Wimbledon 2011, London |
zurück zur Übersicht Last updated: 06.07.2011 |
Spezialanalysen - Paszek, Tatishvili |
Da habe ich erstmals ausgiebige Statistikerfassung miterlebt. Ich bin ja ein grosser Fan von Statistik. Die Analyse von Tatishvili kann ich hier schon zeigen, da sich die Russen kaum auf meine Homepage verirren werden. Und Tamira wird es mir hoffentlich auch nicht übel nehmen, da ihre Statistik so schön codiert ist, dass der Spionagegehalt dieses Berichts gleich Null ist. Da kommt mir doch umgehend die mögliche Geschäftsidee in den Sinn, die Erfassung elektronisch zu erleichtern. Stellt euch eine individualisierbare App vor, die ihr für die Datenerfassung verwenden könnt und danach über eine Datenbank auswertet. Naja, es würde wohl an der Individualisierbarkeit scheitern. Wenn es das tut, wird der Markt an möglichen Abnehmern zu gering dafür.
Damen Einzel | ||||
1. Runde | 2. Runde | 3. Runde | 4. Runde | Viertelfinale |
Francesca
Schiavone (6) - Jelena Dokic 6:4 1:6 6:3 |
Francesca
Schiavone (6) - Barbora Zahlavova Strycova 7:5 6:3 |
Tamira
Paszek - Francesca Schiavone (6) 3:6 6:4 11:9 |
Tamira
Paszek - Ksenia Pervak 6:2 2:6 6:3 |
Victoria
Azarenka (4) - Tamira Paszek 6:3 6:1 |
Tamira
Paszek - Ayumi Morita 5:7 6:3 6:0 |
Tamira
Paszek - Christina McHale 6:4 6:1 |
|||
Christina
McHale- Ekaterina Makarova (28) 2:6 6:1 8:6 |
||||
Yanina
Wickmayer (19) - Varvara Lepchenko 7:5 6:3 |
Yanina
Wickmayer (19) - Anna Tatishvili 3:6 6:4 6:2 |
Yanina
Wickmayer (19) - Svetlana Kuznetsova (12) 4:6 6:3 6:4 |
Petra
Kvitova (8) - Yanina Wickmayer (19) 6:0 6:2 |
|
Anna
Tatishvili - Anastasia Pivovarova 3:6 6:2 6:3 |
Tamira Paszek -
Ayumi Morita
Als Counterpuncherin hat sich Morita die
Geschwindigkeit der flachen Schläge von Paszek zu Nutzen gemacht. Vom 5:5 im
ersten Satz bis zum 7:5 und 3:0 im zweiten Satz traf die 21-jährige Japanerin
schlichtweg alles. Paszek spielte etwas zu abwartend, so dass Morita das
Spieldiktat übernahm. Das ist man sich von der Österreicherin gar nicht gewohnt.
Normalerweise drückt sie die Gegnerin vom Platz. Die kleine Morita spielte die
Bälle sehr knapp über das Netz und auf Rasen springen die natürlich nicht mehr
hoch auf. Eventuell waren sie etwas zu tief für Paszek, um das eigene Spiel
effektiv aufziehen zu können.
Statt mehr Druck zu machen nahm Tamira im zweiten Satz noch mehr Tempo heraus.
Morita begann plötzlich Fehler zu machen. Der Wind kam zwar recht stark auf,
aber das kann noch nicht die Erklärung sein. Vermutlich machte sich Paszek die
selbe Taktik wie vor fünf
Jahren bei den Juniorinnen zu Nutze. Versuchen, die Winner schlagende
Japanerin in lange Rallies zu verwickeln. Vielleicht hatte sie sich das ja
irgendwo notiert, wenn wir schon beim Thema Spielanalysen sind. :-)
Morita unterliefen nun katastrophale Fehler und Paszek gewann vom 0:3 bis zur
Regenpause völlig überraschend acht Games in Folge. Bei 2:0 im dritten Satz
musste die Partie unterbrochen und auf den nächsten Tag verschoben werden. Auch
wenn es auf dem Centre Court eines gibt. Auf Court 17 hat es kein Dach. Das
Spiel wäre ohnehin nochmals eng geworden. Denn wenn man so leicht zu Punkten
kommt, verliert man auch selbst etwas den Rhythmus und es wird gefährlich, wenn
die Gegnerin wieder aufdreht. Die Regenpause gab Morita nun die Zeit, den Kopf
zu lüften.
Paszek hielt bei der Fortsetzung des Matches ihren Aufschlag zum 3:0. Das war
äusserst wichtig gewesen und bereits die halbe Miete. Doch was Morita im dritten
Satz bei erneut sehr windigen Konditionen bot, war unter allem was sich
Profitennisspielerin nennen darf. Bis zum 0:6 schlug sie in drei Aufschlagspielen
fünf (meterweite) Doppelfehler und insgesamt 14 unerzwungene Fehler bei nur zwei
Gewinnschlägen. Da kann man nur noch Danke beziehungsweise Domo sagen. Wäre
Morita nicht völlig eingebrochen und hätte zwölf Games in Folge abgeschenkt,
dann könnten wir an dieser Stelle nicht über die sensationelle
Wimbledon-Viertelfinalistin von 2011, Tamira Paszek, jubeln.
Christina McHale -
Ekaterina Makarova
Chrstina McHale (WTA 73, 19 Jahre) ist neben
Melanie Oudin (WTA 87, 19 Jahre), Coco Vandeweghe (WTA 102, 19 Jahre), Irina
Falconi (109, 21 Jahre), Alison Riske (WTA 115, 20 Jahre) und Sloane Stephens
(WTA 131, 18 Jahre) eine von vielen jungen US-Amerikanerinnen, die die sich
irgendwann öffnende grosse Lücke der Nach-Williams-Ära so gut wie möglich
schliessen sollen. McHale überzeugte durch ihre ruhige Art und landete mit dem
Erstrundensieg über die gesetzte Makarova einen ordentlichen Coup.
Tamira Paszek -
Christina McHale
Ich war etwas hin und her gerissen, da ich
für die aufstrebende Jugendlichkeit viel übrig habe. Als alteingesessener
Tamira-Fan imponierte mir eben auch McHale. Je mehr ich auf den Auslöser
drückte, desto mehr stach ihre beeindruckende Athletik hervor. Sei es der hohe
Absprung beim Aufschlag oder die bei jeder Anspannung ersichtlichen Muskeln.
Doch trotz des vielversprechenden Eindrucks der 19-jährigen aus New Jersey war
schnell abzusehen, dass ihr gegen Paszek die Abgeklärtheit fehlte. In einigen
Situationen ging sie in leichter Bedrängnis zu schnell auf den Gewinnschlag die
Linie hinunter und verfehlte diesen zu oft. Einmal punktete McHale mit einem
Stoppball, den Paszek nicht mehr erreichte.
Melanie Oudin
sass auf der Tribüne gleich hinter mir und meinte zu ihrem eigenen Trainer
nebenan: "gosh,
I’d have seen this dropshot by a mile". Aber sie kennt McHale natürlich auch
besser.
Francesca Schiavone -
Jelena Dokic
Mit der Finalistin aus
's-Hertogenbosch
wartete in der ersten Runde eine unangenehme Gegnerin auf die diesjährige French
Open-Finalistin. Doch Schiavone behielt die Oberhand.
Tamira Paszek -
Francesca Schiavone
Die Partie
von vor drei Jahren im
Hinterkopf rechnete ich nicht mit einer Überraschung. Vor allem da Schiavone
sich seither zur Grand Slam-Siegerin gemausert hat. Doch als Tamira den zweiten
Satz zu ihren Gunsten drehen konnte, stelle auch ich mich in der Schlange vor
Court 12 an. Bei 3:0 für Tamira durfte ich hinein. Anschliessend musste sie
Schiavone auf 3:2 herankommen lassen. Dann begann es zu regnen. Somit war mein
Besuch dieses Matches leider bereits wieder beendet.
Interessantes konnte ich einen Sitzplatz vor mir trotzdem beobachten. Die
Analyse von Paszeks Spiel (Bild 3) basierte auf der Länge der gespielten Punkte.
Mit einer Stoppuhr wurden die Zeiten jedes einzelnen Ballwechsels gemessen und
notiert. Die weiteren Zeichen links vor der Zeit scheinen Symbole für die
verschiedenen Schläge innerhalb der Ballwechsel zu sein. Sehr aufwändig und
schwer zu interpretieren, aber wohl sehr informativ bei richtiger Anwendung.
Anna Tatishvili -
Anastasia Pivovarova
Sowohl Tatishvili als auch ihr Trainer
verhielten sich sehr emotional. Er sagte nach jedem Punkt irgend etwas in ihre
Richtung. Ausserdem führte er eine Statistik (Bild 7), welche soweit ich das
interpretiert habe in der Tabelle "nur" die Entwicklung des Punktestands zeigt
mit den dazugehörigen klassischen Angaben wie Vorhand, Rückhand, Gewinnschlag
oder Fehler. An grossen Turnieren wie diesem könnte er diese Informationen wie
ich meine sogar von offizieller Seite her beziehen. Ich habe keine Mühe gescheut
und die russischen Notizen oben auf dem Blatt übersetzen lassen. Habe da ja so
meine Kontakte. Aber auch hier notiert sich der gute Herr nicht viel mehr als
ich in meinen Spielberichten auf dieser Homepage auch zum Besten geben würde.
Aufgeschrieben gehen die Informationen natürlich nicht verloren und es kann in
der Nachbetrachtung mit Fakten statt Erinnerungsversuchen gearbeitet werden.
Er schrieb stichwortartig: "... 6 ins Netz! Muss Schlüsse daraus ziehen! ... nur
das Negative. Warf einen Schläger ... Der erste Satz nach dem 3:1 war scheisse.
5 Games in Folge an Pivovarova verloren! Es ist notwendig, nachzudenken! ...
keine Chance ...". Statistik und Analysen hin oder her. Tatishvili hat in
Wimbledon ihr erstes Match an einem Grand Slam-Turnier gewonnen.
Yanina Wickmayer -
Anna Tatishvili
Wickmayer ist ein Beispiel dafür, wie nahe
Erfolg und Misserfolg zusammen liegen. Gegen Tatishvili kam sie nur mit Mühe
durch. In der nächsten Runde feierte sie dann aber einen wichtigen Sieg über die
höher klassierte Kuznetsova und qualifizierte sich damit für die Runde der
letzten 16.