US Open 2013, New York City |
zurück zur Übersicht Last updated: 30.01.2023 |
Eröffnungsspektakel - Lenny Kravitz, Dutra Silva-Pospisil, Nadal, Wawrinka, Federer, Monfils, Davydenko |
Mein erstes Rockkonzert in einem Tennisstadion. Und erst noch im Grössten der Welt.
Lenny Kravitz (Opening Night)
Was für eine Eröffnung! Lenny Kravitz spielte
zwar nur einen Song. Aber mit seiner Darbietung "Are you gonna go my way" rockte
er das Stadion. Ich muss jetzt doch noch die Wikipedia-Biografie des 49-jährigen in
Brookyln geborenen Leonard Albert Kravitz erwähnen, wonach er Sohn eines
ukrainisch-jüdischen Fernsehproduzenten und einer bahamesisch-afroamerikanischen
Schauspielerin ist.
Rogerio Dutra Silva
(ATP 134)
-
Vasek Pospisil
(ATP 40)
4:6 3:6 7:6 6:2 7:6
Gleich nach Lenny Kravitz' Darbietung
verliess ich das Arthur Ashe Stadium wieder, wo Serena Williams in der Folge
Schiavone mit 6:0 6:1 noch vor dem Regen bezwingen sollte. Es verschlug mich auf
Court 14, wo ich statt einem glatten Dreisatzsieg mein über zwei Tage
hinweggezogenes bestes Match des Turniers erleben sollte.
Schon weit im dritten Satz angekommen stiess ich zur Partie, in der der Kanadier
Pospisil mit zwei Sätzen und einem Break führte und bald bei 5:4 zum Matchgewinn
servieren konnte. Der 23-jährige hatte vor drei Wochen bei seinem Heimturnier in
Montreal mit dem Erreichen des Halbfinals des Masters Series 1000-Turniers und
Siegen über Isner, Stepanek, Berdych und Davydenko überzeugt. Doch im dritten
Satz gegen Dutra Silva musste er sich breaken lassen und verlor den
Tie-Break gegen den brasilianischen Qualifikanten mit 9:11.
Pospisil begann nun mit den ersten Hieben an seinem eigenen Grab zu schaufeln.
Er nahm zum Satzwechsel eine zehnminütige Toiletten- und Umziehpause und rief
bei 0:1 den Physiotherapeuten, was eine weitere Verzögerung von fünf Minuten mit
sich brachte. Viel Zeit also für die müder werdenden Muskeln um so richtig kalt
zu werden. Die Analyse des Physiotherapeuten dauerte weniger als eine Minute und
dieser erklärte ihm, dass Ermüdungserscheinungen nicht zu einer Verletzungspause
führen und dass er sich somit nur während den normalen Seitenwechseln massieren
lassen könne. Es ging also weiter und nachdem Dutra Silva seinen Aufschlag
gehalten hatte, wurde es bei Pospisils Aufschlag dramatisch. Zweimal liess er
während der Ausholbewegung sein Racket fallen, weil Krämpfe in seinen Daumen und
seine Hand fuhren. Einmal servierte er sogar von unten. Auf den Beinen halten
konnte er sich auch kaum mehr, weil die Krämpfe überall auftraten.
Schiedsrichter El Jennati hätte ihm schon lange eine Verwarnung für
Zeitüberschreitung geben müssen, wies ihn aber nur darauf hin. Von Argumenten
und Kräften verlassen brach Pospisil sein Aufschlagspiel bei 0:40 quasi ab und
liess sich beim Seitenwechsel die zur Verfügung stehenden eineinhalb Minuten
lang massieren und flösste sich weiter isotonische Getränke ein. Im nächsten Game war
wieder Dutra Silva mit dem Aufschlag an der Reihe und Pospisil konnte dessen
ersten Ball nicht returnieren, obwohl dieser nur einen halben Meter an seinem
Körper vorbeiflog. Die Krämpfe hatten ihn wieder durchgeschüttelt. Bei 30:0
sandte Petrus erste Regentropfen (Bild 6) und bei 4:0 wurde die Partie unterbrochen. Was
zuerst nach einem schlechten Scherz und nur wenigen Regentropfen ausgesehen
hatte, zog sich in einem leichten Wimbledon-Nieseln einige Zeit dahin bis
tatsächlich grössere Regenwolken daherkamen und sämtliche unterbrochenen Spiele
auf den Dienstag verschoben werden mussten.
In meinem vierten Jahr an den US Open und meinem insgesamt zweiundzwanzigsten
Turniertag erlebte ich meine erste Regenunterbrechung. Auf dem Grossbildschirm
zeigte die Kamera im Arthur Ashe Stadium ausgelassenst tanzende Besucher zu
Gangman Style oder YMCA. Die europäische Dancemusik von Swedish House Mafia oder
Calvin Harris war auch in New York angesagt. Damit bleibt
Miami nicht der einzige Fleck
in den USA für dieses Genre. Bei den Night Sessions der US Open wird ohnehin
viel mit Tanzeinlagen gearbeitet. Da legt ein als Zuschauer verkleideter
Animateur mit wilden Tanzeinlagen los und danach ziehen alle Zuschauer mit
sobald sie von der Kamera erfasst werden.
Mit der dritten Partie am Dienstag ging die Auseinandersetzung zwischen Dutra
Silva und Pospisil auf Court 14 in die Entscheidung. Es war aus meiner Sicht
natürlich etwas unfair gegenüber Dutra Silva gewesen, dass er als physisch
überlegener Spieler am Vortag nicht zum Sieg hatte kommen können. Pospisils
Auseinanderfallen ist an seiner Aufschlagstatistik erkennbar. Auf die 57% erste
Aufschläge im Feld, die 8 Asse und den 1 Doppelfehler im ersten Satz folgten
46%, 5 Asse und 3 Doppelfehler im zweiten Satz, 43%, 5 Asse und 5 Doppelfehler
im dritten Satz und 39%, 0 Asse und 4 Doppelfehler im vierten Satz. Doch nun
stand der Kanadier wieder fit auf dem Platz. Der Brasilianer machte einen
noch fitteren Eindruck. In New York sind diese beiden Nationalitäten gut vertreten
und die Stimmung neben dem Platz war toll. Die Nordamerikaner kochten gegen Ende
des Matches aber wie ihr Protagonist auf dem Platz (Bilder 23 und 26). Denn bei 10:10 im
Tie-Break des fünften Satzes liess El Jennati einen Punkt zu Ungunsten von
Pospisil wiederholen. Der Ball war vom Linienrichter Aus gegeben worden, aber
der Stuhlschiedsrichter sah ihn gut. Wenn er das so sieht, dann muss er auch
einschreiten. Das sah Pospisil natürlich anders und statt mit 11:10 in Führung
zu liegen, verlor er erst
den zu wiederholenden Punkt und sah sich dann bei 10:11 einem Matchball
gegenüber, den Dutra Silva bei eigenem Aufschlag verwertete.
Rafael Nadal
(ATP 2)
-
Rogerio Dutra Silva
(ATP 134) 6:2
6:1 6:0
Auf Sand unterlag Nadal im Februar bei seinem Comeback
nach siebenmonatiger Absenz im Final von Vina Del Mar an Zeballos und später in
Monte Carlo gegen Djokovic. Er gewann in Sao Paolo, Acapulco, Barcelona, Madrid,
Rom und Roland Garros.
Auf Rasen scheiterte er bereits in der ersten Runde in
Wimbledon.
Auf Hartplatz - und das ist die eigentliche Sensation - legte er eine wahre
Dominanz an den Tag und blieb in allen seinen Turnieren in Indian Wells, Montreal, Cincinnati und
an den US
Open unbesiegt.
Daniel
Nestor/Vasek Pospisil
(ATP Doppel 15/150)
-
Mahesh Bhupathi/Philipp Petzschner
(ATP Doppel 10/106)
6:3 7:6
Pospisil wohnt mittlerweile wie sein
Landsmann Nestor auf den Bahamas. Der grösste Erfolg
des 40-jährigen Nestors in dieser Saison war der historische Höhenflug des kanadischen Davis
Cup-Teams, welches seit Einführung der Weltgruppe im Jahr 1981 in selbiger noch
nie einen Sieg hatte feiern können. In diesem Jahr triumphierte man zu Hause
über Titelverteidiger Spanien sowie über Italien. Im zweiten Halbfinalspiel der
kanadischen Geschichte nach 1913 sollte man in der Woche nach den US Open mit
2:3 in Serbien auf Sand scheitern. Nestor/Pospisil hatten ihr Team gar dank
einem 10:8 im fünften Satz über Zimonjic/Bozoljac mit 2:1 in Führung gebracht.
Gegen Italien hatten sie sich mit 15:13 im fünften Satz gegen Bracciali/Fognini
durchgesetzt. Gegen Lopez/Granollers und Spanien waren sie mit 2:6 im fünften
Satz unterlegen. Baumeister des kanadischen Erfolgs ist
Raonic, der die
Truppe um Nestor, Pospisil und Dancevic anführt. In den Einzeln konnte Pospisil
in diesem Jahr keinen Sieg beisteuern.
Stanislas Wawrinka
(ATP 10)
-
Ivo Karlovic
(ATP 79)
7:5 7:5 6:4
In sämtlichen drei Begegnungen der ersten
Woche lag Wawrinka zu Beginn mit einem Break zurück und gewann den ersten Satz
doch noch. Gegen den Aufschläger Karlovic ist dies kein leichtes Unterfangen.
Aber auch mit Stepanek und Baghdatis bekam der Romand bereits früh namhafte
Gegner vorgesetzt. Mit dem Selbstvertrauen seiner bisher stärksten Saison
marschierte Wawrinka durch seine Aufgaben und überzeugte gegen den Weltranglistenfünften Berdych und den Titelverteidiger und Wimbledonsieger
Murray. Damit erntete er sein erstes Halbfinal an einem Grand Slam-Turnier, in
welchem er dem Weltranglistenersten Djokovic nur hauchdünn in fünf Sätzen
unterlag.
Bereits zu Beginn des Jahres war es die vierte Runde an den Australian Open
gegen Djokovic gewesen, die Wawrinka erst mit 10:12 im fünften Satz verloren
hatte und die ihm sein eigenes Potential aufzeigte. Kurz darauf stand Wawrinka
beim 22:24 im Davis Cup
gegen Titelverteidiger Tschechien wieder auf der unglücklichen Seite. Kurz
darauf stellten sich aber die Erfolge ein. Ein Final in Buenos Aires bildete den
Auftakt und seit April mit dem neuen Trainer Magnus Norman folgte der
Turniersieg in Oeiras, die Finalteilname beim Masters Series 1000-Turnier in
Madrid, das Viertelfinal von Roland Garros und überraschenderweise sogar auf
Rasen das Finale von 's-Hertogenbosch. Wawrinka wurde von den Schweizer Medien
und Fans endlich bewusst wahrgenommen und geschätzt und sein Erfolg hat
sicherlich auch mit der schwachen Saison des Übertennisspielers und
Überschweizers Federer zu tun. Wawrinka kroch aus seinem Schneckenhaus hervor
und steht als Gewinnertyp da, auch wenn Federer immer noch vor ihm klassiert
ist.
Im Jahr 2013 haben die Ü30-Spieler zugeschlagen. Karlovic beispielweise hat mit
34 Jahren das Turnier in Bogota gewonnen und damit nach einer fünfjährigen Pause
wieder einen Titel geholt. Ältester Turniersieger der Saison war München-Sieger Haas mit 35
Jahren. Ebenfalls erfolgreich waren der 32-jährige Montanes in Nizza, der
32-jährige Melzer in Winston-Salem, der 31-jährige Lopez in Eastbourne, der
31-jährige Federer in Halle, der 31-jährige Robredo in Casablanca und Umag, der
31-jährige Mahut in 's-Hertogenbosch und Newport, der 31-jährige Youzhny in
Gstaad, der 30-jährige Ferrer in Auckland und Buenos Aires sowie der 30-jährige
Berlocq in Bastad. Die eindrückliche Bilanz für die älteren Semester lautet
damit 11 Spieler und 14 Titel bis zu den US Open.
Nikolay Davydenko
(ATP 42)
-
Rhyne Williams
(ATP 115)
6:3 4:6 1:6 7:5 6:0
32 Jahre alt ist Davydenko und im 13. Jahr
plagt er sich bereits durch die Grand Slam-Turniere. Das ist ganz hart, wenn Du
in der ersten Runde gegen einen 22-jährigen mit einer Wild Card ausgestatteten
Spieler kurz vor dem Aus stehst. Als ich es ihm kaum mehr zugetraut hatte, da
zeigte der russische Haudegen Stehvermögen ging als Sieger vom Platz. Die
Veteranen haben Biss, sonst hätten sie es in ihrer Karriere nie so weit
gebracht.
Williams hingegen muss noch einiges lernen. Mit zwei gewonnenen Sätzen in der
Tennistasche lag er mit 3:0 und dem Doppelbreak vorne. Doch der Rechtshänder aus
Tennessee kassierte das Re-Break zum 3:1 und gab seinen Aufschlag erneut zum 4:4
ab, worauf er sein Arbeitsgerät zerhackte (Bilder 9-10). Nach der Verwarnung für das
Schlägerzerstören gab er beim nächsten knappen Ball noch ein "fuck yourself" von
sich, kam aber ohne eine zweite Verwarnung davon. Die zweite Verwarnung und
damit einen Punktverlust holte er sich dann beim 0:3 im fünften Satz durch eine
erneute Racketvernichtung ab. Dadurch musste er bei eigenem Aufschlag mit 0:15
beginnen. Das ist nicht gerade meine Vorstellung davon, wie man einen
Breakrückstand nochmals drehen könnte. In der Tat verlor Williams die letzten zehn
Games der Partie am Stück. Mit dem Sieg so kurz vor Augen hatte er mit
zunehmendem russischen Gegenwind völlig die Fassung verloren.
Roger Federer
(ATP 7),
Gael Monfils
(ATP 39)
Weil sich Federer auf einem kaum zugänglichen Trainingsplatz aufwärmte
(Bild 2 rechts), stürmten die Fans die
Tribüne auf Court 4 (Bild 2 links), um ihn von dort aus zu beobachten. Der Fankult um Federer
reisst auch trotz Weltranglistenposition 7 nicht ab. Fakt ist allerdings, dass
Federer seit Oktober 2002 nicht mehr so schlecht klassiert war. Angefangen mit
Hingis 1997-2002 und fortgeführt von Federer 2003-2012 war die Schweiz in den
vergangenen 16 Jahren immer mindestens einmal pro Jahr in einem Grand Slam-Final
vertreten. Dass diese unglaubliche Serie jetzt erst zu Ende geht, zeigt wie
eindrücklich diese dank Federer überhaupt erst geworden ist. Mit Federer im
Australian Open-Halbfinal und Wawrinka im US Open-Halbfinal muss sich das
Schweizer Tennis aber auch im Jahr 2013 keineswegs verstecken.
Monfils' Match am Donnerstagabend auf dem
Louis Armstrong gegen Isner sorgte für Gesprächstoff. Isner lag mit zwei Sätzen
in Front und vom Arthur Ashe Stadium strömten die Tennisfans herbei, die soeben
zwei einseitige Favoritensiege von Nadal gegen Dutra Silva (siehe oben) und
Wozniacki miterlebt hatten. Monfils ist ein beliebter Spieler und die Zuschauer
wollten noch mehr Tennis sehen. So schlugen sie sich auf die Seite des Franzosen
gegen den US-Amerikaner und Monfils schnappte sich den dritten Satz. Die
Fernsehkommentatoren wunderten sich sehr und einer von ihnen schloss gar etwas
sarkastisch eine plötzliche Massenmigration aus Frankreich als Grund aus. Doch
Isner setzte sich in vier Sätzen durch und sah die Sache im anschliessenden Platzinterview sehr
sportlich.
Herren Einzel | ||||||
1. Runde | 2. Runde | 3. Runde | 4. Runde | Viertelfinal | Halbfinal | Final |
Stanislas Wawrinka (9) - Radek Stepanek 7:6 6:3 6:2 |
Stanislas Wawrinka (9) - Ivo Karlovic (Q) 7:5 7:6 6:4 |
Stanislas Wawrinka (9) - Marcos Baghdatis 6:3 6:2 6:7 7:6 |
Stanislas Wawrinka (9) - Tomas Berdych (5) 3:6 6:1 7:6 6:2 |
Stanislas Wawrinka (9) - Andy Murray (3) 6:4 6:3 6:2 |
Novak Djokovic (1) - Stanislas Wawrinka (9) 2:6 7:6 3:6 6:3 6:4 |
Rafael Nadal (2) - Novak Djokovic (1) 6:2 3:6 6:4 6:1 |
Angelique Kerber (8) - Lucie Hradecka 6:1 6:1 |
||||||
Roger Federer (7) - Grega Zemlja 6:3 6:2 7:5 |
Roger Federer (7) - Carlos Berlocq 6:3 6:2 6:1 |
Roger Federer (7) - Adrian Mannarino 6:3 6:0 6:2 |
Tommy Robredo (19) - Roger Federer (7) 7:6 6:3 6:4 |
Rafael Nadal (2) - Tommy Robredo (19) 6:0 6:2 6:2 |
Rafael Nadal (2) - Richard Gasquet (8) 6:4 7:6 6:2 |
|
Gael Monfils - Adrian Ungur 6:1 6:2 6:0 |
John Isner (13) - Gael Monfils 7:5 6:2 4:6 7:6 |
Philipp Kohlschreiber (22) - John Isner (13) 6:4 3:6 7:5 7:6 |
Rafael Nadal (2) - Philipp Kohlschreiber (22) 6:7 6:4 6:3 6:1 |
|||
Nikolay Davydenko - Rhyne Williams (W) 6:3 4:6 1:6 7:5 6:0 |
Ivan Dodig - Nikolay Davydenko 6:1 6:4 6:4 |
Rafael Nadal (2) - Ivan Dodig 6:4 6:3 6:3 |
||||
Rogerio Dutra Silva (Q) - Vasek Pospisil 4:6 3:6 7:6 6:2 7:6 |
Rafael Nadal (2) - Rogerio Dutra Silva (Q) 6:2 6:1 6:0 |
|||||
Rafael Nadal (2) - Ryan Harrison (W) 6:4 6:2 6:2 |
Herren Doppel | ||
1. Runde | 2. Runde | 3. Runde |
Nestor/Pospisil - Bhupathi/Petzschner 6:3 7:6 |
Nestor/Pospisil - Robredo/Montanes 4:6 6:2 6:1 |
Bryan/Bryan (1) - Nestor/Pospisil 6:7 7:5 6:2 |