Zahl für die Bottmingerin. Allerdings verfloss Chance um Chance, obwohl Schnyder als Linkshänderin auf der wichtigen Vorteilsseite eher Vorteile hat. Immerhin, die neunte Chance nutzte sie. Mit 7:5 konnte sie einen Tie-Break gerade noch so verhindern.
Der zweite Satz ist ein Satz zum Abhaken aus Schweizer Sicht. Nathalie Dechy zog sofort davon und baute ihren Vorsprung aus. Einige beeindruckende Zahlen der Französin im zweiten Satz: 9 Winner, 4 unerzwungene Fehler, 14 von 15 (93%) erste Aufschläge im Feld, 3 von 4 Breakchancen genutzt. Patty Schnyder hingegen besass in diesem Satz keine einzige Breakmöglichkeit. Nach dem Satzausgleich folgte die 10-minütige Hitzepause vor Beginn des entscheidenden Satzes, die die WTA den Akteurinnen zugestand.
Die beiden Spielerinnen litten in der Hitze. Schaut Euch einmal den Gesichtsausdruck der auf Guadeloupe geborenen 25-jährigen Französin auf Bild 6 an. Im dritten Satz sahen wir wieder das gleiche Bild wie im ersten. Schnyder konnte Chance um Chance nicht verwerten. Da halfen auch alle Anfeuerungsrufe wie "mach' sie fertig!" oder "chum jetzt, zuepacke!" nichts. Nur 1 von 6 Breakchancen genutzt. Ein Break, dass könnte ja eventuell reichen. Aber nicht, wenn die Gegnerin so kaltblütig agiert wie Dechy an diesem Tag. 2 von 3 Breakchancen nutzte die Französin. Nach 68 Minuten war der dritte Satz entschieden. Eine sehr bittere Niederlage für Patty Schnyder.

Es zeigt sich, dass man während des zweiwöchigen Turniers im australischen Sommer mit seinen Kräften haushalten muss. Schnyder musste vielleicht etwas dem harten Dementieva-Match Tribut zollen, während Dementieva ihrerseits wegen dem Hantuchova-Match die Kraft fehlte, als Schnyder noch frisch war. Dechy hingegen konnte in der vorherigen Runde einen lockeren Sieg gegen Myskina einfahren.

 

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