Rabble-GrandSlam-Reise nach Melbourne 2005

zurück zur Übersicht         Last updated: 24.01.2008

weitere Matchberichte

 

1. Runde:   Mardy Fish - Juan Monaco   2:6 6:0 4:6 6:4 9:7

Solche Szenen wie in diesem Match sucht man bei den Damen vergebens. Standplatzspezialist Juan Monaco, wie er auf Bild 2 abspringt und sein ganzes Körpergewicht in den Ball legt, um ihn zu beschleunigen. Oder Aufschlagsspezialist Mardy Fish auf Bild 3, der 19 Asse schlug mit einer Höchstgeschwindigkeit von 217km/h.

Trotzdem habe ich mir nun einen kleinen Teil des Matches angesehen. Denn am ersten Tag eines Grand Slam-Turnier gibt es überall etwas zu sehen. Und da dauert ein Herrenmatch im Best of Five-Modus einfach zu lange. Fast dreieinhalb Stunden dauerte die Partie, die Ende zu einem richtigen Thriller mutierte.

Ich hatte mich mit meinem "Vamos Juan" als einer der wenigen Sympathisanten des 20-jährigen Südamerikaner geoutet. Ein weiterer starker Argentinier, der allerdings als 81. der Weltrangliste den grossen Durchbruch noch nicht geschafft hat. Mardy Fish hingegen erhielt mehr Unterstützung aus dem Publikum, in dem sich einige amerikanische Landsleute befanden. Der Silbermedalliengewinner von Athen 2004 zeigt sich oft als Serve & Volley-Spieler und spielt auf Rasen jeweils sehr stark. Aber auch auf Hardcourt fühlt sich der 23-jährige wohler als Monaco. Er bestimmte das Spiel: 69 Winner (inkl. 19 Asse) zu 81 unerzwungenen Fehlern (inkl. 8 Doppelfehler). In der Startrunde muss man erst zu seinem Spiel finden, da können solch' hohe Zahlen schon mal zu Stande kommen. Juan Monaco hatte 33 Winner gegenüber 46 unerzwungenen Fehlern.
Mardy Fish setzte sich hauchdünn durch, musste sich in der darauffolgenden Runde aber Monaco's Landsmann, dem French Open-Champion Gaston Gaudio, in vier knappen Sätzen geschlagen geben.

 

1. Runde:   Olivier Rochus - Nicolas Kiefer (21)   7:5 2:6 3:6 6:2 6:3

In diesem kleinen Belgier steckt grosses Potential. Olivier Rochus ist nur 1.65m gross, aber er hat sich bereits an die Top 50 der Weltrangliste herangearbeitet. Seine starkste Waffe: Er läuft und läuft und läuft...
Früher hätte ich ihm den grossen Durchbruch nicht zugetraut. Mittlerweile denke ich aber, dass er einem Michael Chang nacheifern könnte und sich weit nach vorne arbeiten kann.

Für Nicolas Kiefer war es nach vergebener 1:2-Satzführung natürlich eine bittere Niederlage. Vor allem auch, weil das Publikum richtig mitging. Es herrschte schon fast so etwas wie Davis Cup-Stimmung zwischen den deutschen und den belgischen Fans, die sich zum Abschluss des ersten Tages auf dem Show Court 3 einfanden. Kurz zuvor war in der Margaret Court Arena die Parite Tommy Haas gegen Xavier Malisse zu Ende gegangen, in welcher sich der 26-jährige Hamburger im ersten deutsch-belgischen Duell klar durchsetzen konnte.

Und fast hätte ich mir noch weh getan bei diesem Match. Bei einem Kiefer-Smash hielt ich (von allen guten Geistern verlassen), in der ersten Reihe sitzend, meine Hand über die Abschrankung hinunter und wollte den Ball fangen. Gut hat das nicht geklappt, denn das hätte wohl ordentlich weh getan!? Es war nämlich ein Smash, den der 27-jährige mit aller Wut auf die andere Seite knallte. Auf der Bande war danach der Ballabdruck noch deutlich zu sehen...

Für Olivier Rochus war es der Start in ein erfolgreiches Turnier. Der aktuelle French Open-Sieger im Doppel (zusammen mit Xavier Malisse) eliminierte anschliessend das französische Talent Gael Monfils sowie den Slowaken Karol Beck, ehe er in der vierten Runde am späteren Turniersieger Marat Safin scheiterte. Den Russen brachte er beim 6:4 6:7 6:7 6:7 aber an den Rande der Verzweiflung.

 

2. Runde:   Karol Beck - Tommy Haas (16)   5:7 2:6 6:2 7:6 6:3

Tommy Haas war für mich ein Geheimtipp. Der ehemalige Weltranglistenzweite meldete sich letzten Sommer nach über einjähriger Verletzungspause mit Turniersiegen in Houston und Los Angeles zurück.

Es begann alles wie erwartet, als sich der in Florida lebende Deutsche die ersten beiden Sätze sicherte. Doch der 22-jährige Slowake steckte nicht auf. Die Nummer 42 der Weltrangliste konnte sich die nächsten Sätze sichern, wobei er im vierten Satz über den Tie-Break gehen musste.

Am lustigsten fand ich ja, als in einer Pause beim Seitenwechsel einige Deutsche Fans oben an mir Tommy Haas' Namen skandierten: "Gebt mit ein T: T! Gebt mir ein O: O! Gebt mir ein M: M! Gebt mir noch ein M: M! Gebt mit ein YPSILON: YPSILON!"

Im fünften Satz gab es eine interessante Situation, die mich etwas an Haas' Wimbledon-Auftritt vom letzten Jahr erinnerte. Es war sein erstes Grand Slam-Turnier nach der langen Verletzungspause gewesen. Nahe an der Niederlage sass er beim Seitenwechsel auf der Bank und philosophierte über Gott und die Welt. Das Mikrofon stand neben ihm, deshalb konnte man seine Selbstgespräche mithören. "Das macht einen schwach", sagte er, "wenn man so lange weg ist vom Ganzen. Da wirst Du schwach." Leider wurde die interessante Reise ins den Kopf des Tommy Haas durch den "Time"-Ruf des Schiedsrichters jäh unterbrochen.
Und hier war es im fünften Satz. Tommy Haas ging nach einem verloren Ball völlig frustriert vom Court und lief einfach durch einen Ausgang aus der Arena heraus. Der Schiedsrichter hatte es erst gar nicht gemerkt, rannte ihm dann aber sofort nach. Natürlich ist es verboten, den Platz zu verlassen. Unerlaubtes Coaching, Einnahme von verbotenen Mitteln, so im Geheimen könnte man einige unerlaubte Dinge tun... Danach kam Haas zusammen mit dem Schiedsrichter wieder auf den Platz zurück. Er war einfach völlig frustriert gewesen, dass ihm dieses Match noch aus den Händen glitt.

 

2. Runde:   Anna-Lena Grönefeld - Fabiola Zuluaga (17)   6:2 7:6

Die 19-jährige aus Nordhorn ist zur Zeit die einzige Hoffnung des deutschen Damentennis, nachdem es für Weingärtner und Barna in der Weltrangliste seit einiger Zeit nur noch in Richtung abwärts geht.

Die Juniorensiegerin von Roland Garros 2003 überzeugte gegen Fabiola Zuluaga vor allem durch ihre harten Grundschläge, mit denen sie die Partie dominierte. 29 Winner bei 30 unforced Errors. Die Kolumbianerin hatte eine Bilanz von 11 zu 12. Das druckvolle Spiel begann bei Grönefeld bereits beim Aufschlag, mit dem sie 7 Asse erzielen konnte.

Klar ist, dass junge, aufstrebende Spielerinnen nach einem der grössten Siege ihrer bisherigen Laufbahn natürlich gerne Autogrammwünsche erfüllen. Als Tennisfan nutze ich das selbstverständlich aus!

Was mich aber etwas beunruhigt, ist ihr abgeklebtes Knie. Als ich sie im letzten Jahr in Paris sehen wollte, war sie während des Matches hingefallen und hatte sich am linken Knie verletzt. Kurz darauf musste sie die Partie aufgeben. Jetzt ist ihr Knie nie immer noch oder bereits wieder eingebunden. Es ist kein gutes Zeichen, wenn man bereits als 19-jährige grundsätzlich mit Tapings spielen muss.

In der dritten Runde unterlag sie der 18-jährigen Russin Vera Douchevina. Die beiden hatten sich bereits bei den Juniorenturnieren auf höchster Ebene (Finale von Roland Garros und Wimbledon im Jahr 2003) gegenüber gestanden.

 

2. Runde:   Mariana Diaz-Oliva - Gisela Dulko (29)   7:6 7:5

Im Duell der beiden Argentinierinnen aus Buenos Aires war Gisela Dulko als gesetzte Spielerin als Favoritin in die Partie gegangen. Die 19-jährige rückte im letzten Jahr ins Rampenlicht, als sie Martina Navratilova bei ihren beiden Comeback-Versuchen im Einzel besiegte. Nämlich in der ersten Runde von Roland Garros, sowie in der zweiten Runde in Wimbledon. Seither konnte sich Dulko in der Weltrangliste aber nicht mehr gross nach vorne arbeiten. Sie kämpft seit längerer Zeit damit, die Top 30 zu knacken.

Gegen die 28-jährige Mariana Diaz-Oliva kam sie nie richtig ins Spiel, obwohl sie dazu eigentlich genügend Gelegenheiten hatte. Es gab lange Ballwechsel, welche mit viel Top Spin von der Grundlinie aus geführt wurden. Eine typische Spielweise für die beiden Sandplatzspezialistinnen.

Bei den Winnern lag Dulko mit 19 zu 15 zwar vorne. Diese Zahl ist allerdings verschwindet klein, wenn man sich die hohe Fehlerquote ansieht. Es unterliefen ihr nämlich 57 unerzwungene Fehler. Ihre erfahrenere Gegnerin leistete sich mit 45 etwas weniger Fehler. Auch beim Ausnutzen der Breakchancen agierte die Nummer 101 der Weltrangliste stärker. 6 von 9 (67%) Breakchancen ausgenutzt. Bei Gisela Dulko waren es nur 5 von 15 (33%), was bei diesem knappen Resultat einen Hauptgrund für die Niederlage darstellt.

Für Diaz-Oliva war das Turnier in der dritten Runde nach einer Niederlage gegen die amtierende US Open-Siegerin Svetlana Kuznetsova beendet.

 

3. Runde:   Guillermo Coria (6) - Juan Carlos Ferrero (31)   6:3 6:2 6:1

Der Sandplatzkönig von 2003 gegen den des letzten Jahres. Denn 2004 war Guillermo Coria trotz der Finalniederlage in Roland Garros gegen seinen argentinischen Landsmann Gaudio der Mann, den es auf roter Asche zu schlagen galt.
Im Jahr zuvor war dies Juan Carols Ferrero gewesen, der sich den Titel in Paris sicherte. Vielleicht ein gutes Omen für die diesjährigen French Open für Coria. Denn auch Ferrero musste im Jahr vor dem Titelgewinn, im Final von 2002 eine Niederlage gegen seinen spanischen Landsmann Costa einstecken. Im nächsten Anlauf klappte es dann.

Nun aber zu den Australian Open, denn wird sind hier ja in Melbourne und nicht in Paris. Ferrero hatte im Frühjahr der letzten Saison wegen Verletzungen aussetzen müssen und verlor den Anschluss an die absolute Weltspitze. Coria erwischte es im Herbst für drei Monate.

Ihre Resultate bei diesem Turnier wirkten etwas unlogisch. Juan Carlos Ferrero bekundete Schwierigkeiten beim Viersatzsieg in der ersten Runde über den Qualifikanten van Gemerden. In der zweiten Runde hingegen fegte der ehemalige Weltranglistenerste den weit stärker einzustufenden Mariano Zabaleta vom Platz. Guillermo Coria überraschte mit dem glasklaren Auftaktsieg gegen Newcomer Tomas Berdych, ehe er sich im zweiten Match gegen den Brasilianer Mello erst in vier harten Sätzen durchsetzen konnte.

In der dritten Runde war der 23-jährige Argentinier mit den schnellen Beinen aber nicht zu stoppen. Das Resultat ist viel deutlicher als es die Statistikdaten zeigen. 29 Gewinnschläge gegenüber 23 unerzwungenen Fehlern bei Coria. 25 zu 32 heisst die Bilanz beim Halbfinalisten von 2004. Die "Big Points" gaben den Ausschlag für den klaren Verlauf. Und dort war Guillermo Coria ganz klar der kaltblütigere der beiden.

So überzeugend der Sieg gegen Ferrero auch war, in der vierten Runde ging Coria wohl etwas die Luft aus. Gewann er den ersten Satz gegen seinen Landsmann David Nalbandian noch mit 7:5, zeichnete sich die Niederlage beim 5:7 3:6 0:6 mit jedem Satz deutlicher ab.

 

Herren Doppel Viertelfinale:   Bob Bryan/Mike Bryan (2) - James Blake/Mardy Fish   6:4 6:4

Im Anschluss an das Viertelfinale von Roger Federer gegen Andre Agassi bekamen wir in der Night Session noch ein rein amerikanisches Herrendoppel zwischen den Bryan-Zwillingen und Blake/Fish zu sehen. Das war ein fantastischer Anschauungsunterricht. So enttäuscht ich von den Damen Doppel (mit ausnahme von Kuznetsova/Molik) war, umso mehr begeistert haben mich hingegen die Herren. Die 26-jährigen Bryan-Zwillinge ergänzen sich ideal. Bob ist Linkshänder, Mike Rechtshänder. Und im Gegensatz zu Doppel auf unserem Niveau, wo der Linkshänder links steht und der Rechtshänder rechts (damit man bei den Crossbällen Vorhand spielen kann), spielen die Bryans in  genau umgekehrter Aufstellung. Dies nämlich, damit beide in der Mitte des Platzes die Vorhand haben, wenn sie am Netz sind. Sie laufen ja sowieso immer nach vorne, brauchen sich also nicht um Vor- oder Rückhand bei Grundlinienschlägen zu kümmern... Stehen beide am Netz, ist für die Gegner der Ball durch Mitte eine gute Variante. Dank der Vorhand sind die beiden aber gut gerüstet, dass diese Schläge nicht zwischen den beiden hindurch gehen.

James Blake und Mardy Fish leisteten starke Gegenwehr. Letztendlich setzten sich aber die Favoriten durch. Für ein Weltklassedoppel heimsen Bob und Mike Bryan allerdings wenige Grand Slam-Titel ein. In ihrem Palmares steht bisher erst der Titelgewinn in Wimbledon 2003.
Hier in Melbourne unterlagen sie wie im Vorjahr im Final. Sie scheiterten in zwei Sätzen an Wayne Black und Kevin Ullyet aus Simbabwe.

 

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