Davis Cup Kroatien - Serbien

zurück zur Hauptseite         Last updated: 21.12.2013

8.-11. Juli 2010

Davis Cup, Weltgruppe Viertelfinale 2010 vom 9.-11. Juli 2010 in Split  (CRO)

 

Das war eine lange, lange Autofahrt. Aber irgendwie entspannend. Ich bin bestätigt, dass das machbar ist und ich würde es grundsätzlich sogar wieder tun.

Gelernt habe ich, dass Spieler wirklich Vorbilder sein können und Einfluss nehmen können. Sogar auf so verzwickte Dinge wie die Völkerverständigung. Oder auch nicht. Deshalb würde ich den Stefan Edberg Sportsmanship Award in diesem Jahr an Ivan Ljubicic vergeben.
Kroatien:
Marin Cilic
Ivan Ljubicic
Ivan Dodig
Antonio Veic
Serbien:
Novak Djokovic
Viktor Troicki
Janko Tipsarevic
Nenad Zimonjic

 

Davis Cup Kroatien - Serbien
 Spieltag  Spielstand  Spiel 1  Spiel 2
 Freitag
 .
 1:1
 .
 Ljubicic - Djokovic
 6:7 4:6 1:6
 Cilic - Troicki
 6:4 7:5 6:2
 Samstag
 .
 1:2
 .
 Dodig/Cilic - Zimonjic/Tipsarevic
 3:6 2:6 4:6
 
 Sonntag
 .
 1:4
 .
 Cilic - Djokovic
 
3:6 3:6 2:6
 Veic - Tipsarevic
 2:6 6:7

 



Ljubljana
Auf dem Hinweg machte in einen Halt in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana. Am Donnerstag nach der Arbeit fuhr ich los. Am Freitagmorgen früh legte ich meinen Sightseeing-Rundgang ein. Ich war überrascht, wieviele Leute morgens um 7 Uhr bereits unterwegs waren. Erst legte ich den Aufstieg zur Burg zurück. Danach schlenderte ich dem Fluss Ljubjanica der Altstadt entlang. Auf den Bilder 13-15 ist übrigens die Franziskanerkirche zu sehen.

Ivan Ljubicic
0:1   Ivan Ljubicic - Novak Djokovic
Über die Nationalhymne der Gäste wird hinweggebuht. Vor dem Aufschlag des Gastes gibt es gellende Pfeiffkonzerte. Während des Aufschlags des Gastes stört immer mindestens jemand durch husten, pfeifen oder klatschen. Schiedsrichter Carlos Ramos hatte alle Hände voll zu tun. Er beschränkte sich aber auf Tisina Molim (Ruhe bitte), Thank you, Please und den Hinweis darauf, dass man während der Ballwechsel nicht "Out" rufen darf. Mit allem weiteren hätte er die Stimmung wohl zusätzlich aufgeheizt. Letztendlich endeten aber alle Matches in drei Sätzen, wodurch ich den stimmungsmässigen Super-GAU nicht vorgesetzt bekam.
Ljubicic bewegte sich etwas behäbig. Der 31-jährige wollte aufgrund seines mit zunehmendem Alters verletzungsanfälligeren Körpers eigentlich nicht antreten. Nach der verletzungsbedingten Absage Karlovics sprang er aber in die Bresche. Immerhin spielte er bislang eine sehr starke Saison. Der Kroate gewann das Masters 1000-Turnier von Miami, was neben dem Davis Cup-Sieg 2005 seinen grössten Karriereerfolg darstellt. In der Weltrangliste kletterte er damit bis auf Rang 16. Gegen den Weltranglistenzweiten Djokovic blieb er allerdings chancenlos.
Der Druck einer Auswärtspartie als Serbe in Kroatien zeigte selbst bei einem Djokovic Wirkung. Er startete mit Doppelfehlern während den ersten beiden Aufschlagspielen. Dank dem frühen Break zum 2:0 konnte er die Stimmung aber etwas tiefer halten. Bei 5:3 half dann aber alles nichts mehr. Er kassierte das Break. Nach dem ersten Punkt beim nächsten Aufschlagspiel Djokovics bei 5:5 ging Ljubicic in Richtung des Speakers. Dieser machte daraufhin explizit im Namen Ivan Ljubicics auf kroatisch eine Durchsage an das Publikum, dass sie das Buhen, Auspfeifen und Stören sein lassen sollen. Hut ab dafür. Denn trotz der exzellenten Stuhlschiedsrichter, die für diese Partie aufgeboten wurden, hätte Ramos nicht die Autorität gehabt, dies wirkungsvoll zu tun.
Dann hatte doch tatsächlich jemand eine Trillerpfeife dabei. Im zweiten Satz bei Aufschlag Djokovic pfiff er laut heraus. Der Serbe schlug ein Ass, Ljubicic hatte nicht einmal reagiert. Genervt liess er sein Racket zu Boden fallen. Ich dachte mir noch: "Das habt ihr nun davon". Doch Djokovic stand nochmals hin und wiederholte den Punkt. Das Publikum applaudierte. Das muss einem schon einfahren, wenn man kommt, um den Gegner fertigzumachen und dann sieht, dass sich die beiden Spieler auf dem Platz wirklich gut verstehen und respektieren. Da bin ich echt stolz auf das Tennis. In Monte Carlo 2008 hatten Ljubicic und Djokovic beim Handshake am Netz sogar einen symbolträchtigen Trikotwechsel vorgenommen. Wie sie diesmal nach dem Spiel miteinander umgegangen sind, weiss ich nicht. Nach dem zweiten Satz nahm ich mir eine Auszeit, um in meiner Unterkunft einzuchecken.

Marin Cilic
1:1   Marin Cilic - Viktor Troicki
Troicki hätte sich den zweiten Satz schnappen müssen, um in dieser Partie eine Chance zu haben. Doch bei 5:4 konnte auch er seinen Service zum Satzgewinn nicht halten. Das ist natürlich ein Vorteil des Heimteams im Davis Cup. Dieser ist ja grundsätzlich auch legitim. Denn jedesmal, wenn im Davis Cup dieselben Teams aufeinandertreffen, wechselt das Heimrecht automatisch. Im Gegensatz zum ersten Match, wo die Spieler die Stimmung abkühlen wollten, animierte Cilic das Publikum von Zeit zu Zeit, indem er seine Arme hob. Das war aber in Ordnung und die Pfeifkonzerte gegen einen Troicki wurden nicht ganz so exzessiv geführt wie gegen einen übermächtigen Djokovic. Man gewöhnt sich dann ja auch irgendwie daran.



Split
Die Innenstadt von Split gleicht einem Labyrinth. Unzählige Gassen ziehen sich durch den Häuserkomplex. Dort befindet sich auch der Diokletianspalast (Bild 2) und die Kathedrale. Alles zusammen hat den Status eines UNESCO Weltkulturerbes. Die Tennismatches waren alle nach drei Sätzen beendet. Somit blieb genügend Zeit, um die Stadt zu geniessen und auszuspannen. Da es sich um eine Hafenstadt handelt, sind die Strände nicht so ausgeprägt. Es gibt aber ein nette Promenade, der man entlang schlendern kann. Der Blick vom Hügel Marjan auf die Stadt hinab ist lohnenswert.

Nenad Zimonjic, Janko TipsarevicIvan Dodig, Marin Cilic
1:2   Ivan Dodig/Marin Cilic - Nenad Zimonjic/Janko Tipsarevic
Der verletzte
Karlovic und der dauerverletzte Ancic fehlten dem kroatischen Team vor allem im Doppel. Denn Ljubicic wollte oder musste im Doppel pausieren, um die zwei Einzelpartien auf drei Gewinnsätze durchstehen zu können. So wurde Dodig aufgestellt, der bis auf sein erstes und sein letztes Aufschlagspiel alle seine Aufschlagspiele abgeben musste. Auch Cilic war in Dodigs Aufschlagspielen für die Serben ein gerngesehenes Ziel, da er am Netz vorne nicht überzeugen konnte. Angeführt vom Weltranglistenersten im Doppel, Nenad Zimonjic, spielten sich die Serben zu einem ungefährdeten Sieg.
Serbiens eigene Bodyguards waren dezent in Trainingsanzügen gekleidet. Es ist dann aber doch auffällig, wenn gewisse Personen (Bild 8) nie aufs Spielfeld sehen, sondern immer nur auf die Tribünen. Einer war am Ende der serbischen Delegation positioniert. Zwei Sicherheitskräfte, je einer in jede Richtung, hinter den Spielern.


1:3   Marin Cilic - Novak Djokovic
Der auf Weltranglistenposition 13 geführte Cilic konnte mit dem Erwartungsdruck nicht umgehen. Nach wenigen Minuten lag er bereits mit einem Doppelbreak 0:5 zurück. Djokovic hingegen präsentierte sich in bestechender Form. Er kann dann auch schon mal den Schalter umlegen. Am Freitag gegen Ljubicic ging es darum, der Nette zu sein. Nun am Sonntag mit einem 2:1-Vorsprung im Rücken kann er mit einem Sieg alles klar machen. Er war von sich selbst überzeugt, diesen auch einzufahren. Beim Break zum 4:0 zeigte er seine weit herausgestreckte Faust in Richtung Spielerbank. Das sahen die Heimfans natürlich nicht gerne.
Die Geschichte mit dem Dauerlärm beim serbischen Versuch, den Satz auszuservieren, wiederholte sich. Enric Molina griff etwas mehr durch als Carlos Ramos am Freitag. Er ermahnte das Publikum, während dem Aufschlag ruhig zu sein. Bei 5:1 30:0 gab er Djokovic nochmals einen ersten Aufschlag, nachdem er seinen fehlerhaften ersten Aufschlag unter einem Pfeifkonzert hatte spielen müssen. Bei Breakball Cilic dann Molinas eindringliche Bitte: "both players, Marin and Novak, are ready". Cilic schaffte das Break und verkürzte auf 5:2. Während dieses Seitenwechsels gab es die Lautsprecherdurchsage auf kroatisch und englisch, dass das Heimteam mit einem Punktabzug bestraft werden kann. Diese obligate Durchsage wird jeden Tag vor den Davis Cup- oder Fed Cup-Partien gemacht. Einen Punktabzug habe ich aber noch nie erlebt. Hier war die erneute Durchsage aber wirklich als Ermahnung gedacht. Danach holte sich Djokovic den Satz und hielt mit Jubelgesten nicht zurück (Bilder 7 und 8). Für mich war es Zeit, den Heimweg anzutreten. Djokovics Selbsteinschätzung stimmte. Er war stark genug, das Match nach Hause zu bringen. Egal in welcher Atmosphäre.


Rückfahrt
Am Beeindruckendsten war die Landschaft von der Autobahn aus gesehen in der Nähe von Zadar in Jasenice. Sowohl auf dem Hinweg (Bild 1) wie auch auf dem Rückweg (Bilder 2-4). Die Rückfahrt dauerte exakt wie vom Navigationsgerät vorausgesagt 11h 27min bei 1080km. Wobei da ausser Tank- und Toilettenpausen nicht viel mehr drin lag. Denn ich verlor insgesamt etwa vierzig Minuten Zeit beim Filzen am slowenischen Zoll, der Wartezeit am Tauerntunnel und dem Platzregen auf der deutschen Autobahn.
Beim Hinweg benötigte ich vor allem von Weinfelden um 16:50 Uhr bis zur Ankunft in Ljubljana um 00:30 Uhr eine halbe Stunde zu lang. Feierabendverkehr in Bregenz und um München, das Mitnehmen trampender polnischer Studenten, der Lärmschutz auf der Tauernautobahn (ab 22 Uhr sind nur noch 110km/h erlaubt) und vor allem die zwanzigminütige Wartezeit am Karawankentunnel waren die Gründe dafür. Ein Schiff war durchtransportiert worden und der Tunnel somit kurzfristig einseitig gesperrt. Damit rechnet mein TomTom natürlich nicht. Ganz zu schweigen von den Baustellen.

Nachtrag Dezember 2010: Nach dem Halbfinalsieg zu Hause gegen Tschechien und dem Finalerfolg vor eigenem Publikum gegen Frankreich sicherten sich die Serben ihren ersten Davis Cup-Titel und rasierten sich gleich allesamt eine Glatze.

 

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