Rabble-GrandSlam-Reise nach Melbourne 2005

zurück zur Übersicht         Last updated:

Svetlana Kuznetsova - Excellence in Doubles
Alicia Molik - Aussie, Aussie, Aussie: oi, oi, oi!

 

Svetlana Kuznetsova und Alicia Molik sind ein gutes Beispiel für einen kontinuierlichen Aufstieg bis an die Weltspitze. Das geht oftmals nicht von heute auf morgen und benötigt einen soliden Aufbau.
Kuznetsova, die erst 19-jährige Russin stieg im Herbst 2002 dank starken Leistungen in die Top 50 ein. Über das Jahr 2003 konservierte sie ihr Ranking und verbesserte sich leicht bis an die Top 30 heran. Aber 2003 war dafür das Jahr, in dem sie sich auf das Doppel konzentrierte und an der Seite von Martina Navratilova "in die Lehre" ging. Sie war als Juniorin bereits eine starke Doppelspielerin (US Open-Sieg 2001) und sammelte Ende 2002 erste Erfahrungen auf der Tour mit der starken Doppelspielerin Aranxta Sanchez-Vicario. Das Doppelfinale bei den US Open 2003 zusammen mit Martina Navratilova war der Lohn für eine starke Doppelsaison. Im Jahr 2004 ging es dann in beiden Disziplinen ab wie die Feuerwehr. Drei Grand Slam-Finals im Doppel zusammen mit Elena Likhovtseva. Allerdings gingen alle drei gegen Ruano Pasqual/Suarez verloren. Im Einzel war sie ein Teil der russischen Erfolgserie und gewann ihren ersten Major-Titel bei den US Open 2004. Ihre spielerischen Wurzeln liegen weder in Moskau (Myskina, Dementieva), noch im Bolletieri-Camp in Florida (Sharapova). Die St. Petersburgerin ging vor einigen Jahren in ein Trainingscamp nach Valencia in Spanien.
Molik, 23-jährig aus Adelaide, wohnhaft in Melbourne, stand Ende 2001 zwar bereits in den Top 50, musste 2002 aber einen Rückschlag hinnehmen. Rang 100 zum Ende einer durchzogenen Saison. Seither ging es kontinuierlich aufwärts. Rang 35 Ende 2003 und dank ihrem bisher grössten Sieg an der Swisscom Challenge in Kloten beendete sie das Jahr 2004 nahe an den Top 10. Die stärkste Waffe der Australierin ist ihr Aufschlag. 1998 gewann sie die Junioren-Doppelkonkurrenz der Australian Open.

 

Damen Einzel 1. Runde:   Alicia Molik (10) - Anabel Medina Garrigues   6:1 6:3

Natürlich ist eine erste Runde gegen Anabel Medina Garrigues für die Gewinnerin des Vorbereitungsturniers in Sydney eine Woche zuvor nicht der grosse Prüfstein. Aber dennoch war es sehr imponierend, wie eine vor Selbstvertrauen strotzende Alicia Molik gegen die Nummer 38 der Welt aufgetreten ist.

Die 183cm grosse Australierin beeindruckte durch ihren Aufschlag und ihr Powertennis. Alicia Molik ist kräftig gebaut und gut durchtrainiert. Darauf basiert auch ihr Spiel und sie macht sich diese Vorteile zu nutzen.
Sie servierte zwar nur 3 Asse und es unterliefen ihr genau so viele Doppelfehler. Der schnellste Service mit 193km/h ist aber schon beeindruckend. Mit 28 Winner bei 29 unforced Errors war sie die klar spielbestimmende Akteurin auf dem Platz.

Dabei waren der Erwartungen doch schon ziemlich gross, die an sie gestellt wurden. Es ist eine Mischung zwischen Unbekümmertheit, Selbstvertrauen und Druck. Anscheinend konnte sie damit gut umgehen, da die Erfolgswelle sie trägt. Alle ihre Partien im Einzel wurde in der Rod Laver Arena angesetzt, oft sogar in der Night Session. Erstmals seit Jahren hatten die Fans wieder eine Australierin mit Titelambitionen. Mit einem aktuellen Höchststand beim Ranking von Platz 13 ist es eigentlich etwas verwegen, vom Titel zu sprechen. Aber alle hatten die Hoffnung in ihren Köpfen, dass Australien dank Alicia Molik neben Lleyton Hewitt noch ein zweites heisses Eisen im Feuer auf einen Titelgewinn hat. Aber wie gesagt, Alicia Molik konnte gut damit umgehen. Einerseits, weil sie zur Zeit in der Form ihres Lebens spielt. Andererseits, weil auch eine Niederlage kein Beinbruch gewesen wäre. Sie "muss" nicht gewinnen.
Sie schien beliebter zu sein als Lleyton Hewitt, hatte ich den Eindruck. Jedenfalls gab es bei ihr den "nationalen Schlachtruf": "Aussie: oi!, Aussie: oi!, Aussie Aussie Aussie: oi oi oi!!!" öfters zu hören.

 

Damen Einzel 2. Runde:   Alicia Molik (10) - Aiko Nakamura (Q)   6:2 6:4

Grosse Worte waren nach dem Sieg in der Night Session vom Donnerstag zu hören. Alicia Molik auf die Frage nach einer möglichen vierten Runde gegen Venus Williams: "I'm playing in the same league now". Da hat sie zwar eigentlich recht, aber die Leistung, die sie zuvor gegen Nakamura gezeigt hatte, war zu fehlerhaft. Zwar gelangen der Australierin 25 Winner, davon 9 Asse. Aber 32 unerzwungene Fehler in einem so kurzen Match sind zu viel. Ausserdem gab es von der Qualifikantin Schützenhilfe. 5 Doppelfehler im ersten Satz, insgesamt 27 unerzwungene Fehler. Vor allem der zweite Satz war langweilig und auf einem schwachen Niveau.

Damen Einzel 4. Runde:   Alicia Molik (10) - Venus Williams (8)   7:5 7:6
Im bezug auf das Match gegen Venus Williams behielt Alicia Molik allerdings recht. Als ich mir auf Phillip Island die Pinguine angesehen habe, entschied die 23-jährige zur selben Zeit das Spiel der vierten Runde gegen die zwei Jahre ältere US-Amerikanerin zu ihren Gunsten. Dank dem knappen Erfolg zog Molik erstmals in das Viertelfinale eines Grand Slam-Turniers ein.

 

Damen Einzel 4. Runde:   Svetlana Kuznetsova (5) - Vera Douchevina   6:4 6:2

Die US Open-Titelhalterin spielte sich ohne Satzverlust bis in die Viertelfinals. Ich hatte mir von ihrer Gegnerin ein bisschen mehr Gegenwehr erhofft. Die 18-jährige Douchevina setzt nämlich gerade zum Durchbruch in die Top 50 an. Die Juniorensiegerin 2002 in Wimbledon und der Orange Bowl hat endgültig bei den Profis Fuss gefasst. Das Erreichen der vierten Runde ist ein Erfolg für Douchevina. Dort wurden ihr von der ein Jahr älteren Svetlana Kuznetsova allerdings die Grenzen aufgezeigt. Nur 5 Winner für Douchevina gegenüber 29 bei der Gewinnerin.

Auf den Bildern 2 und 3 ist sehr schön zu erkennen, worin sich die Weltranglistenfünfte von den anderen starken Russinnen unterscheidet. Zwar gewinnt auch Svetlana Kuznetsova ihre Punkte grundsätzlich dank harten Grundlinienschlägen, aber sie spielt mit mehr Top Spin als die anderen Spielerinnen. Die Bilder erinnern ein wenig an ihre männlichen Kollegen, die Iberer und die Südamerikaner. Klare Erkennungsmerkmale ihres Trainings an der Sanchez-Casal Akademie in Barcelona.
Kuznetsova's Beine deuten darauf hin: Sie kommt aus einer Bahnradfahrerfamilie. Der Vater ist Coach, die Mutter mehrfache Weltmeisterin und ehemalige Weltrekordhalterin und ihr Bruder Olympia-Medaillengewinner.

 

Damen Einzel Viertelfinale:   Svetlana Kuznetsova (5) - Maria Sharapova (4)   6:4 2:6 2:6
(Mehr Infos und Bilder zu dieser Partie gibt es im Bericht zu Maria Sharapova.)

Die aktuelle US Open-Siegerin trifft auf die Wimbledon- und Masters-Titelhalterin. Was für eine Affiche zwischen der Nummer 5 und Nummer 4 der Weltrangliste. Und das bereits im Viertelfinale!

Das beste Spiel des Tages. Doch es sah zu Beginn nach einer einseitigen Angelegenheit aus. Denn Sharapova wirkte bereits angeschlagen, als sie auf den Platz kam. Sie kam mir vor wie eine 60 Jahre alte Dame, die bei einem Ausflug in Alice Springs aus dem klimagekühlten Bus an die brennende Hitze aussteigen musste. Der erste Satz ging verdient mit 6:4 an Kuznetsova.

Nach acht Tagen Live-Tennis versuchte ich mich weiter ein bisschen damit, in die Psyche einer Spielerin einzudringen und sie zu unterstützen. Normalerweise bleibt das Daniela Hantuchovà vorbehalten, aber diesmal hatte ich es auch bei Maria Sharapova versucht. Deshalb nämlich, weil ich Svetlana Kuznetsova für das anschliessende Doppel gegen Daniela noch etwas müder und niedergeschlagener sehen wollte. "Come on, Maria, fight!" bei 4:5 im ersten Satz waren die magischen Worte. Denn in ihrem Spiel geht alles über Power und heute wirkte sie völlig kraftlos. Im zweiten und dritten Satz hat sie sich dann reingebissen, zeigte Emotionen und hat die Partie für sich entschieden. Maria Sharapova ist eine Langsamstarterin. Schon zum dritten Mal musste sie nun nach verlorenem Startsatz eine Aufholjagd starten.
Svetlana Kuznetsova hatte es eilig nach dem Match. Auf Bild 4 ging sie für den Handshake sogar auf die Seite der jubelnden Gewinnerin hinüber, denn ihr Doppel war ursprünglich so angesetzt worden, dass es in 30 Minuten hätte beginnen sollen.

 

Damen Doppel Viertelfinale:   Kuznetsova/Molik (6) - Hantuchová/Navratilova   6:3 6:0
(Mehr Infos und Bilder zu dieser Partie gibt es im Bericht zu Daniela Hantuchovà.)

Svetlana Kuznetsova bekam nach ihrem Einzel noch eine kleine Verschnaufpause. Ihr wurden zwei Stunden Pause zugestanden. Aufgrund der 'Extreme Heat Policy' wurde die Partie in der Vodafone Arena bei geschlossenem Dach ausgetragen.

Aber weder physisch noch psychisch merkte man der Russin etwas an. Sie war für mich sogar die stärkste Spielerin auf dem Platz. Alicia Molik hat mit ihrem grandiosen Aufschlag den Grundstein für den Erfolg gelegt. Der Kopf des Doppels ist aber ganz klar Svetlana Kuznetsova. Sie hatte vor zwei Jahren eine ganze Saison lang mit Martina Navratilova zusammen gespielt und es schien so, als ob sie das Spiel der 48-jährigen in- und auswendig kennt. Das ermöglichte ihr, zu unglaublichen Passierbällen anzusetzen, welche allesamt ihr Ziel fanden.

Offensives, erfolgreiches Tennis. Ich hatte noch nie zuvor so ein gutes und beeindruckendes Damendoppel gesehen. Auch wenn Hantuchovà/Navratilova zugegebener Massen einen schlechten Tag einzogen. Das lag in erster Linie wohl auch an ihren Gegnerinnen.

 

Damen Einzel Viertelfinale:   Alicia Molik (10) - Lindsay Davenport (1)   4:6 6:4 7:9
(Mehr Infos und Bilder zu dieser Partie gibt es im Bericht zu Lindsay Davenport.)

Nach dem 2:1 für Lindsay Davenport im ersten Satz verliess ich das Stadion, weil in der Margaret Court Arena Patty Schnyder zeitgleich in ihrem Viertelfinale anzutreten hatte. Beides waren regelrechte Thriller, die mehr als zweieinhalb Stunden andauerten. Aber da musste ich mich entscheiden.

Das Spiel zwischen Lindsay Davenport und Alicia Molik fand seinen Höhepunkt im entscheidenden dritten Satz. Zuvor gab es jeweils mehr unerzwungene Fehler als Gewinnschläge. Im dritten Satz aber spricht alleine schon die Statistik für ein hochklassiges Match. Bei den Winnern lag Davenport mit 25 zu 23 vorne. Demgegenüber standen bei ihr nur 15 unforced Errors. 13 waren es bei Molik. Bei den Assen, welche in den Winnern bereits eingerechnet sind, schlug Molik im dritten Satz mit 9 eines mehr als die US-Amerikanerin. Das glücklichere Ende, vielleicht aufgrund der grösseren Erfahrung, behielt die Weltranglistenerste für sich. 5 von 9 (56%) Breakchancen verwertet. Die Australierin hingegen benötigte für ihre 4 Breaks insgesamt 15 Chancen (27%).

 

Damen Doppel Halbfinale:   Kuznetsova/Molik (6) - Myskina/Zvonareva (7)   6:2 6:3
(Mehr Infos zu dieser Partie gibt es im Bericht zu Anastasia Myskina.)

Für mich war es sonnenklar, dass es Saures geben würde für die beiden Russinen im Spiel gegen Kuznetsova/Molik. Denn Myskina/Zvonareva bleiben ja grundsätzlich hinten und vertrauen auf ihre Grundlinienschläge. Aber diese Taktik funktioniert gegen ein offensives Weltklassedoppel natürlich nicht mehr. Auf Bild 1 sieht man die Verhältnisse auf dem Court und welches der beiden Teams Druck entwickeln und die Ballwechsel dominieren konnte. Wer so exzellent spielt, hat gut lachen. So sehen wir die beiden auf Bild 2.

 

Damen Doppel Finale:   Kuznetsova/Molik (6) - Davenport/Morariu (15)   6:3 6:4
(Mehr Infos zu dieser Partie gibt es im Bericht zu Lindsay Davenport.)

Nach vier Finalniederlagen im Doppel reichte es für Svetlana Kuznetsova zusammen mit ihrer neuen Partnerin Alicia Molik endlich zum Sieg. Auch für die Australierin war es der erste Grand Slam-Titel.
Die beiden profitierten natürlich auch von dem Fernbeleiben der Weltranglistenersten und Seriensiegerinnen Ruano Pasqual/Suarez, die aufgrund einer Verletzung der Argentinierin nicht zum Turnier antreten konnten. Aber selbst mit einer Paola Suarez in Topform als Gegnerin hätte ich dem neuen Traumduo Kuznetsova/Molik einen Turniersieg zugetraut.

 

zurück zur Übersicht