Zurich Open 2007 |
zurück zur Übersicht Last updated: 28.04.2008 |
alle Berichte aus der Rabble-Tennisdatenbank zu: Justine Henin, Tatiana Golovin, Nicole Vaidisova, Francesca Schiavone |
Das Finalwochenende - Justine Henin, Tatiana Golovin, Nicole Vaidisova, Francesca Schiavone |
Haupttableau: Der Weg der Halbfinalistinnen | |||||
1. Runde | 2. Runde | Viertelfinale | Halbfinale | Finale | Siegerin |
Justine Henin (1) - bye . |
Justine Henin (1) - Vera Zvonareva 6:3 6:1 |
Justine Henin (1) - Agnieszka Radwanska (L) 6:4 6:2 |
Justine Henin (1) | Justine
Henin (1) 3:6 6:3 7:5 |
Justine
Henin (1) 6:4 6:4 |
Nicole Vaidisova - Katarina Srebotnik 6:4 6:2 |
Nicole Vaidisova - Jelena Jankovic (3) 6:4 6:4 |
Nicole Vaidisova - Alona Bondarenko 6:1 6:4 |
Nicole Vaidisova | ||
Tatiana Golovin - Maria Kirilenko 6:3 6:4 |
Tatiana Golovin - Ana Ivanovic (4) 6:3 6:1 |
Tatiana Golovin - Marion Bartoli (9) 4:5 ret. |
Tatiana Golovin | Tatiana
Golovin 6:0 6:4 |
|
Francesca Schiavone - Elena Dementieva 4:6 6:1 4:2 ret. |
Francesca Schiavone - Patty Schnyder 2:6 6:3 6:4 |
Francesca Schiavone - Svetlana Kuznetsova (2) 6:3 3:3 ret. |
Francesca Schiavone |
Justine Henin
- Tatiana Golovin
In Stuttgart vor
zwei Wochen hatte ich auf das Henin/Golovin-Finale auf Kosten des
ATP-Finale in Metz verzichtet. Der Sieg Henins schien mir ausser Frage zu
stehen. Dass Golovin sich dann über drei Sätze wehren konnte, war doch
eher eine Überraschung. Nach den Leistungen im Halbfinale schien mir ein Sieg Golovins
hier in Zürich aber tatsächlich in Reichweite.
In einem guten Zürcher Ambiente liess vor allem der Beginn der Partie
hoffen. Nach 17 Minuten stand es erst 1:1. Danach zeigte die französische
Herausforderin ihre Waffen, dank den sie sich in den letzten Matches eine
15:2-Siegesbilanz erspielt hatte. Mit ihrer Vorhand aus der Rückhandecke
heraus setzte sie Akzente. Immer wieder versuchte sich Golovin mit
Stoppbällen, welche Henin allerdings oft erlief. Hier wäre es eine
Variante, wenn die 19-jährige Golovin ihren Rückhandstopp nicht immer
longline auf die Vorhand ihrer Gegnerin, sondern cross ansetzen würde.
Dank eines Breaks führte die Weltranglisten-18. früh mit 4:1.
Doch bei allem Lob für die 19-jährige stand auf der anderen Seite
natürlich die Weltranglistenerste mit einer Saisonbilanz von 58:4 Siegen.
Ein erster Schritt in Richtung neunter Titelgewinn des Jahres war Henins
Re-Break zum 3:4. Danach warf bei 4:4 und 15:30 aus Sicht der
aufschlagenden Golovin diese entnervt ihr Racket auf den Boden und griff
sich ein Neues. Nach dem erneuten Break zum 4:5 nahm sich die in Miami
lebende Französin eine Verletzungspause. Nun war auch ihr Frust
verständlich. Schuld war einmal mehr einer der dick getapten Füsse, diesmal
der Linke. Wegen dem rechten hatte sie dieses Jahr in Roland Garros passen
müssen. Die letzten erfolgreichen Wochen auf Hartplatz hatten natürlich
einiges an Belastung mit sich gebracht. Dieser Umstand war eine
Vorentscheidung für Henin, da man dem Druck der siebenfachen Grand
Slam-Siegerin nur standhalten kann, wenn man hundertprozentig fit ist.
Mit sechs Games in Folge übernahm Henin das Zepter und führte im zweiten
Satz dank einem Startbreak 1:0. Doch wie gestern liess die 25-jährige aus
Liège das unnötige umgehende Re-Break zu. Schon im ersten Satz hatte sie
ihr Aufschlagsspiel zum 3:1 wie aus heiterem Himmel abgegeben. So etwas
ist man sich von der Belgierin nicht gewohnt. Mit dem erneuten Break zum
2:1 bog Henin dann aber definitiv auf die Erfolgspur ein. Bei der dritten
Teilnahme in Zürich holte sie sich nach 2003 den zweiten Titel. Selbst in
einer Woche, in der sie ihr Tennis nicht auf dem ultimativen Level
präsentieren konnte, überstand sie die vielen Favoritenstürze
unbeschadet und strahlte als Turniersiegerin.
Eine spezielle Widmung gab von den Darstellern des "We will rock
you"-Musicals, die das Publikum bereits vor dem Match mit einer
Einlage einstimmten (Bild 1). Einer der Sänger änderte "We are the
Champions" zu "Justine is the Champion" ab, was exzellent
passte und beiden Spielerinnen ein Lachen aufs Gesicht zauberte (Bild 5).
Justine Henin -
Nicole Vaidisova
Bei Nicole Vaidisova vergisst man schnell, dass sie erst 18-jährig ist.
Schliesslich gab sie ihr Profidebüt schon mit 15 Jahren und qualifizierte
sich vor drei Jahren bereits für die US Open. Ich habe immer noch meine Aussage
im Raum stehen, dass die Tschechen mit Berdych und Vaidisova einmal
gleichzeitig beide Nummern 1 der Welt stellen werden. Bei Berdych habe ich
so meine Bedenken. Bei Vaidisova allerdings sollte dem eigentlich Nichts
im Wege stehen. Aus den Top 100 hat innert Jahresfrist nur Serena Williams
weniger gespielt als die Tschechin mit ihren 13 Turnierteilnahmen. Da war
zwar eine Handgelenksverletzung an der Schlaghand im Mai sowie ein viraler
Infekt im Juli und August, doch die 18-jährige sortiert ihre
Turnierauftritte schon sehr sorgfältig aus. Im Mai auf
Weltranglistenposition 7 klassiert findet sie sich zur Zeit auf Rang 15
wieder.
Auf den ersten Blick wirkt das Spiel von Nicole Vaidisova eher hölzern,
der Blick trügt aber. Denn neben kraftvollem Powertennis hat hat die
aufschlagstarke Spielerin technisch Vieles zu bieten. Der Slice ist gut
gespielt, der Top Spin kann variiert werden, die Stoppballversuche kommen,
die tiefen Bälle bringt die 181cm grosse Tschechin gut zurück und auch
die Anlagen für ein sauberes Volleyspiel wären vorhanden, wobei sie hier
lieber mit einem Drive Volley agiert.
Justine Henin zog nicht ihren besten Tag ein. Im ersten Satz konnte sie keinen ihrer vier Breakbälle nutzen und musste bei der einzigen Chance
gegen sich sogar den Aufschlagverlust zulassen. Vaidisova, die sich immer und
immer wieder aus der Bredouille retten konnte, sicherte sich im vierten
Aufeinandertreffen mit Henin den ersten Satzgewinn. Auch im zweiten Satz
fiel das entscheidende Break zum 4:3. Diesmal zu Gunsten Henins, die wie zuvor
Vaidisova den Satz sicher ausservieren konnte. Auffallend war, dass
keine der vier Halbfinalistinnen während den Pausen die Hilfe ihres
Coaches in Anspruch nahm.
Den dritten Satz eröffnete die 167cm grosse Belgierin mit einem weiteren
Break. Dass sie nach vier Spielgewinnen in Folge danach ihren eigenen
Aufschlag ebenfalls abgab, war doch sehr ungewöhnlich. Nun war die
Aufschlagsdominanz gebrochen und es folgten drei weitere Breaks in Folge
bis zum 3:2 für Henin. Weiter vergab die Belgierin bei 5:3 zwei
Matchbälle und verlor danach ihr Servicegame zum 5:5. In der
Verlängerung rückte die Weltranglistenerste die Sache dann aber doch
noch zu recht.
Die ambitionierte Vaidisova ist ruhiger geworden und lässt die
Brechstange mittlerweile zu Hause. Doch bei ausgelassenen Chancen sieht
man ihr an, wie sehr es in ihr drin brodelt (Bilder 6-7). Henin ihrerseits
muss ihre Interviews #1-würdig
gestalten. Da ist jedes Mal in einem einschläfernden Ton zu hören, dass
es ein hartes Match war, dass das nächste Match hart werden wird, dass
die Gegnerinnen gut sind und sie konzentriert auf den Platz gehen und
Spiel für Spiel nehmen muss. Das sind nicht die Aussagen, die bei den
Fans die grossen Emotionen hervorrufen.
Tatiana
Golovin - Francesca Schiavone
Im Gegensatz zu Henin nutzt Golovin Interviews zur Imagepflege. Mit ihrem
russischen Aussehen, dem französischen Charme und der amerikanischen
Gelassenheit geizt sie weder mit kecken Antworten noch mit Komplimenten.
Wobei Letztere bei zu häufiger Verwendung etwas aufgesetzt wirken. Die
Gelegenheit zu Interviews erhält die gebürtige Russin dank ihren starken
Leistungen in letzter Zeit öfters. Aktuell scheint sie mir die
formstärkste Spielerin zu sein, was wohlverstanden aber nicht heisst,
dass sie auch die beste Spielerin ist.
Nach der knappen Fed Cup-Niederlage im Juli auf Sand, durch die sich die
Titelverteidigerinnen aus Italien wiederum überraschend für das Finale
qualifizieren konnten, gewann Golovin die letzten beiden Duelle gegen
Schiavone auf Hartplatz klar. Im Hinblick auf diese Partie sagte sie jedoch vor dem Match, dass eine Begegnung gegen Schiavone
aufgrund deren Top Spin-Schläge immer sehr physisch und auch psychisch
anstrengend sei.
Nach der schnellen 3:0-Führung entschied sich das Glück (und die
Klasse?) für die in Florida lebende Golovin. Bei 15:40 wehrte sie erst
einen Breakball ab und servierte danach drei Asse in Folge. Zwei davon
waren allerdings sehr umstritten und Schiavone haderte mit Schiedsrichter
Ramos (Bild 3).
Nach dem Debakel im Startsatz meldete sich die in London wohnhafte
"Spätstarterin" Schiavone wie schon in den Partien zuvor gegen
Dementieva und Schnyder im zweiten Satz zurück. Sie agierte sicherer und
konnte mehr Druck machen. Doch Golovin vertraute weiter auf ihre starke
Vorhand. Schon fast wie die spanischen Sandplatzspezialisten spielte sie
diese aus der Rückhandecke inside out und forcierte das Tempo bei
passender Gelegenheit dann mit dem Schlag die Linie entlang. Ein einziges
Break zum 5:4 reichte, um das Match danach mit einem engen Aufschlagspiel
nach Hause zu bringen.