Russland-Reise 2007 |
zurück zur Übersicht Last updated: |
Baikalsee - 12./13. August 2007 |
Zug 6, Nowosibirsk-Irkutsk, 29h:
Der mongolische Zug war bei weitem nicht mehr so einladend wie zuvor die
Russischen. Dank sauberen Laken, mit denen ich das Bett beziehen konnte, kam ein
Hauch von Gemütlichkeit auf. Selbst russisch hätte mir hier nicht mehr
weitergeholfen, da die Zugbegleiterin nur mongolisch sprach. Im Speisewagen
wurde ich allerdings überrascht. In dem verrauchten und nicht sehr
hergerichteten fahrenden Restaurant sprach die Bedienung englisch und es gab
auch eine englische Speisekarte. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil auf
einer 29-stündigen Reise. ;-) Einen Notvorrat hätte ich aber ohnehin dabei
gehabt. Auch meine eigene Toilettenpapierrolle war von Nöten, da es im Zugs-WC
keine gab.
Auf allen vier Zugsreisen hatte ich Platz #1 im jeweiligen Wagen. Das ist ein
Vorteil, da man auf den ungeraden Plätzen in Fahrtrichtung sitzt. Auf der
langen Fahrt von Nowosibirsk nach Irkutsk hatte ich Einzelabteil, da das zweite
Bett neben mir frei blieb.
"Der Weg ist das Ziel" traf für meine Reise nicht zu. Die
Zwischenstopps waren mein Ziel. Auf der Zugsreise gab es entweder Wiesen oder
Wälder und meistens eine flache Landschaft zu sehen. Alle 1000 Kilometer kam
eine Flussüberquerung als Highlight hinzu. Um Krasnojarsk präsentierte sich
die Gegend hügeliger und interessanter. Während unseres Halts in
Krasnojarsk sah ich das Bahnhofsgebäude "von hinten" und konnte mir sehr gut
vorstellen, dass ich dieses irgendwann einmal auch noch von der anderen
Seite her sehen werde.
In Irkutsk konnte ich dann auf meine gut organisierte Reise vertrauen. Mein
Ticket war bis nach Ulan Bataar ausgestellt, ich musste aber bereits in Irkutsk
aussteigen. Dort gab es gemäss Fahrplan zwei Bahnstationen. Gemäss meinem
Reiseprogramm hätte ich die zweite Haltestation nehmen sollen. Beim ersten Halt
in Irkutsk war dann aber bereits eine deutsche Reisegruppe ausgestiegen und
plötzlich kam ein mongolischer Fahrgast und fragte mich auf englisch, ob ich in
Irkutsk aussteigen müsse. Das tat ich dann auch und erfuhr im Nachhinein, dass
meine Reiseleiterin bei der Zugbegleiterin nach mir gefragt hatte.
Listwijanka:
60 Kilometer entfernt von Irkutsk ist Listwijanka der nächstgelegene Ort am
Baikelsee. Für den gemeinen Touristen stellt Listwijanka den Halt am Baikelsee
dar. Wer einen längeren Aufenthalt am Baikalsee geniesst, für den geht es
meistens zur Insel Olchon.
Listwijanka ist ein langgezogenes Dorf mit zwei Aussichtspunkten. Der eine
Aussichtspunkt war das Observatorium. Nach 45-minütigem Aufstieg stand ich vor
einem abgeschlossenen Gitter, durch das man aber hindurchsteigen konnte. Nach
meinem ersten Foto hörte ich auf einmal einen bellenden Hund auf mich
zustürmen und ich ergriff panikartig die Flucht. Glücklicherweise war er wohl
angekettet gewesen. Ich hätte mir Schöneres vorstellen können, als
Mutterseelen alleine auf einem Hügel irgendwo in Sibirien von einem bissigen
Hund zerfleischt zu werden...
Der zweite Aussichtspunkt war in der Karte auch mit "View Point"
beschrieben. Das war dann wohl der Offizielle und der, den ich empfehlen kann.
Dies war das "Skigebiet" Listwijankas, deshalb führte eine Sesselbahn
hinauf auf den Hügel.
Tourismus:
In den TV-Dokumentationen wird jeweils vor dem zunehmenden Tourismus am
Baikalsee gewarnt. Diese Meinung kann ich aber nicht teilen. An diesem Sonntag
tummelten sich zwar viele Russen in Listwijanka, aber von Massentourismus kann
man beim besten Willen nicht sprechen. Listwijanka zieht sich über 5km der
Küste entlang und hat nicht einmal ein Bus, der die Touristen von A nach B
befördert.
Sieht man sich an, welch' alte und luftverpestende Lastwagen in Russland
herumfahren, bietet der Tourismus durchaus auch Chancen. Er kann der Region eine
zeitgemässe Infrastruktur und Wohlstand bringen. Und bei sinnvollen Auflagen
durch die Behörden fördern neue Investitionen sogar den Umweltschutz.
Der Dunst gehört zu dieser Jahreszeit zum Baikalsee dazu. Er entsteht, weil die Lufttemperatur wärmer ist als das Wasser
und sich dieses dadurch erwärmt. Auch ich war Baden im Baikalsee! Die
Temperatur war erfrischend und das Wasser war sehr sauber und klar. Für eine
Schiffsrundfahrt hat es mir aufgrund meiner "Wandertouren" leider
nicht mehr gereicht.
Der Baikalsee strahlt im Winter wohl einen noch grösseren Reiz aus. Wenn der
grösste Süsswassersee der Welt (748km lang und durchschnittlich 48 breit) von einer Eisschicht
bedeckt ist, oder im Frühling, wenn das krachende Eis auftaut und zerbricht, so
etwas gibt es bei uns nicht zu sehen!
Kulinarisches:
Auf dem Menüplan steht der Omul ganz oben. Diese Forellenart existiert nur im
Baikalsee. Mittags bestellte ich mir Omul, abends Russischen Salat (z.B. mit
Käse, Kartoffeln, Tomaten, Mayonnaise) mit gesalzenen Omul-Stückchen, alles
untereinandergemischt, und als Hauptgericht SIG, einen weiteren Fisch. Zum
Dessert ein Eis mit Piniennüssen und Honig. Nüsse kann man wohl ebenfalls als
sibirische Spezialität bezeichnen. Daneben werden in Russland die
Fleischgerichte (meistens Huhn) auch oft mit einer überbackenen Käseschicht
serviert. Selbst der SIG war mit Käse überbacken. In Russland gibt es viele
Kafes, in denen man auch essen kann. In Listwijanka zum Beispiel gibt es kaum
Restaurant, sondern fast ausschliesslich Kafes.
Freilichtmuseum Talzy:
Neben dem Museum für Seenkunde führte mich mein Reiseprogramm auch zu einem
Freilichtmuseum mit Holzhäusern aus dem 17.-19. Jahrhundert. Beide Orte waren sehr
interessant. Das Freilichtmuseum war mit demjenigen im Perm zu verlgeichen, aber
natürlich viel grösser. Während in Perm einzelne Häuser standen, fand man
hier ganze Dorfsilhouetten.
Kosakendorf (Reitervolk) | Bauerndorf | Burjatenhäuser (Halbnomaden) | ||