Rabble-GrandSlam-Reise nach Melbourne 2005

zurück zur Übersicht         Last updated: 29.04.2008

Elena Dementieva - Das Sorgenkind in Sachen Aufschlag

 

Elena Dementieva

Elena Dementieva hätte das Zeug zur Nummer 1 und zum Superstar. An der Grundlinie kann ihr keine etwas vormachen. Die 23-jährige Russin ist pfeilschnell dank ihrer exzellenten Beinarbeit. Und die Grundlinienschläge sind hammerhart. Auf dem Bild sehen wir sie beim Training. Trainerin Olga Morozova wirft den Ball in die Luft, sie versorgt das Ding in eine Ecke. Gute Trainingsvariante.

Aber wenn man von Elena Dementieva spricht, ist da immer gleich von ihrem katastophalen Aufschlag die Rede. Im Finale der French Open 2004 hat sie in 7 Aufschlagspielen alleine 10 Doppelfehler serviert. Deren 67 waren es über das ganze Turnier hinweg... Sie kann mittlerweile beim Ersten über 170 km/h servieren, aber die Doppelfehler sind immer noch da. In Melbourne waren es 26 in vier Matches.
Dadurch fehlt ihr das starke Auftreten, die Dominanz, die Konstanz. Bei den acht Grand Slam-Turnieren in 2003 und 2004 rasselte sie vier Mal bereits in der ersten Runde raus. Läuft es ihr und hat sie ins Spiel gefunden, kann sie hingegen alle schlagen.

Die 180cm grosse, blonde Russin wäre auch von ihrer Erscheinung eine Sympathieträgerin, aber irgendwie ist sie "zu normal". Sie spricht russisch, französisch und englisch. Sie hätte alles, was es zum Star braucht. Aber noch fehlt ihr ein grosser Titel zum Durchbruch, dann steht sie plötzlich im ganz grossen Rampenlicht. Ich denke, sie ist reif für einen Major-Titel.

 

2. Runde:   Elena Dementieva (6) - Anna Chakvetadze   6:2 6:1

Das war grosse Klasse, was Elena Dementieva zeigte. Die French Open- und US Open-Finalistin des letzten Jahres dominierte das Spiel und erdrückte ihre Gegnerin regelrecht.

Anna Chakvetadze hatte ich mir bereits in der ersten Runde gegen Arantxa Parra Santonja angesehen. Nach etwas mühevollem Start resultierte ein klarer Sieg gegen die Spanierin. Warum ich mir dieses Spiel angesehen hatte? - Ganz einfach, die 17-jährige hatte letztes Jahr an den US Open sensationell Anastasia Myskina in der zweiten Runde aus dem Turnier geworfen. Mittlerweile auf Rang 85 der Weltrangliste platziert, ist mit Chakvetadze also eine weitere vielversprechende Russin auf dem Weg nach oben.

Es wurde mir schon ein bisschen Bange, als ich da die nächste Gegnerin von Daniela Hantuchova analysiert hatte. In etwas weniger als einer Stunde setzte sich die Weltranglistensechste klar durch und gab nur drei Games ab. 

Die Zahlen sind zwar nicht so beeindruckend. 14 Winner gegenüber 13 unerzwungenen Fehlern, gute 63% erste Aufschläge, allerdings 6 Doppelfehler. Schnellster Aufschlag: 168 km/h. Die Moskowiterin wirkte souveräner als es die Zahlen ausdrücken.

 

3. Runde:   Elena Dementieva (6) - Daniela Hantuchová (26)   7:5 5:7 6:4
(Mehr Infos und Bilder
und Videos zu dieser Partie gibt es im Bericht zu Daniela Hantuchovà.)

2h 43min dauerte dieses grossartige Match. Die klare Favoritin Elena Dementieva musste sich dabei auf viel Laufarbeit einstellen. Sie überliess Hantuchovà das Zepter, zog ihrerseits das konstante Grundlinienspiel auf und liess die Slowakin die Fehler machen. 23 Winner bei 40 unerzwungenen Fehlern bei Dementieva gegenüber 39 zu 78 bei Hantuchova.

Die Russin servierte solide. Ihr unterliefen "lediglich" 5 Doppelfehler. Der zweite Aufschlag war mit durchschnittlich 117 km/h nicht viel mehr als eingeworfen. Aber dank 67% ersten Aufschlägen im Feld und den wenigen Doppelfehlern blieb sie relativ stark bei ihren Aufschlagspielen. Insgesamt musste sie 6 Breaks zulassen, nahm Hantuchova aber deren 7 ab.

 

4. Runde:   Elena Dementieva (6) - Patty Schnyder (12)    7:6 6:7 2:6
(Mehr Infos und Bilder zu dieser Partie gibt es im Bericht zu
Patty Schnyder.)

Ich verfolgte die Partie zu Beginn mit gemischten Gefühlen. Hier hätte es auch Hantuchova-Schnyder heissen können... Patty Schnyder als Schweizerin müsste meine Favoritin sein, allerdings hatte sich mich letztes Jahr in Paris und Kloten enttäuscht. Auf Elena Dementieva hingegen hatte ich noch meine Wette auf den Turniersieg laufen. Je besser Dementieva in diesem Match aussieht, desto höher ist auch Hantuchova's Leistung im Match zuvor zu werten. Meine Sympathien lagen also etwas mehr bei der Russin.

62 Minuten dauerte der erste Satz. Er wurde im Tie-Break entschieden, in dem die 23-jährige aus Moskau mit 8:6 das bessere Ende für sich behielt. Vom Gewinn des ersten Satzes angestachelt zog Dementieva im zweiten Satz mit 4:0 weg. Sie zeigte ungewohnt viele Emotionen, wollte dieses Partie unbedingt schnell nach Hause bringen. Und bald zeigte sich auch warum. Doch Patty Schnyder biss sich zum Erstaunen aller fest und kam nochmals heran. Jetzt musste sich die Dementieva wegen Blasen an ihrem linken Fuss behandeln lassen. Nach 63 Minuten glich Patty Schnyder dank dem 7:4 im Tie-Break zum Satzausgleich aus.
"Trikotwechsel" gab es nach dem zweiten Satz bei Elena Dementieva. Unfairerweise blieb sie beinahe zehn Minuten in der Kabine, bevor sie wieder zurück kam. Unfair? - In dem Moment schon, als ihre Gegnerin da warten musste. Tags darauf gestand die WTA den Spielerinnen aufgrund der Hitze aber eine Pause von 10 Minuten vor dem entscheidenden dritten Satz zu. Es war
wirklich brennend heiss. Wegen dieser Aktion stellte ich mich nun aber wieder auf die Seite der 26-jährigen Schweizerin. Und es war klar, warum Dementieva diese lange Pause genommen hatte: Ihre Kräfte waren am Ende. 2h 43min gegen Hantuchova und die jetzige Partie gegen Schnyder dauerte insgesamt nur drei Minuten weniger. Bisher hatte Dementieva ihren Wackelschlag, den Service, im Griff gehabt in diesem Match. 2 Doppelfehler (in 6 Aufschlagspielen plus Tie-Break) im ersten Satz, 3 (in 6 Aufschlagspielen plus Tie-Break) im zweiten. Das ist für die Russin eine guter Wert. Im entscheidenden Satz gab es 5 Doppelfehler in 4 Aufschlagsspielen. Zu viel. Die topfitte Schnyder hingegen blieb nach dem Gewinn des zweiten Satzes oben auf und sicherte sich den wichtigen Sieg gegen die Nummer 6 der Welt. 43 Winner gegenüber 55 unforced Errors für die Schweizerin. Unter diesem Bedingungen ist das ein starker Wert. Dementieva's 46 zu 61 stehen dem in Nichts nach.
Nach der 4:0-Führung im zweiten Satz ist dieses Ausscheiden natürlich sehr hart für die zweimalige Grand Slam-Finalistin.

Auf Bild 2 sieht man sehr schön, warum es bei Dementieva mit dem Service nicht klappt. Anstelle den Schlag durchzuziehen und das Racket nach vorne zu führen, reisst sie den Schlag ab und zieht ihn nach links unten. Das hat einen extremen Sliceball zur Folge, der allerdings nur sehr wenig Fahrt erhält. Das geringe Tempo bringt Probleme mit sich, da sich eine relativ grosse Streuung bei der Länge des Balles ergibt. Ins Netz oder zu lang, alles ist möglich, wenn der Arm wackelt. Bei einer Körpergrösse von 180cm ist ihr Aufschlag natürlich ganz klar vergeudetes Potential.

 

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