Wimbledon 2011, London |
zurück zur Übersicht Last updated: 30.01.2023 |
Junge Wilde - Tomic, Raonic, Dimitrov, Harrison, Stebe, Gulbis |
In Wimbledon machte eine nachrückende Tennisgeneration mit Tomic 18, Raonic 20, Dimitrov 20, Harrison 19 und Stebe 20 erstmals auf breiter Front an einem Grand Slam-Turnier auf sich aufmerksam. Da verliert einer wie Gulbis mit seinen 22 Jahren den Titel eines "Jungen Wilden" zwangsläufig.
Herren Einzel | |||||
1. Runde | 2. Runde | 3. Runde | 4. Runde | Viertelfinal | Halbfinal |
Milos
Raonic (31) - Marc Gicquel (L) 6:3 7:6 6:3 |
Gilles
Muller (W) - Milos Raonic (31) 2:3 ret. |
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Ryan
Harrison (L) - Ivan Dodig 7:6 6:0 7:5 |
David
Ferrer (7) - Ryan Harrison (L) 6:7 6:1 4:6 6:3 6:2 |
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Grigor
Dimitrov - Cedrik-Marcel Stebe (Q) 7:5 7:5 7:6 |
Jo-Wilfried
Tsonga (12) - Grigor Dimitrov 6:7 6:4 6:4 7:6 |
Jo-Wilfried
Tsonga (12) - Fernando Gonzalez 6:3 6:4 6:3 |
Jo-Wilfried
Tsonga (12) - David Ferrer (7) 6:3 6:4 7:6 |
Jo-Wilfried
Tsonga (12) - Roger Federer (3) 3:6 6:7 6:4 6:4 6:4 |
Novak
Djokovic (2) - Jo-Wilfried Tsonga (12) 7:6 6:2 6:7 6:3 |
Jo-Wilfried
Tsonga (12) - Go Soeda (L) 6:3 7:6 6:2 |
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Robin
Söderling (5) - Philipp Petzschner 6:4 6:4 2:6 7:6 |
Robin
Söderling (5) - Lleyton Hewitt 6:7 3:6 7:5 6:4 6:4 |
Bernard
Tomic (Q) - Robin Söderling (5) 6:1 6:4 7:5 |
Bernard
Tomic (Q) - Xavier Malisse 6:1 7:5 6:4 |
Novak
Djokovic (2) - Bernard Tomic (Q) 6:2 3:6 6:3 7:5 |
|
Lleyton
Hewitt - James Blake 6:1 7:6 6:7 6:3 |
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Bernard
Tomic (Q) - Nikolay Davydenko (29) 7:5 6:3 7:5 |
Bernard
Tomic (Q) - Igor Andreev 4:6 5:7 6:3 6:4 6:1 |
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Dmitry
Tursunov - Ernests Gulbis 6:3 3:6 7:6 7:6 |
Jürgen
Melzer (11) - Dmitry Tursunov 6:3 2:6 7:6 7:6 |
Bernard Tomic -
Nikolay Davydenko
Bei den Junioren stand Tomic an der
Weltranglistenspitze in der Kategorie U12, U14, U16 und U18. Ins Hauptfeld von
Wimbledon spielte er sich über die Qualifikation. Gegen den gesetzten
Davydenko war er gemäss Wettquoten sogar der Favorit. Diesem Anspruch wurde Tomic gerecht. Bei den Aufschlagspielen des 18-jährigen war der Ball nie lange
im Spiel. Bis zum 5:5 war das Spiel ausgeglichen. Dann gelangen dem Australier
gleich zwei Breaks in Folge, was Davydenko gleich den ersten und den zweiten
Satz kostete. Der Russe fühlte sich sichtlich unwohl auf dem Rasen. Das machte
sich sogar in Doppelfehlern bemerkbar. Deren sechs unterliefen dem Russen im
gesamten Match. Im zehnten Versuch war es die sechste Erstrundenniederlage für
Davydenko in Wimbledon. Nur einmal hatte er die vierte Runde erreicht und nur
ein weiteres Mal die dritte Runde.
Australien war an diesem Wimbledon die unterklassierteste Nation im
Herrentennis. Die gefährlichen Hewitt als Nummer 130 und Tomic als Nummer 158
der Weltrangliste waren ihre stärksten Vertreter. Daneben stand nur noch
Qualifikant Matosevic als Nummer 150 im Hauptfeld.
Robin Söderling -
Lleyton Hewitt
Seit seinem Titelgewinn sind zwar bereits neun Jahre
vergangen. Aber Hewitt ist neben Federer und Nadal der einzige aktive Spieler,
der Wimbledon gewinnen konnte. Gegen Söderling holte er sich den Tie-Break der
ersten Satzes etwas überraschend. Danach war er aber der bessere Spieler, bis er
im dritten Satz erstmals gebreakt wurde. Das zweite Break der Partie für Hewitt
gelang ihm im fünften Satz. Hier kann man ihm einzig vorwerfen, dass er dieses
gleich wieder hergegeben hat. Das wäre seine Chance gewesen, die sich ihm doch
recht überraschend geboten hatte. Hewitts knappe Niederlage ebnete aber etwas
den Weg für seinen Landsmann Tomic, der Söderling zwei Tage später besiegen
konnte.
Vor allem in den wichtigen Phasen der Partie nagelten sich beide Spieler
gegenseitig auf der Rückhand fest. Das sieht man auch dem Platz an, der generell
an der Grundlinie auf der Rückhandseite der Rechtshänder am schnellsten
abgenutzt ist. Söderling schlug wie gewohnt stark auf. Sein schnellster
Aufschlag war 220km/h schnell und ihm gelangen 28 Asse. Auch Hewitt gelangen 15
Asse. Allerdings war sein schnellster Aufschlag nur 195km/h schnell. Vor allem
beim Tempo des zweiten Aufschlags wird es für ihn jeweils kritisch. Im
Durchschnitt servierte er diese mit 150km/h.
Nachtrag Dezember 2015: Nach Wimbledon spielte Söderling in seiner Karriere noch ein einziges Turnier: Sein Heimturnier in Bastad Mitte Juli 2011, das er zum zweiten Mal gewinnen konnte. Es war bereits sein vierter Turniersieg der Saison. Insgesamt erzielte er 10 ATP-Turniersiege. Der grösste davon war das 1000er-Turnier von Paris-Bercy. Berühmt machten ihn aber seine zwei Finalteilnahmen beim Grand Slam-Turnier in Paris. In Roland Garros 2009 beendete er Nadals Ungeschlagenheit in Paris und ermöglichte Federer die Komplettierung des Karriere-Grand Slams. In Roland Garros 2010 besiegte er Federer, der nur noch dieses eine Match hätte gewinnen müssen, um seine Anzahl Wochen als Nummer 1 der Welt von 285 Wochen zu verlängern und Rekordhalter Sampras mit 286 Wochen abzulösen. Das gelang dem Schweizer bis in den Sommer 2012 nicht mehr, als er dann aber doch noch 17 Wochen obendrauf legen konnte. Ausserdem stoppte er mit diesem Sieg Federers Grand Slam-Rekordserie von 23 Halbfinalteilnahmen in Folge. Das pfeiffersche Drüsenfieber setzte Söderling seit dem Sommer 2011 ausser Gefecht. Er liebäugelte stets mit der Wiederaufnahme des Trainings und einer Rückkehr auf die ATP World Tour. Seit 2012 hat der Schwede eine Tochter. Seit 2014 ist er Turnierdirektor des ATP-Turniers in Stockholm. Ende 2015 hat der 31-jährige nun offiziell seinen Rücktritt bekanntgegeben und jegliche Spekulationen und seine eigenen Hoffnungen beendet.
Milos Raonic -
Marc Gicquel
Da er im letzten Jahr in
Wimbledon noch nicht dabei war, ist der Weltranglisten-26. Raonic auf der "rasenbereinigten"
Setzliste nur an Position 31 gesetzt. Nichts desto trotz ist klar, dass der
1,96m grosse Kanadier als starker Aufschläger ein Spiel hat, dass für Wimbledon
sehr geeignet ist. Die Partie gegen den Lucky Looser Gicquel, der erst ganz
kurzfristig für Fognini nachrückte, begann Raonic gleich mit drei Assen in
Folge. Insgesamt schlug er in drei Sätzen 25 Asse.
Zu Beginn seines zweiten Matches gegen Muller rutschte er leider aus und
unglücklich beinahe in den Spagat, worauf er sein Wimbledon-Abenteuer
verletzungsbedingt aufgeben musste.
Grigor Dimitrov -
Cedrik-Marcel Stebe
Der Name Stebe ist noch
recht unbekannt. Doch ich mag die Schläge des Deutschen, die ohne grossen Spin
versetzt sind. Auch bei Netzangriffen wirkt das bei ihm sehr abgeklärt. In dieser
Rasensaison konnte er mit den überraschenden Qualifikationen für die Hauptfelder
in Halle und Wimbledon erstmals auf der Profitour auf sich aufmerksam machen.
Der beeindruckendste Schlag in Dimitrovs Spiel ist seine gewaltige Top
Spin-Vorhand.
Jo-Wilfried Tsonga -
Grigor Dimitrov
Auf Court 1 habe ich normalerweise keinen Zugang.
Das Ende dieser Partie konnte ich mir aber dank einem Tickettausch anschauen. Es
war ein kurioser vierter Satz. Tsonga lag 1:3 zurück und sah dann bei 5:3
bereits wie der sichere Sieger aus. Er konnte sich letztendlich aber erst mit
10:8 im Tie-Break durchsetzen. Vorbildlich beim Franzosen war, dass er sich auch
nach Punktverlusten positiv mit der Faust in Richtung seiner Bank anfeuerte und
nicht lamentierte. Er stösst oft ans Netz vor, wobei die Erfolgsquote im vierten
Satz mit 16 aus 26 (62%) nicht überzeugend war. Im gesamten Match lag sie bei
71%. Grund dafür waren die starken Passierbälle des Bulgaren oder teilweise auch
etwas ungestüme Vorstösse von Tsonga. Zum Ende der Partie gab es ausgehend von
Tsonga sehr sportliche Gesten der Akteure, die sich nach hartem Kampf beide
feiern liessen.
Ryan Harrison -
Ivan Dodig
Wie schnell sich die Tenniswelt doch ändern kann.
Am Samstag vor Wimbledon stand Dodig noch im Finale von
's-Hertogenbosch.
Gleichentags unterlag Harrison in der letzten Qualifikationsrunde zu Wimbledon
gegen Stebe. Der US-Amerikaner tickte danach aus und zertrümmerte seinen
Schläger ausgiebigst unter den Worten "fuck everything". Dabei schaut der
19-jährige Harrison doch wie ein braver Schuljunge aus. Dass er aus sich
herausgehen kann zeigte er aber auch beim Siegesjubel über Dodig. Als Lucky Looser
doch noch ins Hauptfeld gerückt, besiegte er den Kroaten in drei Sätzen. Um auf
Rasen wirklich einzuschlagen klebte mir Harrison aber zu sehr an der Grundlinie.
Das kann aber auch damit zu tun gehabt haben, dass es sich um die letzten Punkte
des Matches handelte. Da verlässt einen dann doch oft der Mut für einen
Netzvorstoss. Dodig hingegen zeigte mit einer Angriffslust das pure Gegenteil davon.
Dmitry Tursunov -
Ernests Gulbis
Fila liess Tursunov mit einer Trainerjacke im
Retrostil antreten (Bild 1). In dieser hatte Becker im Jahr 1989 seinen dritten
Wimbledonsieg gefeiert.
Gulbis schien im letzten Frühjahr seine Vorschusslorbeeren endlich bestätigen zu
können. In Rom hatte er Federer bezwungen und war danach im Halbfinale erst in
drei Sätzen an Nadal gescheitert. Als höchste Klassierung trug ihn das bis auf
Position 21. Mittlerweile steht er aber wieder auf Platz 74 und muss sich
vielleicht bald von der nächsten Generation überholen lassen.