WTA Palermo 2019 |
zurück zur Übersicht Last updated: 31.08.2022 |
La Teichmann - Sandplatzliebe |
Jil
Teichmann
(WTA 82)
-
Kiki Bertens
(WTA 5) 7:6 6:2
Jil Teichmann hat eine tolle Entwicklung hinter sich, wenn sie gegen das Spiel
von Kiki Bertens mit einer gewissen Abgeklärtheit dagegen halten kann. Im
Verlauf der Turnierwoche hatten wir zwar gesehen dass Paolini und Badosa auch
ihre Hochs gegen die Niederländerin hatten, aber es wirkte doch dass diese
Spielerinnen über ihren Möglichkeiten ablieferten und Bertens in eine
Schwächephase zwangen. Heute war es so, dass Bertens nie die Oberhand in dieser
Partie gewinnen konnte. Die 27-jährige Weltranglistenfünfte hat von ihrer
Grundauslegung nicht das offensivste Tennis. Das war ihr Stolperstein gegen
Teichmann, die ihrerseits im Verlauf der Woche mit Gavrilova und Ce bereits zwei
solche hartnäckigen Gegnerinnen abwehren konnte, welche
ein ähnliches Tennis betreiben wie sie selber. Deswegen war ich bei Krunic in
der zweiten Runde auch enttäuscht gewesen über deren fehlenden Glauben gegen
Bertens, denn auch sie verfügt über dieses variable Spiel. Heute am einzigen
windigen Tag des Turniers war dieser sich während des Spiels stetig leicht
ändernde Faktor sicherlich ein kleiner Vorteil für Teichmanns Spiel. Wie stark
das Spiel der 22-jährigen von
Alberto Martin
gecoachten Schweizerin auf anderen Belägen als Sand ist, wird sich weisen. Ich schätze da
besteht doch noch ein ziemlicher Unterschied. Sie kann mittlerweile neben ihren
Defensivkünsten mehr Druck ausüben und zur Offensive übergehen, aber viele
dieser Aktionen bauen auf starkem Sandplatztennis auf.
Bertens wäre in Palermo wohl einfacher durch die Woche gekommen und hätte den
Titel in Palermo gewonnen, wenn ihr Trainer Raemon Sluiter mit dabei gewesen
wäre. Aber in einem Tennisjahr sind Auszeiten wichtig und nach der Rasensaison
und vor der Hartplatzsaison ist für die besten Spieler der Welt und somit auch
für deren Trainer üblicherweise Mitte Juli ein kurzer Urlaub angesagt. Die
Niederländerin scheint diesen Urlaub aber mit einem Einsatz auf ihrer
Lieblingsunterlage Sand in Palermo zusammen mit ihrem Sparringpartner und
Verlobten Remko de Rijke kombiniert zu haben. Die ganze Woche über hat sie ihren
Verlobten aber nie als Trainer für ein On Court-Coaching auf den Platz gerufen,
sondern sie kam mit der Einstellung an das Turnier dass sie die Lösungen selber
finden wolle. In der zweiten Runde und heute sass ich hinter de Rijke und er
blieb auch mit Tipps von der Seitenlinie äusserst sparsam. Das scheint nicht
seine Aufgabe zu sein.
Im Spielverlauf war es sehr ähnlich wie beim gestrigen Match von Teichmann. Sie
konnte zwar mehrmals mit Break vorlegen, schaffte es danach aber nicht ihr
eigenes Aufschlagspiel zu halten. Das ist sicherlich die grösste Gefahr im Spiel
der Schweizerin, vor allem wenn es wieder auf schnellere Beläge geht. Dann ist
zwar auch der eigene Aufschlag schneller doch die Möglichkeiten, um den Return
der Gegnerin mit der eigenen Defensive abzuwehren, schwinden. Ab dem
2:1 für Teichmann folgten sechs Breaks in Folge. Mit dem siebten Break in Folge
hätte Teichmann den ersten Satz mit 6:4 für sich entscheiden können. Doch bei
ihren drei Satzbällen blieb sie erfolglos. Wie beim Doppelfinal von gestern war
es aber auch heute so, dass der Tie-Break der Gewinnerin zusätzlichen Schub gab
und bei der Verliererin die Zweifel und das schlechte Gefühl weiter anwachsen
liess.
Der Sieg gegen die Weltnummer 5 ist für Teichmann der klar grösste ihrer
Karriere und versüsst den zweiten WTA-Turniersieg ihrer Karriere nach demjenigen
auf dem Prager Sand in der 1. Mai-Woche. Bertens hingegen hat in dieser Woche
mit der an Position 8 gesetzten Teichmann gegen die einzige Top 100-Spielerin
verloren, gegen die sie anzutreten hatte. An der Siegerehrung wurden für die
Finalistinnen die Niederländische und die Schweizerische Nationalhymne gespielt.
Die Gefühlswelten waren bei der Überraschungssiegerin und der unterlegenen
Favoritin natürlich sehr unterschiedlich. Teichmann liess bei ihrer Rede mit "see
you next year" keinen Zweifel, dass sie im nächsten Jahr wieder nach Palermo
kommen werden. Bertens hingegen bedankte sich beim Publikum und meinte "I hope
to see you soon". Soon kann natürlich irgendwo auf der Welt zu einem
unbestimmten Zeitpunkt sein.
Jil
Teichmann
(WTA 82)
-
Liudmila
Samsonova
(WTA 144)
6:3 6:1
Am Vortag hatte Samsonova in den Sätzen zwei und drei ihren Aufschlag nicht mehr
abgegeben und dann verlor sie heute fünf Aufschlagspiele nacheinander! Die
ersten beiden Aufschlagverluste konnte sie mit Re-Breaks wiedergutmachen. Doch
ab 3:4 war es um sie geschehen und die Breakorgie führte zum 3:6 0:4 ehe sie
ihren Aufschlag noch ein einziges Mal halten konnte. Im ersten Satz schlug
Teichmann gar drei Asse und liess keines ihrer aufschlagstarken Gegnerin zu. Ich hatte mir im Vorfeld
der Partie gedacht dass Teichmann das Spiel von Samsonova besser liegen könnte
als dasjenige von Ferro, die sich im Viertelfinal gegenseitig bekämpft hatten.
Samsonova hatte gegen Ferro von einem gleichmässigen und harten Schlagrhythmus
profitiert, obwohl das von der Französin so nicht unbedingt zu erwarten gewesen
war. Gegen Teichmann bekam Samsonova alles, nur nicht einen gleichmässigen und
harten Spielrhythmus. Daran scheiterte die 20-jährige.
Erstmals in dieser Woche war der Himmel über Mondello leicht bewölkt. Mit nur
ein bis zwei Grad Abweichung hatten sich die Temperaturen während meinen
eineinhalb Wochen in Sizilien bei einer Höchsttemperatur von 31 Grad Celsius am
Tag und 23 Grad in der Nacht gehalten. Früher an diesem Freitagnachmittag waren
gar für knapp eine Minute Regentropfen vom Himmel gefallen.
Jil
Teichmann
(WTA 82)
-
Anna-Lena Friedsam
(WTA 280)
6:0 1:0 ret.
Da machte am Freitag um 16 Uhr der Körper nicht mit bei der 25-jährigen
Deutschen, die zwei Tage zuvor im Hauptspiel um 20:30 Uhr Cornet bezwingen
konnte. Bei 0:5 hatte sie ein Coaching genommen und nach dem Spielverlust zum
0:1 im zweiten Satz marschierte sie dann geradewegs zum Netz. Doch der
Schiedsrichter meinte zu ihr, sie soll doch erst noch den Physiotherapeuten bzw.
den Doktor auf den Platz rufen. Das tat sie auch. Dieses Vorgehen ist heutzutage
für alle Seiten sinnvoll. Die Organisatoren können so vorbeugen, dass eine
Spielerin später plötzlich zusammenklappt und Forderungen gegen die
Organisatoren geltend gemacht werden dass man sich nicht genügend gekümmert
habe. Eine gesunde oder schneller genesende Spielerin hilft sowohl der Spielerin
(Arbeitnehmerin) wie auch der WTA (Arbeitgeberin). Die Spielerin hat einen Nachweis,
dass sie wirklich körperliche Probleme hatte. So muss sie nicht fürchten dass
ihr mangelender Einsatz und damit verbunden heutzutage gar die mögliche
Aberkennung von Preisgeld oder Punkten vorgeworfen werden kann oder Fragen im
Zusammenhang mit Wettbetrug aufkommen können. Die ersten Spiele um 16 Uhr waren
übrigens immer deutlich schwächer besucht. Je näher es gegen Mitternacht ging,
desto mehr Sizilianer/innen schienen sich zu versammeln.
Jil
Teichmann
(WTA 82)
-
Daria Gavrilova
(WTA 87)
7:6 7:5
Teichmann und Gavrilova verfügen über ein ähnlich angelegtes Spiel, wobei die
Australierin etwas die härteren und flacheren Bälle spielen kann und vor allem
mit ihrer Vorhand inside out sehr viel Druck erzeugen kann. Die Schweizerin las
das Spiel ihrer Gegnerin aber sehr gut. Gegen den Vorhand inside out hatte sie
als Linkshänderin den Vorteil, dass sie diese Bälle aus ihrer eigenen
Vorhandecke ausgraben konnte. So konnte sie dagegen halten und sich in beiden
Sätzen knapp durchsetzen. Im ersten Satz war Teichmann jeweils vorne gelegen und
hatte erst kurz vor dem Satzgewinn den Ausgleich zum 5:5 hinnehmen müssen. Im zweiten
Satz lag sie hinten. Vor allem der erneute Aufschlagverlust zum 4:5 schmerzte,
als Teichmann innert wenigen Punkten fünf Linienbälle der Gegnerin zählte. Das
Re-Break zum 5:5 war dann aber vorentscheidend. Gavrilova warf ihren Schläger
und wechselte diesen zusammen mit der üblichen Verwarnung. Mit dem neuen Schläger
verlor sie die nächsten acht gespielten Punkte in Folge und somit die Partie.
Grund dafür war aber nicht der neue Schläger gewesen, sondern sie selber. Mit
Rang 87 ist die 25-jährige mittlerweile deutlich von ihrer
Karrierebestplatzierung von Rang 20 vor knapp zwei Jahren zurückgefallen. So
weit hinten war sie seit März 2015 nicht mehr klassiert gewesen. Die Partie
selbst war aber auf starkem Niveau gewesen. Die nur unwesentlich besser
klassierte Teichmann hatte es als Nummer 8 noch auf die Setzliste des Turniers
geschafft.
Ich hatte nicht darauf geachtet, aber im Nachhinein fiel es mir wie Schuppen von
den Augen: Die Zuschauertribüne war sehr schwach besetzt. Einige Meter rechts
von mir in der obersten Reihe ganz in der Ecke etwas im Schatten und unter den
Ästen und Blättern eines Baumes war ein Zuschauer. Plötzlich kamen die
Sicherheitsbeamten und baten ihn mitzukommen. Da merkte ich dass er die ganze
Zeit mit seinen Kopfhörern am Telefon gewesen war. Er hatte wohl immer in
Echtzeit die Entwicklungen in einem Ballwechseln, Game oder vielleicht auch
aktuelle Gemütslagen und Fitnesszustände der Spielerinnen durchgegeben und hatte
auf der anderen Seite wohl eine Person, welche damit versuchte mit dem
Zeitvorteil die Wettanbieter zu schlagen. Bei einem Wettbetrug lässt sich für
die Organisatoren leider nicht viel mehr machen als die Person der Anlage zu
verweisen. Falls die Eintrittskarten personalisiert sind, kann man der Person
ein Turnierverbot für weitere Tage erteilen.
Anna-Lena Friedsam
(WTA 280)
-
Stefanie Vögele
(WTA 112)
6:2 7:6
Das wirkt alles immer sehr bemüht bei Vögele. Aber es sollte auf dem Tennisplatz
nicht bemüht wirken, sondern es sollte Freude ausstrahlen. Das ist dann einfach
zu introvertiert und die 29-jährige wirkt gefangen in ihren Bemühungen. Es ist
ein tiefes Vertrauensverhältnis mit ihrem Trainer Ivo Werner, aber mit dieser Verbindung
seit über einem Jahrzehnt vergibt sie sich andererseits die Möglichkeit für neue
Impulse. Klar, die Teilnahme an 28 Grand Slam-Turnieren (wobei nur 8
Matchgewinne) und eine Karrierehöchstplatzierung von Rang 42 machen eine tolle
Tenniskarriere, die nicht viele Spielerinnen erreichen. Aber ich hätte mir eine
andere Weiterentwicklung erhofft für sie, so dass aus ihren Aktionen mehr Freude
ersichtlich wäre.
Wegen einer Schulterverletzung fiel Friedsam im Jahr 2018 praktisch das ganze
Jahr aus. Ihrer Freude über den Sieg gegen Vögele war anzumerken dass sie immer
noch auf dem Weg zurück ist und ihr diese Matchgewinne sehr viel bedeuten. Die
25-jährige Deutsche hatte mehr Feuerkraft als Vögele, liess ihre Gegnerin bei
Breakvorsprung im zweiten Satz bei 2:1 aber mit drei Doppelfehlern in einem Game
zurück ins Spiel kommen. Aber diesem Zeitpunkt war das Spiel nun deutlich
ausgeglichener. Ein Grund für die grosse Freude war aber sicherlich auch die
Tatsache, dass Friedsam im Tie-Break mit 3:6 hinten lag und diesen noch mit 8:6
für sich drehen konnte. Friedsam trat bei Spielbeginn um 16 Uhr und etwas über 30
Grad Celsius in einem langärmligen Oberteil an.
Gabriela Ce
(WTA 298)
-
Katarina Zavatska
(WTA 133)
5:7 6:4 6:4
Zavatska hatte sich auf die erste Position der Setzliste der Qualifikation
gearbeitet, weil sie vor zwei Wochen beim 100'000$ ITF-Turnier in Contrexeville
auf Sand gesiegt hatte und mit Minella (WTA 98) und Vögele (WTA 97) dabei zum zweiten
und dritten Mal in ihrer Karriere eine Top 100-Spielerin hatte schlagen können. In der
Woche zuvor hatte die 19-jährige Ukrainerin auf dem Weg zum Turniersieg beim mit
25'000$ dotierten ITF-Turnier in Biella im Viertelfinal ihre heutige Gegnerin Ce
mit 7:6 6:4 geschlagen. Ihre Schläge sind schnörkellos und auch in den engen
Phasen blieb sie ruhig. Gegen Ende des über drei Stunden andauernden
Schlagabtausches liess sie eine gewisse Müdigkeit durchblicken.
Die Brasilianerin Ce hat es mit ihren 26 Jahren noch nie unter die besten 200
Spielerinnen der Weltrangliste geschafft. Sie spielt vorwiegend
Sandplatzturniere auf der ITF-Tour und konnte sich beim WTA-Turnier in Palermo
einen Platz im Qualifikationsfeld ergattern. Ihre Körpergrösse und ihr relativ
zierlicher Körperbau unterstützt sie nicht um ein mächtiges Sandplatztennis
aufzuziehen. Um nach weit treibenden Grundschlägen den Punkt abschliessen zu
können, sucht sie immer wieder den Weg ans Netz. Sowohl im zweiten als auch im
dritten Satz führte Ce mit 5:2 bevor die Gegnerin nochmals heranlassen kommen
musste.
Mit ihrer Doppelpartnerin
Paula Cristina
Goncalves hatte Ce kurz bei der Partie Teichmann-Gavrilova zugesehen (Bilder
1-2).
Tereza
Mrdeza als Zuschauerin
wartet auf ihr Match gleich im Anschluss auf diesem Platz.
Einzel Qualifikation | Einzel Hauptfeld | |||||
1. Runde Qualifikation | 2. Runde Qualifikation | 1. Runde | 2. Runde | Viertelfinal | Halbfinal | Final |
Kiki
Bertens (1) - Ekaterine Gorgodze 6:0 6:1 |
Kiki
Bertens (1) - Aleksandra Krunic 6:3 6:1 |
Kiki
Bertens (1) - Jasmine Paolini 6:4 1:6 6:1 |
Kiki
Bertens (1) - Paula Badosa 6:1 7:5 |
Jil
Teichmann (8) - Kiki Bertens (1) 7:6 6:2 |
||
Tereza
Mrdeza (4) - Federica Bilardo (W) 6:2 6:3 |
Tereza
Mrdeza (4) - Kathinka von Deichmann (12) 6:3 5:7 7:5 |
Irina-Camelia
Begu - Tereza Mrdeza (Q) 7:5 6:2 |
Jasmine
Paolini - Irina-Camelia Begu 6:4 5:7 7:6 |
Jil
Teichmann (8) - Liudmila Samsonova (L) 6:3 6:1 |
||
Liudmila
Samsonova (2) - Nadia Podoroska 6:1 6:0 |
Amandine
Hesse (10) - Liudmila Samsonova (2) 6:4 7:6 |
Liudmila
Samsonova (L) - Jaimee Fourlis (Q) 6:3 6:4 |
Liudmila
Samsonova (L) - Tamara Zidansek (4) 6:2 7:5 |
Liudmila
Samsonova (L) - Fiona Ferro 6:7 6:3 6:4 |
||
Jil
Teichmann (8) - Daria Gavrilova 7:6 7:5 |
Jil
Teichmann (8) - Gabriela Ce (Q) 6:1 7:6 |
Jil
Teichmann (8) - Anna-Lena Friedsam 6:0 1:0 ret. |
||||
Gabriela
Ce - Katarina Zavatska (1) 5:7 6:4 6:4 |
Gabriela
Ce - Shilin Xu (8) 7:5 6:0 |
Gabriela
Ce (Q) - Georgina Garcia Perez (L) 6:4 1:6 7:6 |
||||
Anna-Lena
Friedsam - Stefanie Vögele 6:2 7:6 |
Anna-Lena
Friedsam - Alize Cornet (2) 7:5 6:4 |
Doppel |
1. Runde |
Bai/Geuer - Goncalves/Ce 6:2 3:6 10-4 |