Eurovision Song Contest 2015 - Vorentscheidung Schweiz

zurück zur Hauptseite         Last updated: 22.02.2015

31. Januar 2015

Eurovision Song Contest Vorentscheidung Schweiz vom 31. Januar 2015 in Kreuzlingen (SUI)

Mélanie René
Nationale Entscheidungsshow

Der Eurovision Song Contest hat seit je her mein Herz erobert. Eine ESC-Austragung zu besuchen steht seit einiger Zeit weit oben auf meiner Liste. Terminlich gestaltet sich dies im Mai für mich von der Priorisierung her aber immer etwas schwierig. So wird dieses Erlebnis weiter zurückgestellt. Kurzfristig entschieden wir uns am Vortag aber zum Ticketkauf für die Schweizer ESC Entscheidungsshow und von dieser war ich hell begeistert. In der Schweiz wird der Eurovision Song Contest angeführt von den Medien zu oft ins Lächerliche gezogen und die meisten Schweizer somit zu ESC-Banausen erzogen. Als wir in der Bodenseearena eintrafen, stellte ich erfreut fest dass die Zuschauer gekommen waren, weil sie viel für den Eurovision Song Contest oder einen der Kandidaten übrig hatten. Im letzten Jahr hatte ich die Schweizer Entscheidungsshow am TV mitverfolgt und der Funke war bei mir nicht richtig übergesprungen. Vor Ort waren die Bindung und die Emotionen nun viel grösser und das ESC-Jahr 2015 ist für mich wunderbar lanciert worden. Speziell weil die Beiträge und gesanglichen Darbietungen überraschend stark waren.
Stefan fand die Stimmungsmache hinter den Fernsehkameras extrem übertrieben, aber zu Hause am Bildschirm muss es halt nach ausgelassener Anfeuerung aussehen. Die Aufnahmeleiter scheinen alle eine Ausbildung als Animateur beim Club Robinson hinter sich zu haben. Dank unseren Sitzplätzen ganz links aussen konnten wir uns dem etwas entziehen. So waren wir ganz nah am Geschehen live mit dabei und so weit auf der Seite doch fast schon wieder in einer Beobachterposition.
Alle Künstler trugen zuerst ihren Titel für den Eurovisionswettbewerb vor und sangen in einem zweiten Auftritt einen Coversong, damit man etwas mehr von ihnen zu sehen bekam. Ich habe nachfolgend die Darbietungen nach meiner persönlichen Rangliste absteigend aufgelistet, wobei sich meine Einschätzung nahezu mit der Wahl des Experten- sowie des TV-Publikums deckte:

Conchita WurstConchita WurstConchita Wurst
AUT - Conchita Wurst - Rise like a Phoenix

Ausser Konkurrenz lief die Darbietung der amtierenden ESC-Siegerin von 2014. Da ich es in diesem Jahr nicht nach Wien schaffen werde, war der Auftritt der Österreicherin Conchita Wurst im Vorfeld sicherlich der triftigste Grund gewesen, um ins für mich kaum entfernte Kreuzlingen zu gehen. Im Vorfeld wusste ich ja noch nicht, dass mich auch der Schweizer Beitrag 2015 restlos begeistern würde.

Mélanie RenéMélanie RenéMélanie RenéMélanie RenéMélanie RenéMélanie RenéMélanie RenéMélanie René
Mélanie René - Time to shine

Das Lied zog mich in den Bann und trifft genau den Eurovisionsherzschlag! Unsere beste Darbietung seit Vanilla Ninja mit Cool Vibes im Jahr 2005 (8. Rang), wenn nicht sogar seit der Siegerhymne 1989 Ne partez pas sans moi von Céline Dion! Ich blicke dem Abschneiden der Schweiz in diesem Jahr mit Zuversicht entgegen, nachdem wir bereits im letzten Jahr mit Sebalter (Bild 14) und Hunter of Stars für mich etwas überraschend mit dem 13. Platz einen Achtungserfolg erzielen konnten. Er hatte den Goldregen auf der Bühne in Kopenhagen jedenfalls im richtigen Moment eingesetzt.
Bei der zweiten Runde mit den Coversongs war Mélanie René mit ihrer Interpretation von Sia's Chandelier erneut die Stärkste und untermauerte ihre Favoritenposition aus der ersten Runde. Zum Ende des Liedes wartete das Publikum etwa drei Sekunden lang bis der allerletzte Ton ausgeklungen war, bevor es mit dem grossen Applaus begann. So sehr hatte die Genferin mit mauritischen Wurzeln die Zuhörer in ihren Bann gezogen.
Mélanie René ist nicht nur die Sängerin von Time to shine. Nein, die 24-jährige hat die Melodie selbst komponiert und den Text selbst geschrieben.

Timebelle
Timebelle - Singing about love
Ich wunderte mich woher die Schweiz plötzlich zu drei passenden ESC-Beiträgen für die Entscheidungsshow kam. Denn auch Timebelle und Licia Chery hätte man im Vergleich mit den Vorjahren mit relativ gutem Gewissen nach Wien schicken können. Die Berner Timebelle brachten mit ihrem Balkaneinschlag und der rumänischen Sängerin Miruna den Multikulti-Faktor, die Bühnenpräsenz und die Instrumente aufs Parkett, was in unserer klischeehaften Ansicht des Eurovision Song Contests nie verkehrt ist. Beim Refrain ist der Grat zwischen Ohrwurm und plumper Melodie allerdings sehr schmal. Für mich wird es Punkto EUROvision immer dann eng, wenn ein Lied einen amerikanischen Einschlag hat wie diese Darbietung mit leichtem Countryrock. Insgesamt etwas zu viel Gemisch und etwas zu wenig Qualität. Kritik auf hohem Niveau wohlverstanden. Meine Nummer zwei.

Licia Chery
Licia Chery - Fly

Dieser Auftritt kommt in einer kleineren Halle wie im Kreuzlingen wohl besser rüber als auf der grossen ESC-Bühne. Ich hätte mich aber selbst mit dieser erfrischenden Wahl anfreunden können. Die Darbietung erinnerte mich etwas an Laura Mvula und Green Garden.


Deborah Bough - Take me back to 23

Bei diesem Beitrag haben wir die einzige Abweichung zwischen meiner Rangierung und dem Jury- und Zuschauerentscheid, die jeweils zu 50% gewertet werden. Ich sah Deborah Bough auf Position vier, aber die Schweiz wählte sie auf den sechsten und letzten Platz. Die Tessinerin hatte bereits im Publikum am wenigsten Unterstützung mit dabei und so war es wohl auch bei der schweizweiten Wahl.
Sie selbst spielte gut mit der Kamera und ihrem Ausdruck. Ihre Backgroundsängerinnen waren aber vor allem beim Coversong Shake it off von Taylor Swift schwach, da sie Null Kontakt zum Publikum aufnahmen und somit keine Stimmung transferierten.


Andy McSean - Hey now

Eine Rock/Pop-Nummer verfehlt den ESC-Geschmack meistens. Da gäbe es höchstens einen Punkt von den Finnen, die jeweils etwas für die rockigen Darbietungen übrig haben. Beim Coversong Chasing Cars von Snow Patrol merkte man, dass Andy zu wenig Emotionen transportieren kann, weil ihn sein stimmliches Potential daran hindert. Die anderen Interpreten waren stimmlich hingegen alle top. Wobei die gesangliche Leistung im letzten Jahr auch mein grosses Fragezeichen bei Sebalter gewesen war. Aber es ist damals ja gut ausgegangen.
Mit seinem Vollbart stiftete Andy McSean beziehungsweise seine Fans Verwirrung. Diese kamen nämlich mit gehäkelten Bärten zum Überziehen an. So fiel es auf den ersten Blick schwer die Andy McSean- von den Conchita Wurst-Sympathisanten zu unterschieden.


Tiziana Gulino - Only human

Um an einem Eurovision Song Contest mit einer Ballade erfolgreich zu sein, muss emotional, stimmlich und vom Auftritt her eine Meisterleistung abgeliefert werden. Der Titel Only Human ist zwar radiotauglich, aber nicht für den ESC geeignet. Mit ihrer leider zu ehrlichen Antwort im Interview hat sich Tiziana als bisher nicht sehr am ESC interessiert geoutet. Das brüskiert natürlich die eingefleischte ESC-Kommune und dies würde niemals goutiert werden. In einer ESC-Woche muss man auch bei den Interviews und PR-Aktionen überzeugen und nicht alleine auf der Bühne. Dafür ist Tiziana schlicht und einfach zu unerfahren. Mélanie René wird mit ihrem wunderbaren englischen Akzent auch dort punkten können, da es bei den Antworten an diesem Abend jeweils nur so aus ihr heraussprudelte. Im Blumenmeer ganz in pink (Bilder 1 und 2) und der Herz-Deko (Bilder 3 und 4) zum Coversong Power of Love von Frankie goes to Hollywood sieht man das 18-jährige Teeny-Mädchen und keine valable ESC-Kandidatin. Zur Vermarktung ihrer aktuellen Single Only Human war der Auftritt der aktuellen Voice of Switzerland-Gewinnerin aber sicherlich hilfreich.

 

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