Wimbledon 2008, London |
zurück zur Übersicht Last updated: |
alle Berichte aus der Rabble-Tennisdatenbank zu: Francesca Schiavone, Tamira Paszek, Sara Errani, Jasmin Wöhr |
Spannendstes Match - Francesca Schiavone, Tamira Paszek |
Damen Einzel | |
1. Runde | 2. Runde |
Francesca
Schiavone (20)
- Tamira Paszek 6:3 5:7 10:8 |
Anabel
Medina Garrigues
- Francesca Schiavone (20) 6:3 5:7 7:9 |
Francesca Schiavone -
Tamira Paszek
Als Tamira Paszek-Fan ist man im Moment nicht ganz
sorgenfrei. Seit den Australian Open im Januar gingen zehn von zwölf Begegnungen
verloren. Zuletzt beim Vorbereitungsturnier in Birmingham gegen Tanasugarn sogar
mit 1:6 0:6. Nun wartete mit Francesca Schiavone gleich in der Startrunde eine
gesetzte Spielerin. Die Italienerin feierte am Spieltag ihren 28. Geburtstag.
Sie verfügt über eine Kombination aus Sandplatztennis sowie den Volleys und der
Übersicht einer guten Doppelspielerin. Am ehesten ist ihr Spiel vielleicht mit
demjenigen Kuznetsova's vergleichbar. Voll allem die druckvollen, hoch
abspringenden Bälle auf die Vorhand von Paszek liegen der Österreicherin nicht.
Glücklicherweise verfügte Tamira auf ihrer Vorhandseite aber über eine gute Sicherheit
in ihren Schlägen.
Das Match war als letztes des Tages auf Court 14 angesetzt, wurde jedoch wegen
lang andauernden Partien verschoben. Und zwar salopp gesagt auf "unseren"
Glücksplatz Court 3. Hier hatte ich Tamira
im letzten Jahr in der dritten
Runde über Dementieva sowie in der ersten Runde im Mixed Doppel siegen sehen.
Ein gutes Omen, das meine Hoffnungen auf einen Sieg weckte. Die 17-jährige
zeigte eine sehr starke Vorstellung, wenn man die letzten Resultate als Massstab
nimmt. Vor allem die Prozentzahl des ersten Aufschlags überzeugte mich. Die lag
gesamthaft bei 71%, im ersten und dritten Satz sogar bei 79% und 73%. Nur im von
Dunkelheit und Fortführung geprägten zweiten Satz fiel die Quote auf 65%.
Erstaunlicherweise hat die Vorarlbergerin prozentual aber mehr Punkte beim
zweiten als beim ersten Aufschlag gewonnen. So eine Aufschlagquote verleiht aber
dem ganzen eigenen Spiel eine grössere Sicherheit. Aber wie im letzten Jahr
gegen Dementieva ging
der erste Satz verloren. Es scheint als bräuchte Tamira gegen eine Topspielerin
immer etwas Eingewöhnungszeit, um ins Spiel zu finden, die Handbremse zu lösen
und so richtig in Fahrt zu kommen. Der zweite Satz war auf einem höheren und
ausgeglichenen Niveau, wurde aber bei 4:4 wegen Dunkelheit unterbrochen (Bild 2).
Unterbrechungen kennt Tamira vom verregneten letzten Jahr her und hatte diese
damals jeweils gut nutzen können. Wie im letzten Jahr arbeitet sie nun wieder
mit dem Brasilianer Larry Passos zusammen, der sicherlich einige Tipps auf Lager
hatte. Mein Tipp an dieser Stelle wäre gewesen, dass Tamira auf die auf die
T-Linie unterschnitten gespielten Bälle Schiavone's anders reagiert. Entweder
slicete sie mit ihrer Vorhand zurück oder versuchte gar den cross gespielten
Stoppball. Doch mit diesem Spielmuster hatte die Mailänderin keine Mühe und
wartete nur auf diese Schläge.
Am Dienstag ging es bei 4:4 im zweiten Satz weiter. Da mussten vor
Wiederaufnahme zuerst einmal die Seiten gewechselt werden (Bild 3), damit auch
alles seine Richtigkeit hatte. Das Wichtigste war, sofort stark ins Match zu
finden. Tamira spielte mindestens auf dem Niveau des Vortages, legte einen guten
Start hin und hielt ihre beiden Aufschlagspiele zum 5:4 und 6:5. Schiavone
spielte in dieser Phase einige Bälle zu lang und musste wegen einem
fehlerhafteren Spiel als am Vortag den Satzausgleich hinnehmen. Im
Entscheidungssatz riefen beide ihr bestes Tennis ab. Paszek spielte nun
praktisch keine Slicebälle mehr und die zwei oder drei, die sie trotzdem
gespielt hat, gingen verloren. Francesca Schiavone's beste Spielzüge waren ein
hoher Ball in die eine Ecke und danach der tief gehaltene und hart gespielte
Gewinnschlag in die andere Ecke. Das funktionierte auch anders herum: Erst tief
in die eine Ecke, dann hoch in die andere und dafür zusätzlich dann noch der
erfolgreiche Abschluss am Netz. Es ging in den Longset, bei dem Tamira dieses
Jahr bereits zweimal das Nachsehen hatte. Beim 10:12 gegen Jankovic an den
Australian Open, wo ich durchnächtigt um 4:23 Uhr morgens dann endlich schlafen
ging. Und beim 5:7
gegen Vögele im Fed Cup, wo ich als Schweizer zugegebenermassen auf der
Siegerseite gesessen war.
Die Entscheidung in diesem Match gegen die Weltranglisten-64., die aufgrund
dieser Niederlage um weitere knapp 30 Ränge zurückfallen wird, hatte
letztendlich zwei kleine Gründe. Erstens wurde sie der Devise untreu, gegen
Schiavone niemals Stoppbälle zu spielen. Bei ungefähr 6:6 spielte sie auf einen
dieser kürzeren, tiefen Bälle ihren Stoppball cross. Die falsche Schlagwahl
zwar, doch sie führte in dieser Situation zum Punktgewinn. Leider muss man
sagen. Denn dies ermutigte sie für diese Schlagwahl in den weiteren wichtigen
Phasen des Matches. Bei den später folgenden zwei identischen
Stoppball-Versuchen scheiterte sie dann klar. Zweitens schlug Schiavone von der
Vorteilseite aus in den entscheidenden Momenten sehr stark und erfolgreich nach
aussen auf, was ihr einige freie Punkte bei eigenem Service einbrachte. Eine
Niederlage zwar für Tamira, aber trotzdem eine starke Leistung, die mich wieder
zuversichtlicher in die Zukunft blicken lässt was ihr Tennis anbelangt. Etwas für mich selbst mitgenommen
habe ich aus dieser Begegnung auch. Seit zwanzig Jahren spiele ich den
Rückhandstopp longline. Als Linkshänder verständlich. Seit einigen Jahren ist
auch der Vorhandstopp longline in meinem Repertoire. Aber es gibt eigentlich
keinen Grund, warum ich diese beiden Bälle nicht auch cross spielen könnte. Das
wird vielleicht nicht mein favorisierter Schlag werden, aber es eröffnet mir in
einem Match neue taktische Möglichkeiten, wenn ein Gegner meine Stopps
durchschaut.
Damen Doppel | |
1. Runde | 2. Runde |
Schiavone/Errani
- Wöhr/Paszek 7:5 7:6 |
Medina
Garrigues/Ruano Pasqual (5)
- Schiavone/Errani 6:1 6:3 |
Francesca Schiavone/Sara Errani -
Jasmin Wöhr/Tamira Paszek
Tag drei in Wimbledon und es ging für Tamira
bereits wieder gegen Francesca Schiavone... Die Italienerin ist eine starke
Doppelspielerin, hatte mit Landsfrau Errani an diesem Turnier aber keine
arrivierte Doppelpartnerin an ihrer Seite. Eventuell wurde diese Paarung im
Hinblick auf die Olympischen Spiele im August in Peking gebildet. Paszek und
Wöhr sind völlig unterschiedliche Spielertypen. Während die reine
Doppelspielerin Wöhr mit Serve & Volley den Weg ans Netz sucht, bliebt Tamira am
liebsten hinten an der Grundlinie. Bei den Volleys ist sie unsicher. Diese
Kombination hat zur Folge, dass wenn sich eine der beiden im Match wohlfühlt und
gut spielt, die andere dies dann automatisch nicht tut oder tun kann. Ausserdem
stimmte die Abstimmung im deutsch-österreichischen Team beim erstmaligen
gemeinsamen Auftritt noch nicht. Trotzdem ist es gut für Tamira, mit einer
Doppelspielerin an den Start zu gehen. Mit 17 Jahren kann sie in Sachen Doppel
noch vieles lernen und ihr Spiel verbessern.
Der Rasenbelag wirkte sich ungünstig auf den Aufschlag von Jasmin Wöhr aus. Sie
spielt einen Kick-Aufschlag, um der Gegnerin einen schwierigen Ball vorzusetzen
und selbst genügend Zeit zu haben, um ans Netz vorzurücken. Doch auf Rasen
springt der Ball nicht so hoch ab wie gewünscht, verliert einiges an Drall und
ist schneller. In einem Doppel fehlen zwar die detaillierten Statistiken pro
Spielerin, aber es war offensichtlich, dass Tamira's Quote beim ersten Aufschlag
weit unter derjenigen im Einzel lag. Das Erfolgsrezept hiess, am Netz auf Sara
Errani zu spielen. Das funktionierte ziemlich gut. Zum Sieg gereicht hat es
trotzdem nicht, obwohl Tamira kurz vor Feierabend - ich glaube es war die Abwehr
eines Matchballes - einen longline Passierball sensationell an die Seitenlinie
gehämmert hatte. Natürlich mit ihrer Rückhand, spielt sie im Doppel doch
verständlicherweise auf der Vorteilseite. Nach dem Handshake unterhielten sich
Tamira und Francesca noch nett miteinander, nachdem sie sich nun bereits den
dritten Tag nacheinander auf dem Tennisplatz gegenüber gestanden waren.