Fed Cup Schweden - Grossbritannien

zurück zur Hauptseite         Last updated: 17.12.2013

Fed Cup 2008 - Europa/Afrika-Zone I - Budapest

Fed Cup 2010 - Europa/Afrika-Zone I - Lissabon

Fed Cup 2011 - Weltgruppe II - Schweden-Ukraine

Fed Cup 2011 - Weltgruppe II/EA - Schweiz-Schweden

Fed Cup 2012 - Europa/Afrika-Zone I - Eilat

20.-23. April 2012

Play-Off der Weltgruppe II im Fed Cup 2012 vom 21./22. April 2012 in Boras (SWE)

 

Die Schwedinnen haben wie fast schon üblich einen langsamen Hartplatz in der Halle gewählt. Wie Laura Robson vom Gästeteam passend ausführte: "It’s quite a slow court... ahm... depending on how fast you’re hitting actually." Wie wahr, wie wahr...

  • Sofia Arvidsson durchlebt gerade eine sehr starke Phase. In Memphis im Februar konnte sie den zweiten WTA-Turniersieg ihrer Karriere feiern. Vor einer Woche stand sie mit Kanepi im Doppelfinale von Kopenhagen. Trotz der sehr ausgeglichenen Ausgangslage sehe ich sie leicht in der Favoritenrolle und erwarte zwei Siege im Einzel von ihr.
  • Für Johanna Larsson sollte ein Sieg in einem der beiden Einzel drinliegen. In diesem Jahr hat sie mit einer 3:8-Matchbilanz noch keine Erfolgserlebnisse feiern können.

 

Schweden:
Sofia Arvidsson
Johanna Larsson
Hilda Melander
Ellen Allgurin
Einzel
54
71
468
953
Doppel
75
87
676
-
Johan Hedsberg, Anne Sundquist, Ellen Allgurin, Hilda Melander, Johanna Larsson, Sofia Arvidsson, Maria Strandlund-Tomsvik

 

Die Britinnen waren 1993 zum letzten Mal in der Weltgruppe vertreten. Sie sind auf Augenhöhe mit den Schwedinnen und haben ebenfalls eine Weltgruppen II-taugliche Mannschaft. Ich hege auch grosse Sympathien für dieses Team, die ich für das Wochenende aber hinten anstellen werde.

  • Elena Baltacha und Anne Keothavong sind die bestklassierten Spielerinnen im Team und hatten in Israel die Einzel bestritten. Es bestehen aber durchaus auch Möglichkeiten zu einem Wechsel.
  • Watson/Robson haben in Israel ausschliesslich die Doppel gespielt und waren dort stets erfolgreich. Das sagt in einem allfällig entscheidenden Doppel aber weder etwas über die Besetzung noch über die Favoritenrolle aus.

 

Grossbritannien:
Elena Baltacha
Anne Keothavong
Heather Watson
Laura Robson
Einzel
63
79
115
121
Doppel
-
131
180
1058
Elena Baltacha, Anne Keothavong, Heather Watson, Laura Robson, Judy Murray
Fed Cup Schweden - Grossbritannien
 Spieltag  Spielstand  Spiel 1  Spiel 2  Spiel 3
 Samstag
 .
 2:0
 .
 Larsson - Baltacha
 6:1 7:5
 Arvidsson - Keothavong
 6:1 6:4
 
 Sonntag
 .
 4:1
 .
 Arvidsson - Robson
 6:4 1:6 6:3
 Larsson - Keothavong
 7:6 3:6 6:4
 Melander/Allgurin - Watson/Baltacha
 6:7 1:6


St. Gallen, Göteborg, Boras
Beim
notwendigen Umweg mit dem Linienbus über Göteborg stiegen wir genau an der Haltestelle bei der Svenska Mässan um, in der ich mir vor fünf Jahren die Davis Cup-Partie zwischen Schweden und Argentinien angeschaut hatte.


Boras
Boras ist eine Stadt mit 65'000 Einwohner und einer wirtschaftlichen Tradition in der Textilindustrie. Vergleichbar also mit St. Gallen. Allerdings wirkt Boras doch etwas verschlafener.

Elena Baltacha, Anne Keothavong, Heather Watson, Laura Robson, Judy MurrayMaria Strandlund-Tomsvik, Ellen Allgurin, Hilda Melander, Johanna Larsson, Sofia Arvidsson
Teampräsentation
Etwas vom Berühmtesten in Boras geschah im Jahr 1963, da die Beatles in der Borashallen ein Konzert gaben. Das veranlasste das britische Team in selbiger Halle zum Lied "Twist and shout" einzulaufen und einen solchen Twist (Bild 3) aufs Parkett zu legen.

Johanna Larsson
1:0   Johanna Larsson (WTA 71) - Elena Baltacha (WTA 63)
Die erwartet enge Partie nahm aufgrund des Blitzstarts von Larsson schnell eine klare Richtung an. Die 23-jährige Schwedin startete mit starken Aufschlägen. Beide Spielerinnen konnten in diesem Jahr auf der WTA-Tour kaum Matchgewinne feiern (Larsson 3, Baltacha 2). Dieser wichtige Sieg für Larsson gibt ihr Selbstvertrauen und der schwedischen Mannschaft dank dem Erfolg ihrer Nummer 2 Spielerin über der Nummer 1 Spielerin Grossbritanniens bereits einen grossen Vorteil.
Die kleine Delegation britischer Fans dominierte die Stimmung in der Borashallen. Durchwegs stimmen sie vom Ende eines Punktes bis zum Beginn des Nächsten jeweils immer einen Schlachtruf an. Sehr laut und penetrant, aber fair und unglaublich amüsant wie ich fand. Sie waren mit einem unterschiedlichen Fanshirt pro Spielerin ausgerüstet. Ich denke da hat der britische Verband seine Portokasse geöffnet. Ihr eingängigster Spruch im ersten Match war "Say uh ah Baltacha, say uh ah Baltacha."


2:0   Sofia Arvidsson (WTA 54) - Anne Keothavong (WTA 79)
Arvidsson stellte ihre starke Form mit dem klaren Gewinn des ersten Satz unter Beweis. Im zweiten Satz wurde die Partie zäher und es schlichen sich mehr Fehler ein. Es gab in diesem Match einige Breaks mehr als in der ersten Partie des Tages. Die beiden 28-jährigen Kontrahentinnen sind in ihrer Laufbahn bereits einige Mal aufeinander getroffen. Arvidsson konnte den siebten Sieg im elften Spiel feiern.
Auf Bild 8 sind die Schwedinnen im Gespräch mit Sandra Roma in der roten Jacke, die letztes Jahr noch zum Team gehört hatte. Bei den beiden Spielerinnen auf Bild 3 handelt es sich nicht um Fluglotsen, sondern es wird das Y des Village People Songs YMCA dargestellt. Bei den Seitenwechseln gab es übrigens nur zwei Personen, die zu jeder Musik mitsangen. Als erste Person bin ich auf der einen Seite gesetzt. Als zweite Person war es auf der anderen Seite des Platzes Laura Robson. Sie war auch die einzige Britin, die die Hymne mitgesungen hatte.


Boras
Drei Diskotheken gibt es in Boras und alle schliessen um 1:30 Uhr. So lässt sich das Nachtleben zusammenfassen. Bis zur Sperrstunde war die Stimmung aber ausgelassen.

Nachtrag Mai 2012: Bei einem von uns noch nie zuvor gehörten Lied war die Stimmung in der Diskothek plötzlich auf dem Siedepunkt. Es handelte sich um den Eurovision Song Contest-Beitrag Schwedens. Einen Monat später gewann der Titel Euphoria von Loreen den Wettbewerb.

Heather WatsonSofia ArvidssonHeather Watson
3:0   Sofia Arvidsson (WTA 54) - Laura Robson (WTA 121)
Auf die Frage im Interview nach dem ersten Spieltag auf fedcup.com zu ihren Entscheidungskriterien für die Aufstellung vom Sonntag antwortete Grossbritanniens Captain Judy Murray, sie müsse die Frische und die Begierde der Spielerinnen in Betracht ziehen. Das deutete eindeutig auf den Einsatz einer jungen Spielerin hin. Da Watson im Februar klar gegen Arvidsson verloren hatte, kam Robson berechtigterweise zum Handkuss.
Der Start verlief für die 18-jährige Robson schlecht. Sie lag 1:5 und 30:40 zurück. Mit drei Assen in Folge begann nun aber ihre grosse Phase. Bis zum Ende des zweiten Satzes war es die junge Britin, die neun von elf Games gewann. Jetzt verstehe ich auch ihre Aussage
"It’s quite a slow court... ahm... depending on how fast you’re hitting actually." Denn wenn man die Bälle so schlägt wie Robson, dann ist jeder Platz ein schneller Platz!
Beide Spielerinnen haben ihre Stärke in der Offensive. Für beide ging es deshalb darum, das Spiel diktieren zu können. Arvidsson gelang Mitte des dritten Satzes das entscheidende Break. Bei 5:2 hatte sie sechs Matchbälle, die die Linkshänderin Robson mit ihrem starken Aufschlag auf der Vorteilseite und einigen beherzten Gewinnschlägen aber alle zu Nichte machte. Bei 5:3 und eigenem Aufschlag führte die Schwedin dann aber mit 40:0 und konnte ihren insgesamt neunten Matchball verwerten und so den Aufstieg in die Weltgruppe II ins Trockene bringen.

Laura RobsonLaura Robson
Laura
Das war wirklich herzzerreissend, wie Laura minutenlang heulte.
Sie ist eine Spielerin für die grossen Auftritte. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sie auf der WTA-Tour die nötige Konstanz wird an den Tag legen können, um im harten Alltagsgeschäft zu bestehen. Denn verfolgt man sie auf Twitter, dann erlebt man ein sehr begeisterungsfähiges Mädchen mit vielen Flausen im Kopf. Diese Hingabe nach der bitteren Niederlage fasse ich aber so auf, dass sie den Willen dazu hat.
Ausserdem zeigt es mir, dass die beiden britischen Nachwuchshoffnungen Robson und Watson, die bei der ganzen Erwartungshaltung und den Medien durchaus einen Konkurrenzkampf laufen haben könnten, ein sehr gutes Verhältnis zueinander haben.

Nachtrag Juni 2012:
In einem Interview mit einem britischen Tennismagazin hat Laura Robson die Frage nach ihrem bisher besten Match mit dem Fed Cup-Einzel gegen Arvidsson beantwortet. Dies trotz der Niederlage. Im Verlauf des Sommers sollten aber weitere Erfolge hinzukommen, die das Arvidsson-Spiel übertreffen würden wie die Olympische Silbermedaille im Mixed Doppel oder die Siege an den US Open über Clijsters bei deren letzten Turnier und Li.

Johanna LarssonJohanna LarssonAnne KeothavongLaura Robson, Heather Watson
4:0   Johanna Larsson (WTA 71) - Anne Keothavong (WTA 79)
Auf der Erfolgswelle reitend tankte Larsson im nun bedeutungslosen Match mit dem Sieg über Keothavong weiter Selbstvertrauen. Wobei sich das Spiel aus Zuschauersicht doch sehr in die Länge zog. Die mittlerweile mit ihrer Stimme kämpfenden britischen Fans wurden hingegen immer kreativer. Zuerst einmal wiesen mit dem Ruf "We've got Annie's brother. We've got Annie's brother." darauf hin, dass sich Anne's jüngerer Bruder (Bild 5) zu ihnen gesellt hatte. Ihr älterer Bruder James ist übrigens Schiedsrichter auf der Tennistour. Danach wandelten sie den Hit von Joy Division zu "Anne, Anne will tear you apart again." ab und erfanden eine neue Version von Papa Roach's Song Last Resort mit "Cut the Swedes into pieces, this is Keothavong."

Hilda Melander, Ellen AllgurinHeather WatsonHilda Melander, Ellen AllgurinHilda MelanderEllen AllgurinHeather Watson, Elena Baltacha
4:1   Hilda Melander/Ellen Allgurin (WTA 676/-) - Heather Watson/Elena Baltacha (WTA 180/-)
Die schwedischen Ersatzspielerinnen überraschten mit einer schnellen 3:0-Führung, wobei die Herrlichkeit mit dem Verlust des ersten Satzes im Tie-Break vorbei war. Melander praktizierte zu Beginn des Matches selbst gegen die WTA-Spielerinnen erfolgreich ihre ausgefallenen Aufstellungen. Da stehen bei eigenem Aufschlag schon mal beide Spielerinnen in der selben Platzhälfte. Mit zunehmendem Spielverlauf wurde sie etwas zurückhaltender was die Aggressivität der Aufstellungen betraf. Allgurin servierte nicht mehr so stark und gegen Melander wurden beim Aufschlag auf der Einstandseite immer wieder Fussfehler gegeben.
Allgurin steht momentan auf Position 20 der Juniorenweltrangliste. An diesem Wochenende machte sie aber keinen fokussierten Eindruck. Vor allem auf der Bank beim Zusehen der anderen Partien machte sie einen gelangweilten und abwesenden Eindruck. Wir erklärten uns das mit Liebeskummer. Könnte so sein, muss aber nicht. Die britischen Schlachtenbummler riefen "School in the morning. Yes you've school in the morning! School in the moooooorning. Yes you've got school in the morning!". Bleibt anzumerken, dass Allgurin einerseits nur vier Monate jünger als Robson ist, andererseits im Vergleich zur Britin aber doch um einiges jünger wirkt.
Baltacha hat seit Wimbledon 2010 kein Doppel auf der WTA-Tour mehr bestritten. Ihre Leistung in diesem abschliessendem Doppel hat mich auch keineswegs überzeugt, obwohl sie nach schwachem Beginn immerhin den Kampf annahm und sich voll in die Partie reinhängte. Alles andere als ein Sieg wäre eine Blamage für die Britinnen gewesen. In den letzten beiden Matches ist mir aufgefallen, dass sich Judy Murray jeweils unmittelbar nach der Partie die Spielerin zur Seite nahm und mit ihr eine Spielanalyse durchführte.

Ellen Allgurin, Hilda Melander, Johanna Larsson, Sofia Arvidsson
Weltgruppe II
Der unmittelbare Wiederaufstiegs ist geschafft. Die Schwedinnen haben es aufgrund des neuen Fed Cup-Rankings für die Auslosung der Begegnung im nächsten Jahr sogar unter die vier gesetzten Teams der Weltgruppe II geschafft.
In Boras sind am Sonntag nur wenige Restaurants geöffnet. Dieser Fakt brachte es mit sich, dass das schwedische Fed Cup-Team plötzlich in dem Restaurant auftauchte, in dem Roland und ich bereits zu Abend assen. So konnten wir noch kurz mit dem Team plaudern und uns verabschieden. Bis zum nächsten Mal. ;-)

 

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