Wimbledon 2011, London |
zurück zur Übersicht Last updated: 30.01.2023 |
Die Favoritinnen - S. Williams, V. Williams, Sharapova, Bartoli, Li, Azarenka |
In einem sehr ausgeglichenen Damenfeld, aber auf die Spezialitäten des Rasentennis und des bedeutendsten Turniers der Welt in Wimbledon ausgerichtet, sind die bisherigen Siegerinnen zu favorisieren. Mit Fragezeichen sind das die Williams-Schwestern mit der fünffachen Siegerin Serena Williams, die seit ihrem Titelgewinn 2010 fast ein Jahr lang kein Turnier mehr bestritten hat. Ebenso wie Serena hat Venus erst in der Woche vor Wimbledon in Eastbourne ihre Rückkehr in das Tennisgeschehen gegeben. Die vierfache Wimbledonsiegerin war seit den Australian Open ausgefallen. Anders hingegen zeigt sich der Formstand bei Maria Sharapova. Die Siegerin von 2004 spielt in diesem Jahr verletzungsfrei und hat wieder zur absoluten Weltspitze aufgeschlossen.
Damen Einzel | ||||||
1. Runde | 2. Runde | 3. Runde | 4. Runde | Viertelfinal | Halbfinal | Final |
Maria
Sharapova (5) - Anna Chakvetadze 6:2 6:1 |
Maria
Sharapova (5) - Laura Robson (W) 7:6 6:3 |
Maria
Sharapova (5) - Klara Zakopalova 6:2 6:3 |
Maria
Sharapova (5) - Shuai Peng (20) 6:2 7:6 |
Maria
Sharapova (5) - Dominika Cibulkova (24) 6:1 6:1 |
Maria
Sharapova (5) - Sabine Lisicki (W) 6:4 6:3 |
Petra
Kvitova (8) - Maria Sharapova (5) 6:3 6:4 |
Na Li (3) - Alla Kudryavtseva 6:3 6:3 |
Sabine
Lisicki (W) - Na Li (3) 3:6 6:4 8:6 |
Sabine
Lisicki (W) - Misaki Doi (Q) 6:4 6:2 |
Sabine
Lisicki (W) - Petra Cetkovska 7:6 6:1 |
Sabine
Lisicki (W) - Marion Bartoli (9) 6:4 6:7 6:1 |
||
Sabine
Lisicki (W) - Anastasija Sevastova 6:1 6:1 |
||||||
Marion
Bartoli (9) - Kristyna Pliskova (Q) 6:0 6:2 |
Marion
Bartoli (9) - Lourdes Dominguez Lino 4:6 7:5 6:2 |
Marion
Bartoli (9) - Flavia Pennetta (21) 5:7 6:4 9:7 |
Marion
Bartoli (9) - Serena Williams (7) 6:3 7:6 |
|||
Serena
Williams (7) - Aravane Rezai 6:3 3:6 6:1 |
Serena
Williams (7) - Simona Halep 3:6 6:2 6:1 |
Serena
Williams (7) - Maria Kirilenko (26) 6:3 6:2 |
||||
Victoria
Azarenka (4) - Magdalena Rybarikova 6:4 3:2 ret. |
Victoria
Azarenka (4) - Iveta Benesova 6:0 6:3 |
Victoria
Azarenka (4) - Daniela Hantuchova (25) 6:3 3:6 6:2 |
Victoria
Azarenka (4) - Nadia Petrova 6:2 6:2 |
Victoria
Azarenka (4) - Tamira Paszek 6:3 6:1 |
Petra Kvitova (8) - Victoria Azarenka (4) 6:1 3:6 6:2 |
|
Daniela
Hantuchova (25) - Vitalia Diatchenko (Q) 4:6 7:6 6:3 |
Daniela
Hantuchova (25) - Marina Erakovic (Q) 6:3 6:1 |
|||||
Venus
Williams (23) - Akgul Amanmuradova 6:3 6:1 |
Venus
Williams (23) - Kimiko Date-Krumm 6:7 6:3 8:6 |
Venus
Williams (23) - Maria Jose Martinez Sanchez 6:0 6:2 |
Tsvetana
Pironkova (32) - Venus Williams (23) 6:2 6:3 |
Petra
Kvitova (8) - Tsvetana Pironkova (32) 6:3 6:7 6:2 |
||
Kimiko
Date-Krumm - Katie O'Brien (W) 6:0 7:5 |
Serena Williams -
Aravane Rezai
Dass Rezai stark servieren und draufhauen kann ist
keine Neuigkeit. Doch auch ihr fehlt es in einer schwachen Saison an Konstanz.
Sie hatte auch einen dieser ungeliebten Tennisväter an ihrer Seite, von dem sie
sich in diesem Jahr abgekapselt hat. Das ist keine einfache Situation für die
iranisch-stämmige Französin, deren Spiel auf Sand grundsätzlich noch etwas
besser funktioniert als auf Rasen. Im zweiten Satz hatte Rezai aber alles
getroffen.
Für Williams war es nach dem Dreisatzsieg über Pironkova und der
Dreisatzniederlage gegen Zvonareva letzte Woche in Eastbourne erst die dritte
Partie nach einer Tennisabsenz seit letztem Wimbledon. Ein durch eine
Glasscherbe zerschnittener Fuss und eine Lungenembolie waren die Gründe für ihre
Abwesenheit gewesen. Nach dem verlorenen zweiten Satz stellte sich die Frage, ob
Williams die Fitness für einen dritten Satz haben würde. Die 29-jährige konnte
sich beweisen und profitierte gleichzeitig von der höheren Fehlerquote ihrer
Gegnerin.
Dass Publikum hatte sich klar auf die Seite der Aussenseiterin Rezai gestellt.
Das fand ich aussergewöhnlich, denn irgendwie war Williams nach ihrer langen
Absenz ja auch eine Aussenseiterin an diesem Turnier. Als Siegerin der letzten
zwei Jahre hätte sie schon mehr Respekt und nicht bloss Schadenfreude verdient
gehabt. Nach dem Sieg flossen bei ihr im Interview die Tränen. Sie habe ein
Desasterjahr gehabt und sei so froh, in Wimbledon antreten zu können und hier
ihr Match gewonnen zu haben. Bei ihr muss man immer abwägen, ob etwas gespielt
ist oder nicht. Aber in diesem Fall nehme ich ihr die Gefühlsachterbahn ab. Das
hob sie in der Gunst des Publikums natürlich wieder umgehend.
Venus Williams -
Kimiko Date-Krumm
Die 40-jährige Date-Krumm hatte zwischen 1997 und
2007 eine Tennispause eingelegt. Seit ihrer Rückkehr hat sie bereits zwei Top
10-Spielerinnen geschlagen und das WTA-Turnier in Seoul 2009 gewonnen, womit sie
die zweitälteste Turniersiegerin nach Billie Jean King ist. Auffallend bei ihr
ist ihre sehr kurze Ausholbewegung. Dass die Japanerin auf konstant hohem Niveau
spielen würde, war abzusehen. Es würde sich zeigen, ob Williams besser oder
schlechter als dieses geforderte Level sein würde. Die US-Amerikanerin wurde
tatsächlich hart getestet. Dass es das beste Match des Jahres bislang war, wie
Lindsay Davenport in der Analyse bei der BBC sagte, würde ich nicht
unterschreiben. Aber die knappe Partie bot viel Spannung. Wie bei Serena stellte
sich die Frage, ob Venus genügend stark für drei Sätze sein würde. Auch sie war
es.
Enttäuschend verlief letztendlich Williams' Ausscheiden in der vierten Runde
gegen Pironkova. Gegen selbige Gegnerin war sie bereits im letzten Jahr im
Viertelfinale mit dem identisch klaren Resultat von 2:6 3:6 sensationell
unterlegen.
Maria Sharapova -
Anna Chakvetadze
Vor Beginn der Saison traf Sharapova zwei wichtige
Entscheidungen. Sie verpflichtete Thomas Högstedt als neuen Coach und beendete
die lange Zusammenarbeit mit Michael Joyce. Ausserdem gab sie die Verlobung mit
Sascha Vujacic bekannt. In Wimbledon war der Basketballer der Los Angeles Lakers
in ihrer Box zu sehen und nicht mehr wie früher üblich ihr Vater Yuri. Eine
verletzungsfreie Saison und die Halbfinalqualifikation in Roland Garros auf dem
für sie schwierigen Sandbelag liessen sie zur Favoritin für Wimbledon
aufsteigen. Gegen Chakvetadze untermauerte sie dies. Bei Chakvetadze stiess mir
ins Auge, dass sie beim Return sehr breitbeinig dasteht (Bild 1). Selbst nach
dem Spreizschritt. Ich wüsste nicht, ob ich aus dieser Position heraus schnell
in eine Richtung regieren könnte.
Nachtrag September 2013: Ein Jahr nach ihrem letzten Turnier gab Chakvetadze im Alter von 24 Jahren ihren Rücktritt aufgrund von chronischen Rückenbeschwerden bekannt.
Maria Sharapova -
Laura Robson
Es ist keine Neuigkeit, sie hat sich verbessert,
aber dennoch sind die Doppelfehler von Sharapova weiterhin die Achillesferse der
24-jährigen Russin. Die Statistik der Asse/Doppelfehler sagt: 2/4 gegen
Chakvetadze, 6/6 gegen Robson, 4/4 gegen Zakopalova, 2/4 gegen Peng, 5/1 gegen
Cibulkova und katastrophale 2/13 gegen Lisicki sowie ungenügende 3/6 gegen
Kvitova. Sowohl gegen Robson wie auch
gegen Lisicki startete sie mit einem 0:3-Rückstand ins Match. Grand Slam-Turniere hat Sharapova in Wimbledon 2004, bei den US Open 2006 und den
Australian Open 2008 gewonnen. Die Durststrecke hält also bereits dreieinhalb
Jahre an.
Marion Bartoli -
Kristyna Pliskova
Es ist schon unglaublich, wie Bartoli zwischen den
Ballwechseln auf dem Platz herumhüpft. Sehr sehr ungewohnt. Üblich, aber dennoch
gewöhnungsbedürftig sind die Tattoos der Spielerinnen. Nur die lackierten
Fingernägel gibt es als Erkennungszeichen auf der Tour wohl noch mehr zu sehen
als die Tattoos. Die letztjährige Juniorensiegerin Pliskova besitzt ebenfalls
ein ganz Ausgeprägtes (Bild 3). Die 19-jährige Tschechin war chancenlos, schlug
bei ihrem ersten Gamegewinn aber immerhin gleich drei Asse. Allerdings blieben
das die Einzigen der Partie.
Abgesehen von diesem klaren Erfolg waren bei Bartoli Nerven wie Drahtseile
gefragt. Im Eastbourne-Finale am Samstag vor Wimbledon setzte sie sich erst mit
7:5 im dritten Satz gegen Kvitova durch. In der zweiten Runde von Wimbledon lag
sie nach verlorenem Startsatz im zweiten Satz mit 3:5 gegen Dominguez Lino
zurück und wehrte drei Matchbälle erfolgreich ab. In der nächsten Runde gegen
Pennetta drehte sie ein 3:5 im Schlusssatz in einen 9:7-Sieg. Danach folgte der
knappe Zweisatzsieg über Titelverteidigerin Serena Williams, ehe sie im
Viertelfinale in drei Sätzen an Lisicki scheiterte. Auch hier hatte Lisicki im
zweiten Satz bei 5:4 zum Matchgewinn servieren können, doch die Französin
rettete sich in einen dritten Satz.
Sabine Lisicki -
Na Li
Als aktuelle French Open-Siegerin und zweimalige
Viertelfinalistin in Wimbledon bei vier Teilnahmen gehörte auch Li zum Kreis der
Favoritinnen. Von der Ästhetik her war ein grosser Unterschied zwischen den
beiden Spielerinnen erkennbar. Li steht immer richtig zum Ball und spielt einen
schönen Schlag. Lisicki hingegen steht oft schlecht zum Ball oder es sieht
zumindest so aus. Trotzdem kann die 21-jährige Deutsche viel Druck erzeugen.
Allerdings ist sie teilweise sehr inkonstant. Schneller als sie schlug im
Damenfeld an diesem Turnier niemand auf. 124mph, also 200km/h, zeigte der Tacho
bei ihrem schnellsten Aufschlag gegen Li an. Ihre Turnierstatistik bezüglich
Assen/Doppelfehlern ist eindrücklich. Vor allem im langen Match gegen Li
punktete sie mit ihrem Aufschlag. Ihr Daten waren 8/3 gegen Sevastova, 17/5
gegen Li, 2/3 gegen Doi, 8/0 gegen Cetkovska, 9/2 gegen Bartoli und 0/4 gegen
Sharapova. Neben ihren harten Schlägen hat Lisicki den Stoppball im Repertoire,
den sie häufig als gutes Mittel einsetzt. Langfristig denke ich, dass sie die
gefährlichste Deutsche ist. Dahinter folgt Petkovic und dann mit Respektabstand
Görges.
Das Selbstvertrauen des ersten Grand Slam-Titels hätte Li eigentlich durch diese
Partie bringen sollen. Bei einer 5:3-Führung im dritten Satz hatte die
29-jährige Chinesin zwei Matchbälle bei Aufschlag Lisicki, die sie nicht nutzen
konnte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Li ihren Aufschlag erst zweimal abgeben
müssen. Das war im zweiten Satz gewesen. Nun liess sie sich aber bei 5:4, bei
6:5 und bei 6:7 gleich dreimal in Folge breaken, wodurch ihr Schicksal besiegelt
war.
Victoria Azarenka -
Daniela Hantuchova
Die ersten sieben Games waren mit einer Spieldauer
von 43 Minuten eine sehr zähe Angelegenheit. Später waren wieder einmal
Regenblachen auf dem Centre Court zu sehen. Das ist ein seltenes Bild geworden,
seit das Stadion über ein mobiles Dach verfügt. Aber Wimbledon soll weiter ein
Freiluftturnier bleiben und so ist mit kurzen Verzögerungen bei einem
unerwarteten Schauer zu rechnen, bis das Dach geschlossen ist.
Azarenka sieht von den Bewegungen her manchmal so ausser Position aus wie Venus
Williams. Das ist auf den Bildern drei und vier sehr schön zu erkennen. Die
Hauptsache ist, dass der Schläger am richtigen Ort ist und der Schwung korrekt
stattfindet. Der Rest des Körpers muss "lediglich" dazu genutzt werden, um dies
sicherzustellen. Damit generiert die Weissrussin viel Power. Die 21-jährige ist
eigentlich mögenswert, da sie ausserhalb des Tennisplatzes immer recht cool und
gut gelaunt wirkt. Auf dem Tennisplatz machen es einem das mühsame Schreien, die
Macke, dass sie den Ball beharrlich nur immer von einem Ballkind nehmen will und
das verbissene und exzessive Jubeln zum Schluss einer Partie aber fast
unmöglich, sie ohne Einschränkungen zu mögen.