Wimbledon 2011, London |
zurück zur Übersicht Last updated: 30.01.2023 |
Team GB - Robson, Watson |
Der Schotte Andy Murray ist der einzige britische
Tennisspieler an der absoluten Weltspitze. Über ihn gibt es im Bericht zu den
Top 4 mehr zu erfahren.
Dahinter folgt im Herrentennis im Einzel weiterhin eine grosse Leere.
Bei den Damen verfügt Grossbritannien mit Baltacha, Watson, Keothavong und
Robson über ein komplettes Fed Cup-Team mit Top 100-Potential. Das sollte sich
innert kurzer Frist im Aufstieg in die Weltgruppe II niederschlagen. Vielleicht
schon im nächsten Jahr. Vor allem die 19-jährige Watson (US
Open-Juniorensiegerin 2009) und die 17-jährige Robson
(Wimbledon-Juniorensiegerin 2008) stehen im tennisverrückten Königreich unter
Beobachtung durch die Öffentlichkeit. Hauptsächlich natürlich während des
heimischen Grand Slams in Wimbledon.
Über gute Doppelspieler verfügt Grossbritannien traditionell, wobei aktuell
niemand in den Top 20 mitmischen kann. Mit sieben Herren in den Top 100 der
Doppelweltrangliste ist in Wimbledon aber für einige heimische Beteiligung in
den Teamevents gesorgt, was zusätzlich mit der Vergabe Wild Cards unterstützt
wird.
Damen Einzel | |
1. Runde | 2. Runde |
Laura
Robson (W) - Angelique Kerber 4:6 7:6 6:3 |
Maria
Sharapova (5) - Laura Robson (W) 7:6 6:3 |
Laura Robson -
Angelique Kerber
Das sah lange nach einer weiteren Enttäuschung in
zwei Sätzen aus für Robson, bevor die Londonerin das Ruder kurz vor dem Ende des
zweiten Satzes herumreissen konnte. Da will Laura oft einfach zu viel. Ihr Ziel
sollte nicht sein, perfekt zu spielen, sondern einfach sehr gut zu spielen. Das
bringt letztendlich mehr Erfolge und weniger Ärger.
Unterhaltsam ist ein Robson-Match meistens, da sie ihre Unzufriedenheit nach
aussen hin mitteilt. Deshalb starte ich die Rubrik "Englisch mit Laura", die
ihre ersten beiden Ausdrücke mit "that's
so bad" aus Roland Garros 2009 und "dear"
für einen Stoppball in 's-Hertogenbosch, der zwei Meter vor dem Netz landete,
bereits kennt. Man muss sich das in einem recht quengligen Ton und mit relativ
hoher, enttäuschter Stimme vorstellen. Gegen Kerber kam "Laura, move forward"
hinzu, nachdem sie nicht richtig in einen Vorhandball gegangen war.
An den 53 Gewinnschlägen und 30 unerzwungenen Fehlern gegenüber den 29
Gewinnschlägen und 15 unerzwungenen Fehlern von Kerber im Duell der beiden
Linkshänderinnen ist das Potential, aber auch die Anfälligkeit der 17-jährigen
zu erkennen. Ihre beste Schläge sind die Vorhand die Linie hinunter sowie die
Vorhand inside out. Sie weicht kaum von der Grundlinie zurück. Für mich als
Linkshänder ist das beim Zuschauen natürlich fast, als würde ich selber spielen.
Maria Sharapova -
Laura Robson
Das wichtigste
Tennisturnier der Welt in Kombination mit den sensationshungrigen englischen
Medien trägt natürlich umgehend seine Früchte. Was antwortet man in einem
Interview, wenn man nach den Chancen gegen Sharapova gefragt wird? Natürlich
sagt man, dass man an seine Chance glaubt. Als grosse Schlagzeile klingt das für
mich dann aber natürlich schnell nach Eigenüberschätzung. Vor allem wenn man
gerade erst seinen allerersten Matchgewinn an einem Grand Slam-Turnier erzielen
konnte. Mit einem Blitzstart von 3:0 und der letztendlich knappen Niederlage von
6:7 3:6 hat sich Robson gegen Sharapova aber mit einer erfreulichen Leistung aus
der Affäre gezogen. Die Russin erwischte die junge britische Linkshänderin oft
auf der Vorhandhandseite. Aber irgend eine Seite muss man ja abdecken
beziehungsweise offen lassen.
Olga Govortsova/Alla
Kudryavtseva -
Anne Keothavong/Laura
Robson
Beim Aufwärmen die Gegnerin mit dem
allerersten Aufschlag gleich abzuschiessen, habe ich erstens noch nie gesehen
und bringt einem zweitens natürlich keine neuen Freunde. Keine neue Freundin von
Robson (Bilder 1 und 4) ist daher Kudryavtseva. Die Russin, die vor drei Jahren
Sharapova in der zweiten Runde von Wimbledon besiegen konnte, fand das nicht
lustig. Teamkollegin Keothavong und die Zuschauer hingegen schon, versuchten das
den Gegnerinnen aber natürlich nicht zu offensichtlich zu zeigen. Revanche nahm
das gegnerische Team, als es im zweiten Satz wie am Schnürchen lief. Da
passierten sie Robson oft am Netz und spielten sie hart an. Wobei nicht ganz
klar ist, ob das als abschiessen, als dumm aussehen lassen oder einfach als ein
die schwächere Spielerin anspielen bezeichnet werden sollte. Allgemein nutzen
alle Spielerinnen die Waffe der Longlinepassierbälle häufig und erfolgreich.
Keothavong/Robson kamen sehr gut gelaunt auf den Platz. Doch nach der
5:2-Führung ist ihnen diese immer mehr vergangen. Bis auf je einen
Aufschlaggewinn von Robson und Keothavong im zweiten Satz verloren sie zehn von
zwölf Games. Daher gibt es einen weiteren Ausspruch für meine Rubrik "Englisch
mit Laura", der da heisst: „Laura, it’s shocking“.
Sophie Lefevre/Evgeniya
Rodina -
Heather Watson/Jocelyn
Rae
Wenn ein Team mit einer Wild Card auf ein Team
trifft, dass nach verfehlter Qualifikation als Lucky Looser nachgerückt ist,
dann gilt es seine Chancen zu nutzen. Das haben die Lucky Looser getan. Auf der
Hand liegt, dass Lefevre mit ihren üppigen Massen eine reine Doppelspezialistin
ist.
Heather Watson/Ross
Hutchins -
Rennae Stubbs/Marcelo
Melo
Im Einzel hatte Watson eine bittere Niederlage
hinnehmen müssen. Behindert durch eine Verletzung am Schlagarm verlor sie in
drei Sätzen gegen Mathilde Johansson. Weinend im anschliessenden Interview wurde
sie getröstet, dass Fussballspieler Rio Ferdinand auf Twitter gerade "unfortunate
to see Heather Watson lose today, she looks a real prospect. Talent + guts"
geschrieben hatte.
Watson antwortete schluchzend mit einem Lächeln, dass sie das sehr freue, da
auch sie ein ManU-Fan sei. Nach der enttäuschenden Niederlage im Damen Doppel
nur wenige Stunden zuvor konnte sie im Mixed doch noch ein Erfolgserlebnis
feiern. Watson/Hutchins waren als Aussenseiter in diese Partie gegangen. Die
Doppelspezialisten Stubbs und Melo waren danach entsprechend enttäuscht. Für das
Publikum sind solche Matches immer eine wunderbare Angelegenheit. Es muss nicht
immer Federer oder Nadal sein. Gib den Briten eine Wild Card und es wird ein
stimmungsvolles Match. Hutchins zeigte auch im Herren Doppel an der Seite von Fleming starke
Leistungen. Die beiden erreichten das Viertelfinale. Seit 1993 hatte das kein
britisches Team mehr geschafft. Kein grosser Leistungsausweis also für das
britische Tennis der vergangenen zwanzig Jahre.
Watson zeigte eine gute Körpersprache, war
immer bereit und beging in den wichtigen Phasen keine Doppelfehler. Wenn alle
Spieler am Netz standen und Watson vollieren musste, spielte sie den Volley
meistens genau auf den Gegner zurück. Hier wäre ein besseres Auge für die Lücke
wünschenswert. Sie ist
vielleicht auch etwas zu klein gewachsen. Ihr Profil auf der WTA-Tour sagt 1,70m.
Aber ich schätze sie kleiner ein. Bei Robson steht auch 1,80m. Aber auf dem
Bild neben mir ist sie
kleiner als ich. Und ich bin definitiv 1,78m. Heisst also, dass auf den
WTA-Profilen gelogen wird wie gedruckt.
Beliebt im Mixed Doppel scheint der Handtuchtausch zu sein. Die Herren haben bereits
genügend der begehrten violett-grünen Handtücher, während die Damen die hellblau-pinken Ausgaben in und auswendig kennen. Deshalb wird im Mixed kurzum
getauscht, damit man auch die andere Version mitgehen lassen kann.
Jocelyn Rae/Colin
Fleming -
Arantxa Parra
Santonja/Marc
Lopez
Im Mixed Doppel herrscht immer eine gute
Stimmung innerhalb der Teams. Ich schaue mir diese Matches sehr gerne an, da oft
gelacht wird. Auch wenn Sieg oder Niederlage hier weniger bedeutend sind als im
Einzel, so verdienen doch einige Spieler ihr Geld hiermit. Vor allem die
Doppelspezialisten sind motiviert und wissen, wie wichtig eine gute Stimmung im
Team ist. An den olympischen Spielen im nächsten Jahr werden erstmals Medaillen
im Mixed Doppel vergeben. Die grosse Bedeutung einer olympischen Medaille und
die geringe Anzahl von 16 zugelassenen Teams werden dem olympischen Mixed Doppel
aber ein anderes Gesicht geben.
Der Handtuchtausch (Bilder 10 und 11) fand auch hier statt.