French Open 2010, Paris |
zurück zur Übersicht Last updated: 30.01.2023 |
alle Berichte aus der Rabble-Tennisdatenbank zu: Alexandr Dolgopolov, Fernando Gonzalez, Ivan Ljubicic, Mardy Fish, Andy Murray, Marcos Baghdatis |
Unerwartungsgemäss - Dolgopolov-Gonzalez, Ljubicic-Fish, Murray-Baghdatis |
Murray-Baghdatis hatte ich am Freitag mit meinem Lenglen-Ticket zum Hauptmatch erkoren. Gelangweilt und enttäuscht begab ich mich aber bald wieder auf die Aussenplätze, wo mit Ljubicic und Fish unverhofft ein unterhaltsamer Krimi zweier Nicht-Sandplatzspezialisten wartete. Bereits mein erstes Match am Freitag hatte eine Überraschung geboten. Ich hatte mir eine solche bei Dolgopolov-Gonzalez vorstellen können, jedoch nicht in dieser Deutlichkeit.
Herren Einzel | |||
1. Runde | 2. Runde | 3. Runde | 4. Runde |
Andy Murray (4) - Richard Gasquet 4:6 6:7 6:4 6:2 6:1 |
Andy Murray (4) - Juan Ignacio Chela 6:2 6:7 6:3 6:2 |
Andy Murray (4) - Marcos Baghdatis (25) 6:2 6:3 0:6 6:2 |
Tomas Berdych (15) - Andy Murray (4) 6:4 7:5 6:3 |
Marcos Baghdatis (25) - Jesse Witten (Q) 6:3 6:4 6:3 |
Marcos Baghdatis (25) - Marcel Granollers 4:6 6:1 7:5 6:2 |
||
Alexandr Dolgopolov - Arnaud Clement 3:6 7:6 3:6 6:3 6:3 |
Alexandr Dolgopolov - Fernando Gonzalez (12) 6:3 6:4 6:3 |
Nicolas Almagro (19) - Alexandr Dolgopolov 6:3 6:3 6:4 |
|
Fernando Gonzalez (12) - Thiago Alves (Q) 6:2 4:6 6:4 6:4 |
|||
Ivan Ljubicic (14) - Yen-Hsun Lu 7:6 7:5 6:3 |
Ivan Ljubicic (14) - Mardy Fish 6:2 6:7 4:6 6:2 10:8 |
Tomasz Bellucci (24) - Ivan Ljubicic (14) 7:6 6:2 6:4 |
|
Mardy Fish - Michael Berrer 5:7 6:4 3:6 6:1 6:3 |
Alexandr Dolgopolov - Fernando
Gonzalez
Den Übernamen "Prinzessinnen" hatten beide Spieler
von den bayrischen Zuschauern gleich hinter mir schnell abbekommen. Dolgopolov,
weil er einen sehr weiblichen Touch hat und wohl auch vom anderen Ufer ist. Ich
finde er gleicht seiner Landsfrau
Kateryna Bondarenko
extrem... Gonzalez, weil er erstens zu spät kam und sich dann auch noch sehr
lange Zeit liess. Zweitens, weil er die Plastikhülle nicht selber vom Schläger
entfernte (Bild 2). Drittens, weil er nach jedem Seitenwechsel mit seinem
Aufschlag immer genervt zuwartete, bis alle Zuschauer ihre Plätze eingenommen
hatten. Im Nachhinein kann man dieses divenähnliche Benehmen wohl damit
erklären, dass sich Gonzalez bereits von Beginn weg irgendwie unwohl gefühlt
hatte und einen schlichtweg schlechten Tag einzog.
Drei Sätze, dreimal ein fast identisches Resultat, drei frühe Breaks für
Dolgopolov, aber trotzdem drei ganz unterschiedliche Akte. Im ersten Satz
überraschte der Ukrainer mit einem starken Aufschlag, schnörkellosem Spiel und
gefährlichen Stoppbällen mit starkem Rückwärtsdrall. Das eine Break reichte ihm
zum Satzgewinn.
Im zweiten Satz wäre die Chance für Favorit Gonzalez da gewesen, den etwas ins
Nachdenken gekommenen Aussenseiter abzufangen. Noch zu Beginn des Satzes war der
Chilene durch die grosse Laufarbeit etwas flügellahm geworden. Er hatte das
Break kassiert und liess sich mit Kältespray am Knie behandeln, welches ihn im
Vorfeld von Roland Garros an einigen Turnierteilnahmen gehindert hatte. Noch
eine Schmerztablette dazu und weiter ging es. Der 21-jährige Dolgopolov
kassierte die Breaks zum 3:3 und 4:4, konnte aber jeweils unmittelbar danach
gleich wieder vorlegen. Da liess sich Gonzalez zu schnell abtrocknen.
Im dritten Satz wurde es bei den Aufschlagspielen der Nummer 57 meistens eng,
doch Dolgopolov konnte seinen Breakvorsprung wahren. Dank drei abgewehrten
Breakchancen bei 4:3 behielt er definitiv die Oberhand. Bei den Returnspielen
konnte er Gonzalez vor allem auf der Vorteilseite mit seinem Rückhandreturn
cross auf die Höhe der T-Linie früh unter Druck setzen. Gefeiert hat er nach dem
Sieg kaum. Nicht einmal ein Winken für die Zuschauer war drin.
Ivan Ljubicic -
Mardy Fish
Bei 5:4 im fünften Satz schafft man es normalerweise
nie mehr auf die Zuschauerränge auf einem Court 7 in Roland Garros. Ich wusste
gar nicht genau, wieviel es stand. Deshalb hatte ich es überhaupt erst versucht.
Eh voilà! Für den 31-jährigen Ljubicic und den 28-jährigen Fish war es
eigentlich nur ein langes Dreisatzmatch gewesen, da die ersten beiden Sätze am
Vortag ausgetragen worden waren. Deshalb war auch das Niveau bis zum Ende hoch.
Beide sind nicht das, was man als Sandplatzspezialisten bezeichnen würde. Fish
hatte in seiner Karriere erst viermal in Roland Garros teilgenommen und dabei
nur einen Matchgewinn verbucht. Ljubicic hatte in seinem erfolgreichsten Jahr
2006 selbst in Paris das Semifinale erreicht. Im laufenden Jahr hatte sich der
ehemalige Weltranglistendritte mit einem Sieg in Indian Wells überraschend
zurückgemeldet.
In einem unterhaltsamen Match konnten die starken Aufschläger auf ihre
Servicegames bauen. Es gab aber durchaus viele lange Ballwechsel und die
Returnspieler kamen immer wieder zu ihren Möglichkeiten. Der Kroate packte immer
wieder Stoppbälle aus, mit denen er den Amerikaner aus der Reserve lockte.
Andy Murray - Marcos Baghdatis
Wo bleibt das Feuer bei einem Murray auf Sand? Der
Schotte spielte reines Defensivtennis. Das funktioniert auf der langsamen
Unterlage und zog auch einem widererstarkten Baghdatis bereits nach wenigen
Games den Zahn. Doch ich als Zuschauer fand das stinklangweilig. Aber irgendwie
war es doch verblüffend, wie stark ein Spieler je nach Unterlage seinen
Spielstil wechseln kann.
Im Moment ist Australian Open-Finalist Murray etwas aus dem Spotlicht
verschwunden, befindet sich aber durchaus wieder in starker Form. Das ist eine
gefährliche Kombination für Wimbledon und die Hartplatzsaison, da ihm etwas
weniger Druck als in den vergangenen Jahren entgegenkommen wird. Auf Sand
scheint der ganz grosse Triumph für den 23-jährigen noch vergleichsweise weit
entfernt.