Davis Cup Schweiz - Polen

zurück zur Hauptseite         Last updated: 21.12.2013

9. Februar 2008

Davis Cup, Europa/Afrika-Zone I, 1. Runde vom 08./10. Februar 2008 in Kreuzlingen (SUI)

 

Nach 14 Jahren finden sich die Schweizer trotz Weltranglistenleader Federer in der Kontinentalzone wieder. Es genügte nicht, dass der Primus in den letzten Jahren jeweils nur bei den Abstiegsspielen angetreten war. Nach dem Abstieg in Tschechien sind von den ungesetzten Schweizern in diesem Jahr drei siegreiche Partien für einen sofortigen Wiederaufstieg gefordert.

Nach sieben Jahren kehrt der Davis Cup in die Deutschschweiz zurück. Und dann ausgerechnet nach Kreuzlingen 10 Kilometer vor meiner Haustüre! Ich hätte mir vorstellen können, mit 5-10 Leuten zu dieser Begegnung zu kommen. Leider sind die Preise mit 199 Franken für den 3-Tagespass gesalzen und diese Idee musste aufgrund fehlender Resonanz schnell begraben werden.

Die einzigen zwei polnischen Einzelspieler, die ich zumindest vom Namen her gekannt hätte, Kubot und Przysiezny, sind verletzt. Gegen das geschwächte Polen sind das für Wawrinka und sogar für den formstarken Bohli im Einzel lediglich Pflichtsiege. Das Doppel wird wohl das hochklassigste Match dieser Begegnung werden, stellen die beiden Teams zusammen doch 3 Spieler aus den Top 50 der Doppelweltrangliste. Hier sind Fyrstenberg/Matkowski leicht zu favorisieren.

Schweiz:
Stanislas Wawrinka
Stephane Bohli
Michael Lammer
Yves Allegro
Polen:
Dawid Olejniczak
Blazej Koniusz
Marcin Matkowski
Mariusz Fystenberg

 

Davis Cup Schweiz - Polen
 Spieltag  Spielstand  Spiel 1  Spiel 2
 Freitag
 .
 2:0
 .
 Bohli - Olejniczak
 6:4 7:6 6:4
 Wawrinka - Koniusz
 6:3 7:6 6:3
 Samstag
 .
 3:0
 .
 Allegro/Lammer - Matkowski/Fyrstenberg
 6:4 6:3 2:6 6:3
 
 Sonntag
 .
 4:1
 .
 Lammer - Olejniczak
 
6:3 2:2 ret. (Sieg Polen)
 Bohli - Koniusz
 2:1 ret. (Sieg Schweiz)

 



Yves Allegro/Michael Lammer - Marcin Matkowski/Mariusz Fystenberg
Nach dem 2:0 am Freitag befand sich die Schweiz bereits in einer komfortablen Ausgangslage. Team Captain Severin Lüthi gab Michael Lammer anstelle von Stanislas Wawrinka den Vorzug. Bei einer Niederlage im Doppel hätte Wawrinka im ersten Einzel am Sonntag als klarer Favorit immer noch die Entscheidung für die Schweiz herbeiführen können.
Lammer zeigte als Nummer 356 des Doppelrankings einen überraschend starken Auftritt neben den drei Doppelspezialisten, die alle innerhalb der Top 50 klassiert sind. Allegro unterliefen im ersten Satz einige Doppelfehler. Da war er seiner Leaderrolle im Schweizer Doppel nicht ganz gewachsen. Breaken lassen musste er sich dabei aber nicht. Beim Return sah man den Unterschied zwischen Doppelspezialist Allegro und Einzelspieler Lammer. Allegro retournierte auf Höhe der Grundlinie. So nimmt man dem Gegner die Zeit, um nach dem Aufschlag ganz ans Netz aufzurücken und hat selber einen besseren Winkel für die Passierbälle zur Verfügung. Im Einzel wiegen diese Kriterien nicht so stark. Da muss man den Ball vor allem mit einer guten Länge im Spiel halten. Lammer stand deshalb jeweils etwa einen Meter hinter der Grundlinie. Diese Unterschiede sind wie Automatismen in den Spielern drin.
Bei den Polen ist der Aufschlag von Matkowski immer wieder beeindruckend. Der 27-jährige aus Stettin, der mich vom Aussehen her an eine Mischung zwischen Wawrinka und Bob Bryan erinnert, zimmert seine "eingesprungenen" Aufschläge richtiggehend ins gegnerische Feld. In einem neuen Satz starteten die Polen jeweils immer mit Matkowski als Aufschläger. Linkshänder Fyrstenberg hatte mehr Mühe bei seinen Aufschlagspielen. Das Break zum 4:3 brachte die Entscheidung im ersten Satz. Sein nächstes Servicegame spielte der 27-jährige aus Warschau erst bei 1:1 im zweiten Satz (Abtausch mit Matkowski zu Satzbeginn). Trotz 40:15-Führung kassierten die Osteuropäer erneut das Break. Es war das Vorentscheidende im zweiten Durchgang. Gegen Ende des zweiten Satzes brachen die Doppelspezialisten aus Polen geradezu ein.
Nach dem Leibchenwechsel (Bild 5) kam das Auswärtsteam im dritten Satz konzentriert und konsequent zurück. Da hatten sie den zweiten Satz im Nachhinein gesehen wohl absichtlich schleifen lassen. Die Schweizer, die Spieler gleichermassen wie das Publikum, waren nach zwei gewonnenen Sätzen zu siegessicher und verloren etwas den Biss. Der Satzverlust brachte wieder mehr Feuer in die Partie. Der vierte Satz war lange ausgeglichen, wobei die Aufschläger von der schnellen Unterlage profitierten. Knackpunkt waren die zwei abgewehrten Breakbälle bei Aufschlag Lammer beim Stand von 2:2 und dem anschliessenden Servicedurchbruch gegen Matkowski direkt im nächsten Game.

Mit etwa 2'000 Zuschauern war die Halle zu zwei Dritteln gefüllt. Für die gute Stimmung waren vor allem die Westschweizer Fans verantwortlich. Das hinterliess aber nicht nur bei mir komischerweise den Eindruck, nicht richtig dazu zu gehören. Als Event für den gemeinen Zuschauer (und das war ich am Samstag auch) war es aber sehr gut. Viel besser als man hatte befürchten müssen. Über allem steht sowieso der Sieg. Ob gegen nicht in Bestbesetzung angetretene Polen. Ob mit oder ohne Federer. Mit dem klaren Erfolg hat man die Pflicht diskussionslos erfüllt.

Die Schweiz steht damit in der zweiten Runde, in der man auswärts in Weissrussland anzutreten hat. Trotz dem Fehlen Federers sollte man eigentlich das nötige Potential zum Sieg haben. Dank einem Erfolg im April wären die letzte Hürde dann noch die Weltgruppen Play-Offs im September. Gegen sämtliche möglichen Gegner dort ist die Schweiz mit einem Federer Favorit oder hat zumindest gute Chancen auf einen Aufstieg in die Weltgruppe.

Nachtrag Februar 2008: Auszug aus der Februar-Ausgabe von "Smash", dem Schweizer Tennismagazin (super Infos, jeweils unbedingt kaufen!):
"Glück für Swiss Tennis, dass sich am Austragungsort Kreuzlingen die Stadt- und Kantonsbehörden sowie das Management der Bodensee-Arena in allen Belangen sehr entgegenkommend zeigten und die Organisatoren auch finanziell mit mehreren 10'000 Franken und einer Hallenmiete zum Nulltarif grosszügig unterstützten. Im Gegenzug gaben die Swiss Tennis-Verantwortlichen das Versprechen, mit dem Davis Cup-Wettbewerb nach Kreuzlingen zurückzukehren, wenn eine attraktivere Affiche auf dem Plan steht und Roger Federer den Nationaldress überzieht."

 

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