Wimbledon 2008, London |
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alle Berichte aus der Rabble-Tennisdatenbank zu: Agnes Szavay, Monica Niculescu, Victoria Azarenka, Shahar Peer, Dinara Safina, Nadia Petrova, Tathiana Garbin |
Unterhaltsamstes Match - Agnes Szavay, Monica Niculescu, Dinara Safina, Victoria Azarenka, Shahar Peer |
Damen Einzel | |||
1. Runde | 2. Runde | 3. Runde | 4. Runde |
Monica
Niculescu - Magdalena Rybarikova (Q) 1:6 6:3 6:4 |
Agnes Szavay (15) - Monica Niculescu 5:7 7:5 6:2 |
Agnes Szavay (15) - Anabel Medina Garrigues 7:6 2:6 6:2 |
Jie Zheng - Agnes Szavay (15) 6:3 6:4 |
Agnes Szavay (15)
- Tathiana Garbin 6:1 6:3 |
Agnes Szavay - Monica Niculescu
Das unterhaltsamste Match war vor allem dem
ungewöhnlichen Spielstil der Rumänin Niculescu zuzuschreiben. Sie spielt alles
beidhändig ausser den Slice auf der Vorhand, sozusagen ihre Spezialwaffe. Alles
begleitet von einem Schreien, als ob sie Schmerzen hätte. Als Gegnerin müsste
man sie von der Spielart her also als Linkshänderin betrachten (obwohl sie
Rechtshänderin ist), die auf der "Rückhand" fast ausschliesslich Slice spielt.
Das erfordert zugegebenermassen aber sehr viel an Umdenken. Man könnte die
20-jährige aus Bukarest wohl am ehesten als den Fabrice Santoro des Damentennis
umschreiben. Sie besitzt zudem einen guten ersten Aufschlag. Der Zweite lässt
allerdings zu wünschen übrig.
Unterhaltsam war das Match aber auch deshalb, weil Szavay in ihren Bemühungen
weitgehend erfolglos blieb. Weder ausspielen noch vom Platz schiessen konnte sie
ihre Gegnerin. Dabei attestiere ich der Ungarin durchaus die taktischen und
spielerischen Fähigkeiten, ein solches Match relativ schmerzlos nach Hause zu
spielen. Das hätte sie auch geschafft, wäre da nicht der verlorene Startsatz
gewesen. Dadurch verlor die 19-jährige den Faden und es begann die ganz kuriose
Phase. Da traf Szavay beim Return den Ball nicht, der daraufhin den
dahinterstehenden Balljungen in den Unterleib traf. Glücklicherweise war es für
ihn aber nicht allzu schmerzhaft gewesen. Kurz darauf wurde Agi beim Zurückeilen
von einer Netzattacke vom Lobball selbst getroffen. Das bedeutet natürlich, dass
der Punkt verloren geht. Dieses Malheur sieht man aber in dieser Form selbst bei
Amateuren kaum. Sie hatte also völlig den Faden verloren (Bild 7).
Mit einer 4:0 und 40:0-Führung im zweiten Satz sah Niculescu schon fast wie die
sichere Siegerin aus. Doch Szavay schaffte es nochmals in die Partie zurück und
ihr gelang der Satzausgleich. Hatte Niculescu im zweiten Satz das Racket noch
wütend auf den Boden geknallt, resignierte sie nach einem klaren Rückstand im
dritten Satz nun zunehmend. Bei 0:4 im entscheidenden Satz begann sie sogar
erstmals zu weinen und wirkte nun völlig kraftlos. Das hatte sie eigentlich
nicht verdient. Mit einer kämpferischen Leistung war sie so nah am Sieg gewesen,
dann aber doch gescheitert.
Agnes Szavay - Tathiana Garbin
Ein weiterer Grund, warum ich nicht mit einer
derartigen Schwäche Szavay's gegen Niculescu gerechnet hatte, war ihr Auftritt
in der ersten Runde gegen Garbin gewesen. Ausgehend von ihrem starken Aufschlag
zog sie ihr druckvolles Spiel auf. Ob Rasen, Teppich, Sand oder Hartplatz. Ich
kenne keinen Bodenbelag, auf dem sie ihr Spiel und ihre Vorteile nicht zur
Geltung bringen könnte.
Victoria Azarenka/Shahar Peer - Dinara Safina/Agnes Szavay
Das letztes Match bei meinem diesjährigen Wimbledon-Ausflug war ein Highlight.
Das zweitunterhaltsamste Match sozusagen. Die vier talentierten Spielerinnen
zeigten unglaublich viel Übersicht. Erfolgreiche Aktionen am Netz, eiskalte
Passierbälle oder gefühlvolle Lobs, alles war mit dabei. Die häufigsten
Abschlüsse am Netz suchte Agi (Szavay). Beim gegnerischen Doppel war es
vornehmlich Vika (Azarenka), die am Netz zu punkten versuchte.
Die Spielerinnen kennen sich trotz ihres jungen Alters bereits seit Jahren. Und
nun gehören sie auch auf der WTA-Tour bereits zu den Aushängeschildern. Oder
wann sieht man sonst ein Doppel zwischen vier Top 20-Spielerinnen im Einzel? Und
auch im Doppelranking sind alle ausser Szavay (Rang 30) innerhalb der Top 20
klassiert. French Open-Finalistin Dinara Safina, mit 22 Jahren die Älteste, ist
aktuelle US Open-Siegerin im Doppel (mit Dechy). Die 18-jährige Azarenka und die
19-jährige Szavay gewannen als Juniorinnen 2005 zusammen die Doppelkonkurrenzen
der French Open und in Wimbledon. Die 21-jährige Shahar Peer spielt seit diesem
Jahr mit Azarenka zusammen. Die beiden erreichten gleich zu Beginn des Jahres
das Finale der Australian Open.
Safina zeigte sich in guter Verfassung, hatte sie doch nur eine Stunde zuvor ihr
Drittrundeneinzel gegen Peer mit 6:8 im Entscheidungssatz verloren. Dabei hatte
sie gegen Ende des Matches kaum mehr richtig laufen können und war nach der
Niederlage sehr enttäuscht gewesen. Safina/Szavay konnten in einer engen Partie
im ersten Satz gar mit 4:1 vorlegen. Etwas überraschend war es dann aber Szavay,
die einzige Spielerin, die zuvor nicht bereits im Einzel auf dem Platz gestanden
war, die bei nur noch 5:4 eine Verletzungspause einzog, um sich an ihrer Hüfte
behandeln zu lassen. Mehr und mehr wurde die Absicht der russisch-ungarischen
Paarung klar. Sie warteten auf den Unterbruch der Partie infolge Dunkelheit. Die
nächsten drei Games und somit auch der erste Satz gingen verloren und nun legte
Safina eine Toilettenpause ein. Als sie zurückkehrte, hatte der Offizielle ein
einsehen. Da mittlerweile auch das letzte Match auf dem Centre Court beendet
war, wurde die Partie auf dem Aussenplatz unterbrochen, obwohl Azarenka/Peer
bereits wieder zum Returnieren bereitgestanden waren.
Nadia Petrova - Victoria Azarenka
Da würde sie sich wohl am Liebsten selbst Ohrfeigen, die Vika Azarenka, dass sie
diese Chance nicht gepackt hat. Die Weissrussin konnte mit ihren Returns einfach
zu wenig ausrichten und verlor mehr und mehr die Nerven. Im ersten Satz unterlag
sie hauchdünn mit 11:13 im Tie-Break. Das erste und vermeintlich
vorentscheidende Break für Petrova gelang ihr zum 4:2 im zweiten Satz. Doch die
in letzter Zeit oft verletzte 26-jährige Russin war durch ihr lädiertes linkes
Knie stark handicapiert. Trotz der guten Ausgangslage kassierte sie umgehend das
Re-Break. Somit konnte Azarenka aus ihren insgesamt neun Breakchancen im Match
wenigstens eine verwerten. Doch mit ihren starken Aufschlägen und einem
risikoreicheren Spiel schaffte es Petrova erneut ins Tie-Break, wo sie sich
wiederum durchsetzen konnte.
Dieses Spiel hatte ich mir übrigens durch ein Fenster von der Treppe des Centre
Courts aus angesehen. Court 3 ist zwar nach dem 11er und dem 18er einer der drei
grossen Aussenplätze, bietet aber vergleichsweise wenig Sitzplätze. Die Anlage
in Wimbledon ist die am wenigsten Geräumige aller Grand Slam-Turniere. Auch das
ist "traditionsbedingt". Rundherum ist schlicht und einfach kein Platz für
Erweiterungen verfügbar. Immerhin ist im nächsten Jahr das schliessbare Dach
über dem Centre Court sowie der neue Court 2 (Betonarena im Hintergrund auf Bild
1) fertiggestellt.